Zehn - Karma Yourself

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Zehn – Karma Yourself

Moderatorin: Mit neunundzwanzig Jahren schon so eine erfolgreiche Geschäftsfrau. Deine Eltern sind bestimmt wahnsinnig stolz auf dich.

Sue: Meine Mutter auf jeden Fall, das sagt sie mir zumindest jeden Tag.

Das Publikum lacht. Was auch immer daran so witzig war.

Sue: Und bei meinem Vater hoffe ich, dass er auf mich herabguckt und stolz auf mich ist.

Moderatorin: Das ist er bestimmt. Ich habe gelesen, dass er gestorben ist, als du noch ganz klein warst?

Sue: Ja, das stimmt. Ich war acht Jahre alt, mein Bruder war vier.

Moderatorin: Das war bestimmt ein einschneidendes Erlebnis für euch. Wie seid ihr damit umgegangen?

Sue: Ehrlich gesagt, es hat mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin.

Moderatorin: Und du bist eine tolle Frau geworden …

Sue: Es war nur nicht immer einfach. Ich hatte damals die Wahl, ob ich daran zerbreche, dass ich als Kind mit ansehen musste, wie mein eigener Vater starb, oder ob ich nach vorne schaue und alles tue, damit er stolz auf mich ist.

Moderatorin (fassungslos): Du bist dabei gewesen?

Sue (schaut auf ihre Hände): Ja.

Ein Raunen geht durchs Publikum.

Moderatorin: Magst du uns erzählen, was damals passiert ist?

Sue: Eines Tages kam mein Vater wie so oft spät abends nach Hause. Er hat sich zu uns ins Kinderzimmer gesetzt, wir waren in unseren Pyjamas, und hat mit uns rumgealbert, wie immer. Er hatte noch diese kleine Tüte mit Nüssen mitgebracht und wir durften welche davon essen, wenn wir versprachen, dann noch mal die Zähne zu putzen.

Moderatorin (lächelt): Ein vorbildlicher Vater.

Sue: Papa und ich, wir warfen die Nüsse hoch und versuchten sie mit dem Mund zu fangen. Und dann kam ich auf die Idee, dass ich ihm eine Nuss zuwerfe und er versuchen sollte, sie zu fangen. Das klappte nicht so gut und wir haben uns totgelacht. Und dann warf ich die eine letzte Nuss, die noch übrig war … (sie stockte).

Moderatorin (legt ihr die Hand auf den Arm): Und dann?

Sue: Er hat sie gefangen. Aber … er hat sich daran verschluckt. Er hat keine Luft mehr bekommen und fing an zu husten. Er ist erst rot angelaufen und dann … Wir wussten nicht, was wir tun sollten. Wir waren noch so klein.

Moderatorin (mitfühlend): Das ist furchtbar!

Sue (ringt sich zu einem Lächeln durch): Manchmal spielt einem das Schicksal übel mit. Es passieren Dinge, die man nicht verdient hat und die ungerecht sind. Aber das ist kein Grund, sich hängen zu lassen. (Sie schaut in die Kamera, ihr Blick ist entschlossen.) Das Karma ist scheiße. Ich mache einen besseren Job.

Applaus aus dem Publikum, sogar die Moderatorin klatscht begeistert in die Hände.

Sue (in Rage geredet): Und so sind mein Bruder und ich auf unser Motto gekommen: Karma yourself! Sei dein eigenes Karma und verlass dich nicht auf das Schicksal – denn dann bist du verlassen!

Die Zuschauer toben.

Karma und SueWo Geschichten leben. Entdecke jetzt