Kapitel 35

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Joels Sicht

Die Zeit verging schließlich wie im Fluge und so befanden Lion und ich uns mittlerweile auf dem Heimweg. 

Komischerweise hatten wir beide ohne es abzusprechen die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen und so liefen wir statt zu meinem Haus zu laufen die Straße rauf, um einmal um den Block zu laufen. 

Oder vielleicht auch zweimal, ich hatte nämlich nichts dagegen noch weitere Zeit mit Lion zu verbringen. 

Während wir hauptsächlich schwiegen überlegte ich fieberhaft, ob ich ihn auf den Kuss ansprechen sollte. 

Ob ich mich wohl dafür entschuldigen sollte ihn einfach so geküsst zu haben? 

Oder sollte ich einfach gerade heraus fragen, ob er überhaupt auf Jungs stand?

Obwohl, eigentlich sollte sich das nach dem Kuss auf die Wange ja geklärt haben. 

Gut, dann sollte ich wohl eher fragen, ob er auf mich stand, aber hin oder her, dass ich eigentlich ein gesundes Selbstvertrauen hatte, so lebensmüde war ich dann auch wiederum nicht. 

Wie komisch würde das denn bitte kommen? 

Mir kamen meine eigenen Gedanken ja schon schräg vor, wie sollte das denn dann bei ihm ankommen. 

Und wartet mal, was genau sollte ich eigentlich von seinem Kuss halten? 

Ich meine klar, das Bauchkribbeln hatte gleich eingesetzt und ich hatte seit dem Kuss auch das Lächeln nicht mehr ablegen können, aber was genau hieß das denn jetzt? 

Verflucht nochmal, wieso gibt es keine App, die mir anzeigt, ob ich verliebt bin? 

Wer soll denn bei all diesen verwirrenden Gefühlen noch durchblicken? 

Gott, jetzt wusste ich immerhin wieso Valentin nicht sehen konnte, dass Lilou etwas für ihn empfindet. 

So viel wie die beiden sich gegenseitig beleidigt haben hätte ich auch niemals gedacht, dass daraus mehr wird.

Oder wie hätte Viktor bitte wissen sollen, dass sein Herz plötzlich für Venus schlägt statt für das Mädchen, in das er eigentlich dachte verliebt zu sein. 

Meine Güte, wieso konnte ich nicht einfach wieder klein sein und mit Vitus unbeschwert seine Brüder nerven ohne auch nur irgendwie Drama in meinem Liebesleben zu haben. 


Bevor ich mich weiter in meinem Selbstmitleid sudeln konnte fiel mir im Augenwinkel plötzlich etwas auf, was mich mitten in meiner Bewegung inne halten ließ. 

Oh nein oh nein oh nein. 

Als ich meinte, ich habe keine Nerven mehr für mein Liebesleben und will wieder klein sein, meinte ich nicht, dass mich dieses Drama verfolgen soll.

Schwer schluckend starrte ich den Straßennamen an und bemerkte wie Lion mich verwirrt musterte. 

,,Alles gut, Joel?" Geistesabwesend nickte ich nur und verfluchte mich währenddessen wie ich bitte nicht bemerken konnte in welche Gegend wir liefen. 

Es gab schließlich genug Gründe nie wieder dieses Viertel zu betreten und tatsächlich hatte ich das auch seit meinem Auszug damals nie wieder. 

Da lief ich lieber Riesen Umwege als nur einen Fuß in diese Straße zu setzen. 

,,Gehen wir dann weiter?" abwartend sah Lion mich an und ließ mich nur schwer schlucken. 

Gut, es gab jetzt drei Möglichkeiten. 

Augenblick zielgerichtet ins HerzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt