Wenn Vertrauen die Lüge kennt

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Anton strich mir mit den Fingern über die Haare und drückte meinen Kopf an seine Brust. Meine Tränen tropften auf sein T-Shirt und verbanden sich dort zu dunkeln Flecken.
Hatte er mich nicht gehört? Oder hatte er nicht verstanden?
“Vielleicht erzählst du mir erst mal alles in Ruhe der Reihe nach.“
Ein Zittern schüttelte meinen Körper.
“Aber zuerst ziehst du dir wieder was an“, fügte Anton hinzu.
Nur widerstrebend löste er sich von mir und stand auf, um meine Kleider vom Boden aufzusammeln. Verwundert sah ich ihm hinterher und vergaß für kurze Zeit meinen Selbsthass. Was war das nur für ein seltsamer Mensch, der nicht schreiend davon lief, der mich nicht verurteilte und mich nicht stehen ließ? Was war das für ein Mensch, der mir immer wieder half, der mich tröstete und für mich da war?
“Nicht einmal diesen einen kleinen Wunsch konnte ich dir erfüllen“, flüsterte ich betrübt, als Anton meine Klamotten vor mich hinlegte.
“Welchen Wunsch?“
“Mich nicht vor dir auszuziehen.“
Und wieder verwunderte mich Anton, denn er begann lauthals zu lachen.
“Stimmt. Aber gerade ist mir das tatsächlich relativ egal.“ Er hob sich die Augen zu und drehte sich um. “Aber jetzt zieh dich schleunigst an, bevor mein Gehirn wieder anfängt, solche Dinge zu registrieren.“
Ich schlüpfte in meine Kleidung. Sofort wurde mir wärmer und ich fühlte mich irgendwie sicherer.
“Fertig“, flüsterte ich.
Anton drehte sich zu mir. Prüfend sah ich ihm in die Augen. Ich konnte immer noch den Schock in ihnen sehen. Ich wusste, dass er immer noch nicht begriffen hatte, was geschehen war. Es war faszinierend, wie er sich an gewohnte einfache Verhaltensmuster klammerte, weil die Realität seine Vorstellungskraft überstieg. Ich fragte mich, wann ihn die Erkenntnis überrollen würde.
Und doch lagen da eine Zärtlichkeit und ein beinahe kindliches Vertrauen in seinen Augen, die ein zartes Kribbeln in meinem Bauch auslösten. Ich wusste nicht, was es war, ich wusste nur: so lange er mich nicht davon jagte, würde ich bei ihm bleiben. Leider war die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er mich sehr bald davon jagen würde.
“Jetzt kannst du erzählen.“
Ich zögerte. “Bitte lass uns erst in deine Wohnung gehen. Du kannst mich dann immer noch rausschmeißen. Ich verspreche dir zu gehen, wenn du mich wegschickst“, bat ich leise und ein Kloß bildete sich in meinem Hals.
“Dann lass uns gehen“, meinte Anton nur und nahm wie selbstverständlich meine Hand.
Der Rückweg war lange nicht so aufregend wie der Hinweg. Die Welt hatte für mich ihren Zauber verloren. Wie ein Schleier lagen die Erinnerung vor meinen Augen und verbaten jede Begeisterung.
Anton ließ meine Hand nicht los bis wir auf dem Sofa saßen. Es schien zu spüren, dass er die Nadine, die er kannte, gerade verlor.
Sanft entzog ich ihm meine Hand und legte sie auf meinen Oberschenkel. Wenn er seine Finger mit den meinen verschränkte, war die Versuchung zu groß, ihm die Wahrheit einfach zu verschweigen. Es wäre so leicht, ihm einfach irgendeine schöne Geschichte zu erzählen. Doch ich wusste, wenn ich ihn jetzt anlog, würde ich mir das nie verzeihen.
Auch wenn das bedeutete, dass er mich weg schickte und nie wieder sehen wollte. Wenigstens hätte ich dann einmal in meinem Leben das richtige getan.
Ich holte tief Luft. Jetzt oder nie!
“Bitte unterbrich mich nicht. Es ist auch so schon schwer genug“, begann ich.

Hallihallo ihr Lieben,
Es tut mir wirklich leid, dass es jetzt so lange gedauert hat. Leider beginnt jetzt die Zeit, in der Kapitel nur noch alle ein bis zwei Wochen veröffentlicht werden. Aber ich versuche, regelmäßig upzudaten.

Und, was meint ihr, was wird Nadine Anton jetzt erzählen? Was hat sie in der Vergangenheit getan?

Im nächsten Kapitel gibt's dann die Auflösung ;)

Ich freue mich wie immer über Votes und Kommentare :)

Liebe Grüße
Flying_Music

banishedWhere stories live. Discover now