ℓℴ𝓋ℯ 𝑚𝑒 𝚛𝚒𝚐𝚑𝚝

By Loumouse

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Als Juli ihren Seelenverwandten findet, weiß sie sofort: er ist der Richtige für sie, aber sie nicht die Rich... More

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Nachwort 1&2
Sorry not sorry

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By Loumouse

𝐖𝐢𝐞 Markus gesagt hat, stehen alle meine Kartons - mehr oder weniger - ordentlich gestapelt im Flur.

Von der Harfe ist keine Spur.

Schade.

Naja, auch gut.

>>Am besten wäre es, wenn wir erstmal alle Klamotten sortieren<<, beschließe ich Markus nickt zustimmend.

Meine Schätzung bestätigt sich in etwa eine halbe Stunde später, als der Schrank nicht einmal zur Hälfte belegt ist, aber alle meine Klamotten verstaut sind.

>>Und das ist wirklich alles?<<, fragt Markus wiederholt ungläubig nach.

>>Ja.<<

Ich zucke mit den Achseln.

>>Sechs Hosen, vier Pullis und BHs, zehn Unterhosen, fünf Paar Socken, drei Hemden und zwei Tops<<, zählt er durch.

>>Hm.<<

Meine zerstörten Klamotten packe ich in einen Karton, den ich neben dem Schrank abstelle und für meine Schuhe kramt Markus ein kleines Schuhregal aus dem Keller, das ich draußen im Flur an die Wand stellen kann.

Die ganzen Schulbücher, Hefte und Ordner stapeln sich auf meinem neuen Schreibtisch und meine Romane lasse ich vorerst im Karton, bis ich mir ein passendes Regal organisiert habe.

>>Hab deine Schuhe schon aufgestellt. Und hier hab ich noch eine kleine Tasche gefunden<<, meldet Markus sich hinter mir und ich drehe mich erschrocken um, weil ich ihn weder gerochen, noch habe kommen hören.

Ich bedanke mich rasch mit einem zufriedenen Lächeln und er erwidert es ohne darüber nachzudenken.

Er reicht mir eine schwarze, schmale Tasche, in der Größe eines Tablets, die eigentlich nur eine undurchsichtige Hülle ist, in der jegliche Personalien von mir aufbewahrt werden.

Als ich es ergreife und Markus dabei einen kurzen Moment zu lang in die Augen sehe, bin ich abgelenkt und mir fällt die Tasche aus den Händen, bevor ich sie richtig erfasst habe.

Flatternd landen einige bunte Papiere auf dem Boden.

Wie in Zeitlupe sehe ich Markus, der sich sofort darauf stürzt und alles zusammen sammeln will.

>>Schon ok, ist ja nichts passiert<<, meine ich und knie mich dazu.

Unter all den Zetteln finden sich mein Impfpass, mein Autoführerschein fürs begleitete Fahren ab siebzehn, mein Motorradführerschein der Klasse A1, mein Reisepass, zwei abgelaufene Schülerausweise, die Nachweise für meine Schwimmabzeichen in Bronze und Silber, die dazugehörigen Aufnäher, ein - ebenfalls abgelaufener - Bibliotheksausweis, ein paar Scheinchen Geld und mein Personalausweis, den Markus natürlich prompt in die Finger bekommt.

>>Julicé Lichtenberg<<, liest Markus irritiert laut vor.

Ich schlucke hörbar.

Er wiederholt sich. Mehrfach.

>>Lichtenberg, wie...<<

Ich nicke kaum merklich.

>>Lichtenberg, wie Hermann Lichtenberg.<<

Markus verstummt.

Dann kippt er zurück, fängt sich im letzten Moment und landet auf seinem Hintern. Sitzend blickt er zu mir auf.

Ich wiege mich in meiner Hocke vor und zurück.

>>Aber Judd? Das verstehe ich nicht...<<

>>Sie hatten nur die gleiche Mutter<<, antworte ich schulterzuckend.

>>Du bist also wirklich seine Tochter?<<

Ich kaue auf meiner Unterlippe.

Nachdenklich starrt Markus mich an.

>>Warst du dabei?<<

Erneut nicke ich lediglich als Antwort.

>>Es war ein furchtbares Gemetzel. Überall Blut, Dreck, Feuer, umherfliegende Splitter, kämpfende Lykaner, sterbende Rudelmitglieder.<<

Ich streiche meine Haare hinter dem Ohr weg und deute auf die Narbe.

>>Ein Giftpfeil. Der war nicht für mich gedacht. Ich stand nur im Weg, bin aber glimpflich davon gekommen. Der zweite war dann ein Treffer. Trotzdem hat er nicht aufgegeben, sondern weiter gekämpft.<<

Markus' Blick verdunkelt sich. Seine Miene wird immer finsterer.

>>Wie konnte er dich nur mitnehmen?<<, knurrt er.

>>Ich habe ihn überredet. Das erste und letzte Mal in meinem Leben<<, antworte ich.

Markus atmet geräuschvoll ein.

>>Ich will mir gar nicht vorstellen, was du alles sehen musstest.<<

>>Es war eine Falle. Wäre ich daheim geblieben, wäre ich mit der Hütte verbrannt. Niemand konnte uns helfen. Sein Stolz und seine Respektlosigkeit waren schuld.<<

Wütend kneife ich die Augen zusammen.

Hätte mein Vater nicht diesen irren Werwolf beleidigt und bloßgestellt, sondern einfach abgewiesen, würden er und das Rudel vielleicht noch leben.

Ich werde es wohl niemals erfahren.

>>Was ist aus Jakob geworden?<<, fragt Markus interessiert.

>>Keine Ahnung. Er und seine Mitstreiter haben mich nicht zwischen den Büschen gefunden, wo ich ohnmächtig wurde und auch nicht nach mir gesucht. Als sie den Tod von meinem Paps festgestellt hatten, sind sie wieder abgezogen. Danach habe ich nie wieder etwas über ihn oder andere gehört.<<

>>Und was ist mit deiner Mutter?<<

Markus verkreuzt die Beine und setzt sich mir im Schneidersitz gegenüber.

>>Als mein Vater vor drei Jahren verstorben ist, hat meine Mutter sich nur kurze Zeit danach in die Geschlossene einweisen lassen, wo sie nur wenige Tage später Suizid begang, weshalb Marea und ich bei unserem Onkel, also Judd, dem jüngeren Bruder unseres Vaters, und eben Erin leben.<<

Nachdenklich nickt mein Seelenverwandter. Seine entspannte, als auch jederzeit zum Sprung bereite Haltung ist so unglaublich faszinierend.

>>Aber haben Judd und Erin nicht vorher woanders gewohnt? Und heißen die nicht anders mit Nachnamen?<<

>>Judd und seine Frau Erin sind zu uns gezogen, damit wir weiterhin im gewohnten Umfeld weiter leben können. Marea ist von Anfang an begeistert gewesen, ich jedoch, hätte mich über einen Umzug sehr gefreut<<, erkläre ich gestikulierend.

>>Wie gesagt, war von der Hütte, in der ich bei meinem Vater gelebt habe, nicht mehr übrig, als Asche und Staub und deshalb bin ich dann zurück zu meiner Mutter gezogen, wo meine Schwester noch immer gewohnt hatte. Sie ist vollkommen durchgedreht, total ausgerastet. Also unsere Mutter, nicht Marea. Mit der Nachricht kam sie überhaupt nicht klar und sie wusste, sie braucht mehr, als einen einfachen Psychologen, bei dem sie ihren wöchentlichen Termin bekommt. Leider konnte sie es sich nicht leisten und deshalb wollte sie das Haus schnellstmöglich an den Meistbietenden verkaufen. Zum Glück haben Judd und Erin in dem Moment richtig gehandelt und eingegriffen. Sie haben ihr das Haus abgekauft und sind bei uns eingezogen.<<

>>Was ist eigentlich direkt nach diesem Abschlachten passiert?<<

Wieso stellt er mir nur so viele Fragen, die ich eigentlich nicht beantworten möchte?

>>Ich bin verwirrt und ziemlich neben der Spur dort aufgewacht, wo ich durch die schwache Wirkung des Gifts zusammengebrochen bin. Es war ja nur ein Streifschuss und obwohl er so nah am Herz und am Gehirn war, habe ich überraschenderweise keine bleibenden Schäden davongetragen. Nur diese Narbe.<<

Gedankenverloren streiche ich darüber und löse dadurch ungewollt eine kleine Flut an Erinnerungen aus, die über mir hereinbrechen.

>>Ich bin ziellos über verkohlte, zerfetze Leichen gestolpert. Über welche in Menschengestalt, über welche in Wolfsgestalt und über halb verwandelte. Habe nach meinem Vater gesucht und ihn schlussendlich gefunden. Er hatte diesen goldenen Pfeil mitten in der Brust, am ganzen Körper Schnitte und Kratzer von Messern und Klauen. Und eine klaffende Wunde im Unterleib, dass die Gedärme nur so heraus purzelten. Blut floss unaufhörlich. Aber er atmete schon nicht mehr.<<

Kurz überkommt mich Übelkeit, aber ich kann mich zusammen reißen.

>>Dann bin ich gerannt. Einfach nur gerannt. Ich habe mich nicht einmal getraut Halt zu machen, um mich zu verwandeln. Mitten im Wald bin ich zusammen gebrochen.<<

Erinnerungen drängen sich mir auf. Bilder, die ich längst vergessen dachte.

>>Wanderer haben mich gefunden und ins nächste Dorf gebracht. Zu meinem Glück war dort ein Hausarzt, der mich sofort behandeln konnte. Er war ein verstoßener Lykaner. Wir waren in diesem Moment auf dem selben Rang. Rudellos, ob verstoßen oder ein verstorbener Alpha. Er hat nicht nachgefragt, er hat mir einfach geholfen.<<

Ich weiß nicht, wann Markus aufgestanden ist, aber nun setzt er sich hinter mich und umarmt mich.

Voller Vertrauen, wie ich es noch nie war, lasse ich los.

Mein Körper ist vollkommen entspannt, mein Geist erschöpft.

>>Und was ist dann passiert?<<, murmelt Markus leise hinter mir.

Sein Atem in meinem Nacken sendet wohlige Schauer über meinen Rücken.

>>Am nächsten Morgen durfte ich Judd anrufen. Der Arzt hatte mich bei sich daheim auf der Couch schlafen lassen. Das war vielleicht ein riesiges Teil und so bequem... Ich schweife ab. Naja, Judd kam dann auch und hat mich aufgeklärt, was in der Zwischenzeit mit der Hütte passiert war. Ich hatte kein Zuhause mehr, meine wahre Familie war tot, mein Rudel. Meine Wahl fiel auf meine Mutter, aber nur weil Marea bei ihr gewohnt hat.<<

Ich seufze.

>>Andrea ist erst ausgerastet, dann hat sie stundenlang geheult. Sie und mein Vater waren keine Seelenverwandten gewesen. Er hatte sie nur mit mir und Marea in einer mehrjährigen Affäre geschwängert, bis sie sich kurz nach Mareas Geburt von ihm getrennt hat. Er hat seine Seelenverwandte allerdings nie gefunden. Ich glaube, daran hatte er auch kein großes Interesse. Seine regelmäßigen One-Night-Stands haben ihm genügt.<<

Verbittert beiße ich die Zähne zusammen. Sein Verhalten damals hatte mich angewidert. Das und diese billigen Flittchen. Hoffentlich war Markus vor mir nicht auch so.

>>Warte mal kurz... Du nennst deine Mutter Andrea?<<, fragt er irritiert und dreht mich, sodass er mir ins Gesicht sehen kann.

>>Ja, so heißt sie schließlich.<<

>>Schräg<<, kommentiert er und positioniert uns wieder wie vorher.

>>Ich kann mir gut vorstellen, was du über mich denkst - wie so viele andere auch<<, sagt er >>Aber ehrlich gesagt, war ich nur mit drei Mädchen in der Kiste. Natürlich nie hier<<, fügt er rasch hinzu.

Nur drei Mädchen?

Das heißt aber noch lange nichts...

>>Es waren zwei One-Night-Stands und eine, mit der... Willst du das wirklich wissen?<<

Eigentlich nicht, aber Ehrlichkeit hilft und es könnte uns in unserer Beziehung weiterhelfen, also nicke ich zaghaft und bereue es noch im selben Moment.

>>Wir hatten eine Affäre, die über ein paar Monate lief. Nichts Ernstes. Es war nur... Sex.<<

Eine unangenehme Stille breitet sich aus, aber ich weiß auch gar nicht, was ich sagen könnte, was die Situation angenehmer machen würde.

Ich lehne mich einfach an ihm an, lasse mich von Markus halten.

>>Das mit deinem Paps tut mir leid. Ich habe gehört, er war ganz fair.<<

Ich zucke mit den Schultern.

>>Tja, dann haben Judd und Erin Andrea das Haus abgekauft. Andrea hat Schulden abbezahlt und konnte für die Behandlung in der Psychiatrie aufkommen, wo sie sich während einer Gruppentherapie etwa eine Woche später aus einem Fenster gestürzt hat.<<

Ich spüre in meinem Rücken, wie sich Markus Brust hebt und senkt. Sein Herz pumt das Blut genauso gleichmäßig durch seine Adern und es beruhigt mich ungemein, denn dieses aufkommende Gefühl in mir, als würden meine Atemwege zufrieren und gleichzeitig lichterloh brennen ist grausam.

Das erste Mal seit den Geschehnissen empfinde ich Trauer gegenüber ihrem Tod.

>>Wir standen uns nie besonders nahe, denn eine liebevolle Mutter ist sie nun wirklich nicht gewesen. Und ich war nie die Tochter, die sie gewollt hatte. Zumindest nicht so eigenwillig, widerspenstig und launisch, wie ich nun einmal war.<<

Markus scheint es als Erklärung zu reichen.

>>Was hältst du von Pommes und Bürger?<<, lenkt er vom Thema ab und zieht mich gleichzeitig hoch, während er in einer fließenden Bewegung aufsteht.

>>Hört sich super an<<, antworte ich mit einem gequälten Lächeln, als mein Magen zustimmend rumort.

Hand in Hand gehen wir runter, wo sich schon einige Rudelmitglieder tummeln. Auf dem großen Tisch stehen mindestens zwanzig Tüten von McDonalds und BurgerKing.

Markus schnappt sich zwei Tüten und zieht mich zu dem großen Sofa, wo wir uns zwischen ein paar Leute, die ich bereits vorgestern gesehen habe.

Sie begrüßen uns kurz und unterhalten sich weiter, als wären wir nicht da.

Als ich die ersten Pommes, in Mayonnaise getunkt, in dem Mund stecke, merke ich, wie hungrig ich doch bin.

Zwei Burger und drei Tüten Pommes später bin ich pappsatt und lehne mich zurück.

Vorrausschauend reicht Markus mir einen Pappbecher mit Sprite entgegen. Die Kohlensäure spruldet mir ins Gesicht, als ich gierig einen ersten Schluck nehme.

Das prickelnde Gefühl auf meiner Haut kitzelt ein wenig.

Ich stelle den Becher hastig auf dem Boden ab, drehe mich weg und niese laut in meine Armbeuge.

>>Halleluja<<, rufe ich überrascht aus.

Alle Gespräche verstummen und ich werde von unzähligen Augen angestarrt, bis Markus die Situation auflockert, indem er brüllend lacht und mich an sich drückt.

>>Was war das denn?<<

Sein Lächeln ist ansteckend.

>>Eine sehr merkwürdige Angewohnheit<<,antworte ich schuterzuckend und verziehe die Lippen, da es mir äußerst peinlich ist.

Er drückt mir einen feuchten Kuss an die Schläfe und knabbert an ein paar Pommes.

Am Abend herrscht eine merkwürdige Stille zwischen uns, als wir nebeneinander im Bad stehen.

Ich putze mir gründlich die Zähne, während er sich die Haare kämmt.

>>Alles okay?<<

Seine Stimme klingt tief und weich. Ein bisschen müde, aber irgendwie auch hellwach.

Ich nicke, denn ich habe den Mund voll Schaum von der Zahnpasta.
Er lächelt, streift eine Haarsträhne hinter mein Ohr und geht. Einen längeren Moment starre ich ihm hinterher. Auch, als er schon im Flur ist, lausche ich seinen leisen Schritten, bis er in seinem Zimmer ist und die Tür offen stehen lässt.

Möchte er mich heute Nacht bei sich haben oder lässt er sie offen, damit er mich hören kann?

-2101 Wörter

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