Fünfzehn

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Die Sonne ging gerade über dem Meer unter, als Ruby zwischen den Gassen eine einsame Gestalt auffiel. 

Im untergehenden Licht sah sie nur die Marke und die Waffe. Instinktiv griff sie nach einem ihrer Messer. Wenn das dieser Juan war, musste sie schneller sein...

Die Gestalt sah zu ihr hoch und sie blickte direkt in Manuéls Gesicht. "Ruby?", fragte er mit einem schwachen Lächeln. "Könntest du bitte das Messer weggeben?"

Erleichtert steckte sie es ins Etui zurück und ließ sich über ein Vordach zu ihm auf den Boden gleiten. 

"Was tust du hier?" Er fuhr sich durch die Haare. "Es ... du ... ich wollte dich nur warnen." "Wovor?" 

"Mein Kollege Juan. Der, der dich angeschossen hat. Ich sag's nur ungern auf die Weise, aber will dich wohl endgültig erledigen." 

Ruby wurde schlecht. "Danke, dass du's so nett formulierst." Was regte sie sich auch auf? Agata hatte sie gewarnt und sie wollte nicht hören. 

"Danke für die Warnung. Gute Nacht, Manuél." "Warte!" Er packte sie am Handgelenk, aber Ruby fuhr herum und befreite sich sofort aus seinem Griff.

"Tut mir leid, aber ... willst du jetzt immer noch auf Raubzug gehen?" "Was denkst du denn?"

"Warum, Ruby? Warum musst du unbedingt so naiv mit deinem Leben spielen?"

"Und was interessiert das einen Cop!?", fauchte sie zurück. 

"Ich..."

Er trat näher an sie heran. Sehr viel näher.

Sein Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt...

Ein Schreien zerriss die Stille. Ruby rannte los und fand zwei Gassen weiter die alte Blanca, die einen von Rubys Geldbeutel in der Hand hielt.

Oder sich wohl eher verzweifelt daran klammerte, den ein Junge, nicht älter als 17, versuchte ihn ihr wegzunehmen.

"HEY!"

Als er nicht reagierte, warf Ruby eins ihrer Messer, sodass es genau an der Öffnung vorbeizischte und riss.

Ein paar Münzen und ein Schein fielen zu Boden, aber Blanca hatte ihr Geld wieder und Ruby die Aufmerksamkeit des jungen Diebs.

"Was soll der Scheiß, dass du einer alten Frau klaust?", knurrte sie.

"Ich brauch es!", rief der Junge zurück. "Mir hast du ja nie was gebracht!"

Ruby sah ihn sich genauer an. Seine Kleidung war ganz schmutzig und hatte viele Löcher. Sie hing immer herunter, weil er schon so abgemagert war und das strähnige Haar ging ihm über die Ohren bis über den Nacken.

"Wie heißt du?", fragte sie.

Er biss sich auf die Lippe. Er wirkte ... unsicher als hätte er seinen eigenen Namen schon seit Jahren nicht mehr ausgesprochen.

"Will. Will Santiago."

"In Ordnung, Will. Ich mach dir einen Vorschlag. Du hilfst mir und meinem Freund Léon bei den Überfällen, dafür kriegst du deinen Anteil, der dir beim Überleben hilft."

Einen Moment schien es, als würde er einschlagen wollen, aber bevor er antworten konnte, zog Manuél Ruby beiseite.

"Willst du wirklich einen Minderjährigen dieser Gefahr aussetzen?"

Normalerweise hätten sie diese wütend gemacht. Unglaublich wütend. Aber jetzt, wo jemand wie Manuél sie aussprach, machten sie nur traurig.

"Er wollte gerade eine alte Frau aus Verzweiflung bestehlen. Er kann sich verteidigen und bei uns ist er besser dran als gewaltigtätiger Taschendieb. Falls du es noch nicht bemerkt hast: Wir können nicht einfach in den nächsten Supermarkt spazieren, wenn uns danach ist!"

Er legte ihr eine Hand auf die Schulter.

"Passt einfach aufeinander auf.", murmelte er und ging ohne ein weiteres Wort.

Robin Hood (Storyadaption)Where stories live. Discover now