Kapitel 10

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Joels Sicht


Die Zeit mit Lion verflog schließlich wie im Fluge und drei Stunden später hatten wir gefühlt einmal die Stadt durchquert. 

So zeigte ich ihm neben dem Skateboardpark auch meine alten Schulen, die beste Pommesbude weit und breit, meinen alten Fußballverein, ein altes Fabrikgelände auf dem Valentin nicht nur einmal fast eine Schlägerei angefangen hatte und immer wieder von Vincent zurück gehalten werden musste. 

So kamen wir auch am Krankenhaus vorbei, welches sämtliche Erinnerungen hoch rief und das nicht mal nur von Neo, sondern auch von den Collister, denn wenn eine Familie oft dort landete dann diese. 

So landeten wir jetzt zum Ende meiner Tour hin am Hafen, wo ich erfuhr, dass Lion schrecklich seekrank war und ihn keine zehn Pferde freiwillig auf ein Boot bekamen. 

Doch hey, ich war überzeugender als zehn Pferde, denn nach nicht mal fünf Minuten hatte ich ihn soweit. 

Unsere kleine Bootstour, die ich fürs Ende geplant hatte und auf der wir natürlich umzingelt von Rentnern und Touristen waren endete schließlich damit, dass Lion kreidebleich wurde und mich wahrscheinlich innerlich verfluchte während ich es äußerlich tat. 

„Ich bin so doof, ich bin so doof" fluchte ich leise vor mich hin während ich auf und ab lief. 

„Joel?" ertönte dann wenig später seine schwache Stimme und ließ mich sofort zu dem braunhaarigen Jungen blicken, der mit geschlossenen Augen da saß und die Spucktüte in der Hand hielt. 

„Kannst du bitte still stehen bleiben? Ich hab das Gefühl dein nervöses hin und her laufen macht es nur schlimmer" sofort blieb ich stehen und sah ihn entschuldigend an. 

„Ich wusste nicht, dass es so schlimm ist, Lion. Es tut mir wirklich leid, ich hätte dich nicht überreden sollen" schuldbewusst setzte ich mich neben den Jungen, der sich ein Lächeln aufzwang und mir mit seinen nächsten Worten die Angst nahm, dass er mich jetzt hasste. 

„Es ist alles gut, Joel. Ich hätte das Boot nicht betreten ,wenn ich es nicht selbst gewollt hätte. Und außerdem hatte ich die ersten Minuten auch echt Spaß und hab die Aussicht genossen. Du musst dich also für rein gar nichts entschuldigen" zaghaft nickte ich nur und sah dann kurz auf mein Handy. 

„Das Boot sollte auch bald seinen nächsten Stopp einlegen. Ich würde sagen, wir steigen dann sofort aus. Wir müssen dann nur etwas länger zurück laufen" Lion nickte sofort und erwiderte dann schnell, dass ihm alles lieber war als noch länger auf diesem Boot zu sein, während er mit geschlossenen Augen seinen Kopf an meine Schulter lehnte. 

Die nächsten fünf Minuten saß ich also dank seiner Geste mit aufgeregt schnell schlagendem Herzen da und vermisste das Gefühl direkt als die Durchsage kam, dass wir den nächsten Stopp erreicht hatten und Lion sich erhob. 

Nachdem wir das Boot also verlassen hatten machten wir uns direkt wieder auf den Heimweg, da Lion seiner Gastfamilie versprochen hatte zum Abendessen zurück zu sein. 

Gott sei Dank konnte ich mit jedem Meter den wir gingen beobachten wie Lions Gesicht wieder immer mehr Farbe annahm und die Übelkeit zurück ging. 

„Also nie wieder Bootfahren?" aufmunternd stupste ich den Jungen neben mir an, der sofort auflachte. 

„Nie wieder. Und diesmal meine ich es auch so. Keine zehn Pferde und auch kein Joel kriegen mich nochmal auf ein Boot" 

Dann sollte ich ihm lieber nicht Lilou vorstellen, denn wenn eine Künstlerin darin war andere zu überreden dann die Frau von Valentin. 

Augenblick zielgerichtet ins HerzWhere stories live. Discover now