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Normalerweise schreibt der Protagonist nun, dass er jemanden kennengelernt hat und dass dieser in diesem kleinen Moment seine Gedanken eingenommen hat.

Ich habe schweigend zugesehen, als ein kleiner Junge diskriminiert wurde. Damals diskriminierte man noch Dunkelhäutige und viele andere Menschen. Es störte mich und ich fühlte mich tatsächlich unwohl, doch was ich bemerkte, war, dass die Menschen nicht einschritten. Jeder, den man vorher gefragt hätte, ob er eingreifen würde, hätte bejaht, doch hier wurde es wieder deutlich. Jeder dachte, keiner machte.

Tatsächlich, um auf meinen Anfang zurückzugehen, habe ich niemanden kennengelernt oder getroffen, der mich irgendwie beeindruckte oder von einer Sekunde auf die andere faszinierte. Für mich sind Menschen alle doch in dieser Hinsicht gleich. Ich kann es biologisch sehen oder persönlich. Ich lege mich nicht auf irgendetwas fest, doch ich vertraue auf mich selbst.

Damals in der siebten Klasse machten wir in Philosophie so etwas ähnliches. Wir sollten uns in einer Gruppe zusammenfinden und darüber diskutieren, was wir sind. Ich habe mir ihre Gedanken angehört, ihr Wissen darüber und habe gelächelt. Selbst, als der Lehrer wollte, dass ich meine Meinung dazu sagen sollte, habe ich gelächelt.

Ich habe mich wärmer an meinem Herzen gefühlt, es fühlte sich herzerwärmend an, als ich sah, wie sehr meine Mitschüler diskutierten. Ich weiß nicht warum, aber ich habe mitgekriegt, dass meine Mitschüler tatsächlich doch alle anders sind. Wir sind so verschieden gleich, dass man niemals genau sagen kann, was wir sind. Man kann uns nicht wirklich mit einem Begriff beschreiben, denn das ist unmöglich.

Ich finde es schlecht, dass unsere Gesellschaft so ist wie sie ist. Allerdings kann man alles aus zwei Sichten sehen. Da gibt es die gute Sicht und die schlechte Sicht. Das dazwischen existiert zwar, doch tatsächlich ordnen wir viele Dinge in Gut oder Schlecht ein.

Die Frage ist doch, welche Seite man sieht und welche Seite man sehen will. Ich finde, dass wir uns selbst etwas einreden, bis wir es glauben. Niemand kann uns davon abbringen, uns etwas einzureden, wenn wir es uns ständig einreden. Gedanklich sind wir felsenfest davon überzeugt, wollen es glauben und irgendwann geschieht es.

Ich fühle mich relativ unwohl wenn wir in der Schule Gruppen bilden sollen. Es ist nicht so, dass ich zu niemandem in die Gruppe komme, aber ich fühle mich unter Druck gesetzt. Ich fühle mich unwohl und sitze dort auf diesem Stuhl umringt von Menschen, die mich doch alle nicht kennen. Ich fühle mich vielleicht sogar allein.

Zu erfahren, dass diese ganzen Gesichter vielleicht alle nur Fassaden sind, kann mir Tränen in die Augen treiben. Ich habe gemerkt, dass sich Menschen ziemlich schnell in gewisser Weise verändern können, doch allein dieser traurige Blick des Mädchens, das plötzlich andere Klamotten trug und in der Ecke rauchte, war genug für mich. Ich denke, dass wir etwas gemeinsam haben.

Die Nächte werden viel kälter und ich denke, dass ich mir noch die Hand verletze, wenn ich weiterhin so viel Druck auf den Bleistift ausübe, doch das bleibt gerade egal. Mein Herz pocht schneller als gewohnt und diesmal höre ich keine Musik, sondern genieße die Stille. Es ist ruhig und ich sitze wieder auf meinem Fensterbrett.

Ich bin müde, aber meine Gedanken lassen mich nicht zur Ruhe kommen. Mit der Nacht kommt die Dunkelheit und Stille. Mir ist zwar warm durch den dicken Pullover über meinem T-Shirt und dem Top, doch das ist ziemlich irrelevant. Allgemein ist es irrelevant. Nicht von Bedeutung, obwohl vieles doch eigentlich nicht egal oder ok ist.

scattered thoughtsWhere stories live. Discover now