21 - Sterbende Träume

579 83 122
                                    

Das Leben eines Menschen ist gefärbt von der Farbe seiner Vorstellungskraft

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

Das Leben eines Menschen ist gefärbt von der Farbe seiner Vorstellungskraft.
- Marc Aurel -

ICH WILL ES NICHT wahrhaben

Hoppla! Dieses Bild entspricht nicht unseren inhaltlichen Richtlinien. Um mit dem Veröffentlichen fortfahren zu können, entferne es bitte oder lade ein anderes Bild hoch.

ICH WILL ES NICHT wahrhaben. Ich will mir einreden, noch immer in meiner heimeligen, abschirmenden Seifenblase zu leben, so, wie noch vor Moms Anruf. Ihre Worte, sie gleichen Klingen. Und eben diese Klingen sind es jetzt, die meine Blase zum Platzen gemacht haben.

Wie einfach es ist. Du lebst jahrelang in deiner Komfortzone, gewöhnst dich an bestimmte Dinge, an bestimmte Umstände. Manche Dinge, wie beispielsweise eine finanzielle Existenz, brauchen Jahre, bis sie vollends aufgebaut sind. Und es reicht der Bruchteil einer Sekunde, ein einziger Wimpernschlag, nichts, in Relation zu deinem gesamten Leben, um alles zunichte zu machen.

So geht es auch mir. Nach Violets Tod war mein Nervenkostüm zerfetzt und es hat mich Ewigkeiten gekostet, es zumindest soweit wieder zusammenzuflicken, dass es meine größten Narben bedecken kann. Es hat mich zu viel gekostet.

Denn jetzt ist es wieder zerfetzt. Wieder haben sich die Krallen des Schicksals in den seidigen Stoff gegraben, haben es hinuntergerissen und mir die Fetzen zu Füßen geworfen. So wie mit Violets Tod.

Jemand klopft an der doppeltverschweißten Tür in mir, hinter der sich all meine Erinnerungen, meine Hoffnungen verbergen. Es sind meine gewaltigsten Ängste, meine schlimmsten Befürchtungen, die anklopfen. Polternd. Hart. Laut. Sie klopfen gegen diese Tür, zerren am Knauf, wollen hinein. Hinein in meine Erinnerung.

Denn in diesem Moment, mit dem Nachhall von Moms Worten, der an den Wänden unheilvoll abprallt, von der einen Seite zur nächsten wabert, öffnet sich die Tür, das Tor zu meinen Erinnerungen. Es wird aufgezerrt, meine Ängste stürmen hinein, bewahrheiten sich.

Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an Theo, wie wir früher gemeinsam Gummibärchen in einen brodelnden Kochtopf mit heißem Wasser gegeben haben, weil wir Gummibärchen-Suppe zum Mittag wollten. Mom hätte uns dafür am liebsten den Hals umgedreht, was uns nie davon abgehalten hat, es immer und immer wieder zu tun.

Ich erinnere mich. Ich erinnere mich an all die Male, in denen ich in der ersten Reihe gesessen habe, im Theater auf den rot gepolsterten Sitzen. Jedes Mal, wenn Theo eine Aufführung hatte, wenn sie über die Bühne geschwebt ist, als wäre sie ein Schwan, dessen gleitende Bewegungen über das Parkett tänzeln.

LOVE LETTERS TO A STRANGERWo Geschichten leben. Entdecke jetzt