Teil 18

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Drake

Being deeply loved by someone gives you strength, while loving someone deeply gives you courage.
-Lao Tzu

Ich habe zugehört...
Mehr oder weniger.
Nur ganz am Schluss bin ich mit meinen Gedanken ein wenig abgeschweift.
Eigentlich bin ich es mir gewöhnt, dass alle Augen auf mich gerichtet sind, vor allem die weiblichen. Trotzdem bin ich leicht verwirrt, als mich plötzlich jeder anstarren.
„Du hättest ihm wohl doch nicht vertrauen sollen." meint der blonde Typ, der sich mit mir anlegen wollte.
Sind wir etwa schon wieder beim Thema vertrauen?
Was muss ein Prinz alles tun, damit er nicht mehr als potentielle Gefahr wahrgenommen wird ?
Oder wenigstens als keine Gefahr für die Rebellen, beim König sieht das schon ganz anders aus.
„Nein, ich vertrauen Drake, er ist nicht der Verräter." verteidigt mich Xayra entschlossen und fügt dann noch hinzu: „Sonst wäre er heute nicht hier, sondern befände sich schon längst angekettet in unserem Kerker."
„Moment, ihr glaubt, dass ich ein Verräter bin?" frage ich und muss mir ein Lachen verkneifen. Sie glauben tatsächlich, ich hätte all diese Rebellen dem König ausgeliefert?
Gott, wenn ich das gemacht hätte, hätte ich mir das ganze Theater und das vorgetäuschte Interesse, welches ich die letzten Wochen über meiner Familie vorgeheuchelt habe, sparen können.
Alles wäre so viel einfach gewesen...
„Was sollen wir denn sonst denken? Du bist immerhin der Prinz von Aronia." sagt Floyd und durchbohrt mich mit seinen Augen skeptisch.
„Naja... irgendwie scheinst du schon der naheliegendste Verdächtige zu sein. Wenn du als Prinz uns nicht verraten hast, wer dann?" gibt auch das Mädchen, deren Namen ich bereits wieder vergessen habe, zu bedenken. Bevor ich anfangen kann, sie zurecht zu weisen, hat Xayra sie zum grössten Teil bereits von meiner Unschuld überzeugt, indem sie sagt: „Drake ist unschuldig. Er will uns helfen. Zudem hätte er die Identitäten und Aufenthaltsorte der Rebellen nicht einmal weitergeben können, wenn er gewollt hätte, da er keinerlei Zugang zu solchen Informationen hat."
„Nur weil er eigentlich keinen Zugang hat, heisst das nicht, dass er nicht irgendwie an diese Infos gelangen kann." meint dieser Floyd immer noch skeptisch.
Wie gesagt, zum grössten Teil... um genauer zu sein, hat Xayra sie zu zwei Dritteln überzeugt.
„Er ist nicht der Verräter!" sagt mein Sonnenschein, ohne jeglichen Zweifel und mit viel Nachdruck. Damit beendet sie dieses Gespräch endgültig und widmet sich wieder dem Plan.
Mein Herz macht einen Hüpfer.
Sie glaubt an mich und sie vertraut mir. Ein zufriedenes Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus. Es ist ein gute Gefühl zu wissen, dass mein Mädchen auf meiner Seite steht und mich verteidigt.
„Gut, haben alle den Plan verstanden?" fragt Xayra nach einer Weile und alle Anwesenden nicken... naja alle bis auf mich.
Sie hebt die Augenbrauen und blickt mich fragend an. „Hast du mir zugehört?" will sie von mir wissen.
„Natürlich!" sage ich entrüstet über ihren unterschwelligen Vorwurf. „Nur den Mittelteil und das Ende habe ich nicht ganz mitbekommen." füge ich mit einem unschuldigen Lächeln hinzu.
Sie seufzt kopfschüttelnd auf, Floyd wirft mir einen bösen Blick zu, das Mädchen, ich glaube Margot ist ihr Name, wirkt leicht verwirrt und der andere Typ sieht sich einfach weiterhin die Karte auf dem Stein an.
„Was hast du alles vom Plan gehört?" fragt Xayra genervt.
„Wir sind hier, um die gefangenen Rebellen zu befreien." Sie nickt und sieht mich erwartungsvoll an, als ob sie noch mehr erwarten würde.
„Und..." Ich überlege.
Was könnte sie noch gesagt haben?
„Und... ich soll mich nicht umbringen lassen?" Sie seufzt noch einmal auf und wirft einen Blick auf ihre Uhr.
„Wir haben keine Zeit mehr ihm den ganzen Plan nochmals zu erklären." wirft Floyd gereizt ein. „Wir sollten ihn einfach hier lassen." schlägt er vor.
„Du hast recht, wir haben keine Zeit mehr." bestätigt Xayra seine Aussage.
Schockiert klappt mir der Unterkiefer runter.
Sie will mich doch nicht ernsthaft hier zurücklassen?!
„Aber wir brauchen Drake, um den Plan auszuführen, deshalb werde ich ihm alles auf dem Weg nochmals erklären."
Erleichtert Atme ich auf.
Sie wird also doch nicht auf diesen Idioten hören und ohne mich losgehen.
„Dann sollten wir jetzt aber los." sagt der schweigsame blonde Mann. Xayra nickt und ohne ein weiteres Wort verschwinden Margot, oder so ähnlich, und der stille Typ, Harold oder Harry, gemeinsam zwischen den Bäumen in Richtung Süden. Floyd weist Xayra an vorsichtig zu sein, wirft mir noch einen letzten bösen Blick zu und läuft dann nach Westen, in den Wald. Zum Schluss stehen nur noch wir zwei auf der Lichtung.
Xayra schnappt sich die Karte, rollt sie zusammen und stopft sie in ihren Beutel. Dann gehen auch wir los in Richtung Norden.
„Also..." beginnt sie und schlägt einen Ast aus dem Weg. „Da du die Aufmerksamkeitsspanne von einem Goldfisch hast, werde ich dir die Kurzversion des Planes erzählen."
Einerseits bin ich ja froh, dass sie sich meinen Bedürfnissen anpasst, aber andererseits, hätte sie sich dafür durchaus einer andere, vielleicht etwas nettere Wortwahl bedienen können.
„Wir haben uns aufgeteilt und jede Gruppe wird einen Teil der Gefangenen befreien..."
Ich unterbreche sie, indem ich sage: „Moment, dieser Floyd ist alleine losgegangen."
Sie nickt und antwortet: „Floyd ist ein erfahrener Kämpfer und zudem ziemlich geschickt, wenn es darum geht irgendwo unbemerkt rein und wieder rauszukommen. Ausserdem hat er die kleinste Anzahl an Leuten, die er befreien muss. Er wird keine grossen Probleme haben, egal ob er allein ist oder nicht."
Ich verdrehe die Augen. Ein einfaches „Floyd kommt schon klar" hätte gereicht. Sie hätte nicht gleich eine Lobeshymne über ihn aufsagen müssen...
„Also wie gesagt, werden wir die Rebellen im Nordflügel des Gefängnisses befreien, dafür müssen wir besonders darauf achten, dass..."
Wieder unterbreche ich sie. „Wieso magst du diesen Floyd so sehr?" will ich mürrisch wissen.
„Wir sind schon ziemlich lange befreundet und er kämpft auf unserer Seite." meint sie schulterzuckend und will weiter ihren Plan erklären. „Nur befreundet?" hacke ich nach, bevor sie überhaupt ihren Mund zum Sprechen öffnen kann.
Xayra dreht sich halb zu mir um und wirft mir einen fragenden Blick zu. „Auf was willst du hinaus?"
„Das war lediglich eine Frage." meine ich ganz unschuldig.
Seufzend bleibt sie stehen und dreht sich ganz zu mir um. „Hör zu Drake, wie haben momentan wirklich keine Zeit für das hier." sagt sie kopfschüttelnd und stemmt die Hände in die Hüfte. „Ich habe keinerlei Interesse an Floyd, jedenfalls nicht auf die selbe Art wie für dich." versichert sie mir. „Du sagst also, dass du mich lieber magst als diesen Floyd?" frage ich nach und schlinge meine Arme um sie, um sie nähe an mich heran zuziehen.
„Manchmal." meint sie und zuckt gleichgültig mit ihren Schultern.
„Was soll das bedeuten?" frage ich empört.
„Du weisst schon, manchmal mag ich dich lieber und manchmal aber eben auch ihn." Fassungslos starre ich sie an.
Ist das ihr ernst?!
Gerade als ich mein Entsetzten in Worte fassen will, bricht sie in lautes Lachen aus. Schlagartig wird mir klar, dass sie mich nur veralbert hat.
„Wow du weisst wirklich, wie man mein Herz in Stücke reisst." seufze ich dramatisch und lege meine Hände auf meine Brust, als ob ich heftige Schmerzen erleide. Sanft zieht sie mich am Kragen meines Umhanges zu sich runter und Küsst mich.
„Mach dir keine Gedanken über Floyd." sie zögert einen Moment. „Glaub mir, du löst in mir Gefühle aus, die ich bisher noch nicht kannte." flüstert sie fast schon schüchtern gegen meine Lippen.
Mein Herz schlägt wie wild in meiner Brust. Ob es nun wegen ihrem kleinen Geständnis ist oder weil sie so nahe bei mir steht, weiss ich nicht. Aber es ist befriedigend zu fühlen, dass Xayras Herz mindestens genau so schnell schlägt wie meines.
„Du hast meine Welt auch komplett auf den Kopf gestellt, mein Sonnenschein." versichere ich ihr und küsse sie danach leidenschaftlich.
Es fühlt sich jedes Mal wieder so an, als ob wir uns zum ersten mal Küssen. Ich werde wahrscheinlich nie genug von ihren vollen, süssen Lippen bekommen.
Nach einer Weile löst sie sich von mir und ignoriert dabei mein widerwilliges Brummen gekonnt.
„Wir dürfen keine Zeit verlieren, Drake." sagt sie und zieht mich mir sich mit, tiefer in den Wald hinein. „Die Hauptsache bei dieser Mission ist, möglichst unbemerkt rein und wieder raus zu kommen." sagt sie, als wir bereits am Ende des Waldes angekommen sind. „Ich werde die Wachen bei den Toren ausschalten und du diejenigen auf dem Turm, okay?" Ich nicke und blicke rüber zum Gefängnis. Der Turm, von dem sie spricht, ist einer der Wachtürme. Ich werde ihr also Rückendeckung geben, während sie die Gefangenen aus den Zellen befreit.
„Gut, in 32 Sekunden gehen wir los." teilt sie mir mit und sieht dabei auf ihre Uhr.
„Ach und Drake..." sagt sie, ohne ihren Blick vom Zifferblatt abzuwenden.
„Stirb nicht."
Ich grinse.
„Keine Angst, ich bin zu schön, um zu sterben." Auch wenn ich es nicht ganz erkennen kann, da sie mich immer noch nicht ansieht, könnte ich schwören, dass ihre Mundwinkel etwas nach oben gezuckt sind.
„Los!" ruft sie und stürmt davon.
Was?
Verwirrt blicke ich ihr nach.
Los...?
Oh natürlich!
Schnell sprinte ich ihr hinterher.
Aus meine rechten Augenwinkel, meine ich eine dunkle Gestallt zu sehen, die ebenfalls auf das Gefängnis zu rennt. Doch sobald ich meinen Kopf in diese Richtung drehe, ist nichts dort. Merkwürdig...
Kaum habe ich Xayra aufgeholt, nickt sie mir zu und biegt ab, so dass sich unsere Wege auch schon wieder trennen.
Ich klettere am Turm hoch, immer darauf bedacht nicht von den Wachen entdeckt zu werden. Ich habe beschlossen, dass ich mich von Oben nach Unten arbeiten werde.
Zu oberst angekommen, schwinge ich mich über den Fenstersims. Als ich mich wieder vollständig aufrichte, blickt mir ein überraschter Mann mit grossen Augen entgegen.
„Wie bist du hier her gekommen?" fragt mich der Wachmann verwirrt und richtet hastig sein Schwert auf mich.
„Das ist so eine Art Superkraft von mir. Ich kann auf magische Weise auftauchen, wo auch immer ich will." erkläre ich ihm ernst.
Für einen Moment zögert er, als würde er tatsächlich überlegen, ob ich die Wahrheit sage. Zu seinem Pech reicht mir dieser kurze Augenblick seines Zweifelns völlig aus, um ihn kopfüber aus dem Fenster zu werfen.
„Guten Flug." wünsche ich ihm, was jedoch von seinem panischen Schrei übertönt wird.
„Was war das?" ruft eine Stimme und gleich darauf rennen zwei weitere Männer in Uniform auf mich zu. Ich
hebe meine Hand zum Gruss, doch leider habe ich nicht allzu viel Zeit. Bevor sie überhaupt irgendwie reagieren können, ziehe ich meine zwei Schlagstöcke unter meinem Umhang hervor und stürme auf sie zu.
Schnell habe ich die Männer aus dem Weg geräumt, doch ein Stockwerk tiefer erwarteten mich nochmals genau so viele, wenn nicht sogar mehr. Mit etwas mehr Mühe besiegte ich auch diese.
Als ich die Treppe runter laufe, höre ich, wie jemand Wachmänner zusammentrommelt.
Anscheinend sind sie nun ganz auf mich aufmerksam geworden.
So viel zu „möglichst unbemerkt"... tut mir leid Xayra.
Schlitternd komme ich vor mindestens einem Duzend Wachmänner zum stehen.
Ich bin zwar gut, aber so gut, um gleichzeitig gegen etwa zwanzig Leute zu kämpfen?
Meine Entscheidung ist schnell getroffen und schon renne ich den Gang entlang, weg von den bewaffneten Männern.
Als ich ausserhalb ihres Sichtfeldes bin, klettere ich geschickt an der Wand hoch und klammere mich an einen der Dachbalken.
Amüsiert beobachte ich die Wachen, die auf der Suche mach mir hektisch herumirren. Ich wartete einen Moment, bis der grösste Teil endlich weg ist.
„Wir müssen diesen Typ finden!" ruft einer, als sie nur noch zu fünft unter mir den Gang entlang sprinten.
Auch wenn ich es sehr unterhaltsam finde, beschliesse ich, aus meinem Versteck zu kommen. Ich lasse mich fallen und lande genau hinter ihnen.
„Ja, wo mag dieser Typ bloss sein?" frage ich und tippe mir nachdenklich gegen mein Kinn.
Erschrocken wirbeln die Wachmänner zu mir herum. Ohne lange zu zögern, greifen sie mich an. Doch auch wenn sie mir Anzahlmässig überlegen sind, haben sie keine Chance. Es dauert nicht lange, bis ich sie besiegt habe und bewusstlos zurücklasse.
Mehr oder weniger genau so, wiederhole ich das auch mit den restlichen Wachmänner. Ich schaue zu, dass ich sie in kleineren Gruppen erwische und erledige sie dann schnell.
Als ich dann endlich alle möglichen Gefahren im Wachturm ausgeschaltet habe, renne ich in die Richtung des Hauptgebäudes, um dort mein Sonnenschein zu unterstützen.

Wuhu endlich mal wieder ein Kapitel (fast eine Woche zu spät) 🎉
Ich hoffe das Kapitel hat euch gefallen, ich bin wie immer froh über konstruktive Kritik! ❤️

Was denkt ihr, könnte als nächstes passieren?
Werden sie die Rebellen befreien können?
Schreibt mir eure Meinung in die Kommentare! 😘

XayraDonde viven las historias. Descúbrelo ahora