Believe

386 24 1
                                    

CHELSEA

Liebes Tagebuch,

Tag 9 in dieser Hölle. Alice, hat es nun auf mich abgesehen. Gestern hat sich mich in Grund und Boden getreten. Ich sehe aus wie einmal durch den Fleischwolf gezogen und fühle mich mindestens genauso. Letzte Nacht habe ich mit Justin telefoniert. Meine Güte ich vermisse ihn so unglaublich. Mike, einer der Nachtwachen war so nett und hat mich mit ihm telefonieren lassen. Unglaublich, dass es hier drinnen auch Wachen gibt die nicht nur schroff oder pervers sind sondern auch welche, oder zumindest einer, der wirklich nett war. Er hat mir gesagt ich soll ich Mike nennen. Und irgendwie denke ich haben wir uns angefreundet auch wenn das verdammt merkwürdig ist, wenn man bedenkt, dass ich hier eine Gefangene war und er ein Polizist. Naja wie auch immer. Als ich mit Justin telefoniert habe, dachte ich, ich würde letztendlich komplett zusammenbrechen. Aber Justin hat es geschafft mich aufzumuntern. Er hat mich versichert, nein versprochen mich hier raus zu holen. Und ich glaube ihm, aber ich habe auch Angst. Denn niemals wird es legal sein was er vorhat. Ich hab keine Vorstellung was sein Plan sein könnte, aber ich müsste wohl definitiv ausbrechen. Doch wie? Wie will Justin das anstellen? Und will ich das überhaupt? Will ich nicht stattdessen lieber die 5 verfluchten Jahre hier absitzen, statt irgendwann während meiner Flucht gefunden zu werden und dann vermutlich lebenslänglich bekommen. Verdammt ich weiß es nicht. Alles was ich weiß, was ich unbedingt will..ist Justin!

Von einem frustrierten, nachdenklichen Seufzen begleitet versteckte ich mein Tagebuch wieder unter der Matratze. Sam lag neben mir im Bett und las doch tatsächlich ein Buch. Fifty Shades of Grey um genau zu sein. Schmunzelnd sah ich sie und das Buch an, sparte es mir etwas dazu zu bemerken. Nun, so sieht man wieder, dass Vorurteile total dämlich sind. Denn wer glaubt schon, dass eine so breitgebaute stämmige Frau, die ihren eigenen Mann getötet hat, ein solches Buch lesen würde. Naja ich zumindest nicht. 

Mein Blick wanderte von Sam und ihrem Buch zur Uhr. Es war schon halb 6. Das hieß, wir hatten gleich Abendessen und dann eine Stunde Hofgang. Innerlich betete ich zu Gott, dass irgendwas in der nächsten halben Stunde passieren würde, weshalb wir kein Abendessen und keinen Hofgang bekamen. Denn die Lust heute erneut verprügelt zu werden, hatte ich wirklich nicht. 

Doch natürlich erhörte mich Gott nicht. Ich schätze der Mann dort oben über den Wolken hasste mich. Aber warum? Weil ich einen Menschen auf dem Gewissen hatte? Na schön, ja! Dann war ich eine Mörderin, aber konnte man es nicht damit rechtfertigen, dass Finn verdammt nochmal, selbst ein mehrfacher Mörder war, mich verfolgt, angeschossen und entführt hat. Und außerdem habe ich es nur getan um Justin zu retten. Und dann, habe ich vor Gericht doch noch die Wahrheit gesagt und nehme die verfluchte Strafe dafür auf mich. Doch trotzdem schien Gott mich zu hassen. Vermutlich saß er da oben und genoss mein Leid und meinen Schmerz. 

Genervt, frustriert und traurig von dieser blöden Situation lief ich neben Sam her, während wir in die Kantine liefen. Sie redete nicht mit mir. Wie immer eigentlich. Wenn sie sprach, waren es ein paar knappe Worte und damit hatte es dann für den Rest des Tages. Sie war nicht groß in Worten. Eigentlich das genau Gegenteil von mir. Doch selbst mir verging hier im Knast die Lust zum reden. 

Als wir in der Kantine ankamen, kapselte Sam sich gleich von mir ab und lief zu ihrem Tisch, an dem mehrere stark tätowierte Frauen saßen. Ich starrte sie forschend an. Irgendwie beeindruckten mich ihre tätowierten Körper, und warum auch immer, hatte ich das unerklärliche Verlangen selbst ein Tattoo auf meiner Haut zu tragen. Nachdenklich kaute ich mir auf der Lippe rum. Vielleicht könnte ich mir ein kleines Herz oder sowas an die Hüfte machen lassen, oder-. Plötzlich fiel mir Justins Tattoo am Unterarm ein. Believe.

So in Gedanken versunken bemerkte ich nicht, dass sich hinter mir bereits eine Schlange wartender gebildet hatte. Sie fluchten hinter mir wie die Wilden und beleidigten und bedrohten mich. Schnurstracks, bewegte ich mich nach vorne, stellte mein Tablett auf die Ablage und ließ mich von der Kantinenhilfe mein Essen geben. Gleich darauf lief ich im Schnellschritt zum nächstbesten, freien Tisch und setzte mich hin. Mit verzogener Miene musterte ich mein Essen. Es sah aus wie Maisbrei oder irgend sowas. Jedenfalls sah es nicht besonders genüsslich aus, weshalb ich es einfach von mir schob. „Kein Hunger, Frischfleisch?“ sagte plötzlich eine kratzige Stimme direkt an mein Ohr und ließ mich zusammen zucken. Verwundert drehte ich mich zu der Person und hätte mich am liebsten sofort aus dem Staub gemacht. Es war niemand anders als Alice und mit dabei ihre beiden Freundinnen, oder er Sklaven?

Everythings gonna be alright?- No!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt