Mary, die kleine Mary Sue

由 Mairahestia

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Macciata Ananasia Rosarosellie Yunikorna Sue del Teenagerphantasia XIII, kurz Mary, dachte immer, sie sei ein... 更多

AKT I
AKT II
AKT III
AKT V
Nachwort

AKT IV

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由 Mairahestia

Sie befinden sich an einem glitzernden See. Schillernde Fische schwimmen durchs Wasser. Einige sirren mit dünnen Flügeln knapp über der Wasseroberfläche. Obwohl Schnuffel es furchtbar kitschig findet, labt sich in unmittelbarer Nähe eine Einhornfamilie am saftigen Grün und jemand hat wie zufällig einen reich gefüllten Picknickkorb für drei bereit gelegt. In ein dezentes Ballkleid gehüllt, sitzt Mary am Wasser im Schatten einer mächtigen Weide und liest ein leeres Buch. Dabei murmelt sie leise: „Es war ein mal ein bezaubernder Prinz, der am See spazieren ging."

Fröhlich klettert der gerufene Prinz aus seinem Erdloch, streicht sich durch sein kupferrotes Haar und stolziert in Richtung Weide.

„So bezaubernd finde ich den gar nicht- schau mal seine Ohren an!", zischt eine kleine blaue Eule in den Ästen des Baumes, doch Mary ignoriert sie.

„Da sah er auf einmal eine Prinzessin, die lesend am Wasser saß. Sie war wunderschön."

„Von wegen. Eingebildet, das ist sie!", kommentiert Schnuffel und versucht schon zum zweiten Mal am Tag die Augen zu verdrehen.

„Seid gegrüßt, holde Maid. Was verschafft mir die Ehre?", säuselt der Prinz, ohne das Mary ihn dazu aufgefordert hätte.

„Oh, äh", stottert sie und nimmt das Buch runter. Ihr fällt auf, dass sie bisher noch kein Wort mit ihm geredet hat.

„Schicksal", gibt sie etwas unbeholfen zurück, doch der Prinz ist ganz hingerissen von ihr.

„Das muss es sein!", strahlt er und kniet sich vor ihr nieder. „Es ist die wahre Liebe!"

Mary lacht verlegen. „Lach, lach", macht sie und läuft knallrot an.

„Und welch ein bezauberndes Lachen!", schwärmt der Prinz, „Ich bin Prinz Kunibert und noch nie vernahm ich solch ein glockenklares Lachen!"

Zwischen den Zweigen der Weide bricht ein hemmungsloses Gegacker los.

„Oh, Verehrteste, verspottet er mich?", fragt Kunibert bestürzt.

„Nein, grins. Ignoriert ihn, Kunibert."

„Selbstverständlich, Liebste. Wie war gleich euer Name?"

„Mary", sagt Mary und die Augen ihres Traumprinzen glitzern heller als der See. Er nimmt ihre Hand und flüstert: „Wollt Ihr mich heiraten, edle Mary?"

„Nur wenn wir uns duzen", flüstert Mary knallrot zurück und das Paar fällt sich überglücklich in die Arme. Die Umarmung dauert so lang, dass es merkwürdig wird.

„Ende", nuschelt Mary. Schnuffel klatscht mit den Flügeln. Seine Augen sind noch wässrig vom Lachen. Kunibert und Mary lösen sich voneinander und grinsen über beide Ohren.

„Dann können wir jetzt endlich essen!", freut sich Schnuffel und flattert zum Picknickkorb, um sich ein Sandwich zu schnappen. „Aber nur kurz, dann holen wir den Erzähler- wenn er nicht selbst kommt."

Sofort stürzt sich das Prinzenpaar auf die Sandwiches.

„Deliziös! Thunfisch mit Mayo!", freut sich Kunibert, „In meinem Erdloch speiste ich nur Regenwürmer!"

Hinter seinem Rücken wechseln Mary und Schnuffel betretene Blicke. Dann entdeckt die Mary Sue ein veganes Schokocroissant von Starbucks im Picknickkorb und die Regenwürmer sind vergessen. Schmatzend und schlingend leeren die drei den Proviant. Sie ahnen noch nicht, dass das ihr letztes gemeinsames Mahl sein wird...

„Es wird Zeit", grummelt Schnuffel schläfrig und reibt sich den vollgeschlagenen Bauch. Mal wieder hat er die Federn aufgeplustert, macht aber einen zufriedenen Eindruck. Halbwegs elegant lässt er sich auf seinem Felsen nieder, der aus dem Nichts erscheint, und es wird dunkel. Der Boden nimmt steinige Konturen an, die Welt wird kleiner und kantiger und die Picknickdecke versinkt mit einem Plopp im Boden. Sie sind zurück in der Höhle, in der Mary den Erzähler zum ersten Mal getroffen hat.

„Nun denn." Schnuffel schließt die Augen und wird lila. Im Gegensatz zu Mary zeigt Prinz Kunibert keine Spur von Unbehagen. Tiefenentspannt lässt er sich in einer Ecke der Höhle zu einem Nickerchen nieder, flackert und verschwindet. Mary hat keine Zeit sich darüber zu wundern, denn die lila Eule öffnet den Schnabel zu einem hallenden Gelächter, das jeden Knochen in ihr erzittern lässt.

„Lach", stimmt Mary vorsichtig mit ein. Sie ist sich noch nicht sicher, ob es gut oder schlecht um sie steht, also will sie die Wogen möglichst glatt halten. „Wie war's?"

„Grauenvoll", lacht die tiefe hallende Stimme, „Grauenvoll, aber sehr unterhaltsam. Ich hatte mir mehr erwartet, doch ihr konntet mich mit diesem überzogenen Ende überraschen."

Es ist so laut als käme die Stimme von überall gleichzeitig und nicht aus der Brust der Eule. Der Boden vibriert bei jedem Wort und das Echo dröhnt unnachgiebig in Marys empfindlichen Ohren.

„Das... freut uns?"

Sie ist wahnsinnig naiv, die kleine Mary Sue. Als Protagonistin liegt es in ihrer Natur zu glauben, dass am Ende alles gerecht wird. Dass das Gute gewinnt, weil es alles gegeben hat was in seiner Macht steht. Sie lebt eine Lüge.

Das Gute gewinnt fast nie, denn oftmals eignet es sich nicht. Das Gute gewinnt fast nie, selbst wenn es all sein Herzblut für seine Mission gibt, einfach weil der Erzähler... nicht in der Stimmung ist, weil seine Charaktere nicht der Geschichte gerecht werden, weil ihm die Kreativität fehlt, weil ihn die Realität auf Trab hält oder er einfach nicht zum Punkt kommt in dem, was er erzählt. Das Gute wird verworfen. Es landen auf der Gedankenmüllhalde, zwischen Traumfetzen und überschüssigen Informationen, zwischen Gedichten und holprigen Dialogen, zwischen Metaphern, Kalenderweisheiten und längst vergessenen Fantasiegestalten. Irgendwo da unten gurkt auch meine Idee von gestern Nacht herum, die mir zu dem Zeitpunkt so unfassbar genial vorkam. Ich wollte sie erzählen, doch sie glitt mir aus den Fingern wie ein frisch gefangener Aal und ward nie wieder gesehen. Ein Jammer, denn sie war gewiss schon im Entwurf tiefgründiger als alles, was meine kleine Mary Sue hervorbringen könnte. Ich fürchte Mary ist keine gute Freundin. Ich kann sie mir nicht leisten. Als Marionette ist sie schlicht und eintönig, unnachvollziehbar stumpfsinnig für die Leser, als Schauspielerin ist sie einfallslos und noch jämmerlicher als gewöhnlich. Ich muss mich von ihr trennen, selbst wenn die Zeit mit ihr milde amüsant war. The Show must continue.

The Show must go on", korrigiert Schnuffel altklug und öffnet die Augen. „Und du bist ein Bastard."

Mary, die die letzten paar Absätze nicht mitverfolgen konnte, guckt ahnungslos wie ein Lämmchen. „Warum bin ich ein Bastard?"

„Bezieh nicht immer alles auf dich", seufzt die blaue Eule und verdreht die Augen.

„Oh, der Erzähler. Was macht er denn?", fragt Mary. „Wo ist er hin? Ist er noch hier?"

„Natürlich ist er hier irgendwo", schnauzt Schnuffel, „Dieser Verräter. Nur wo genau er ist, das lässt sich schwer sagen. Wenn er sich nicht gerade an eine Figur bindet, kann er eigentlich überall sein. Warte mal..."

Schnuffel flattert an den Spiegeln vorbei zum Höhlenausgang wobei er leise murrt: „Diese Spiegel machen mich wahnsinnig. Er hätte sie ruhig eingangs erwähnen können, aber wie immer vernachlässigt er die Atmosphäre..."

„Was macht der Erzähler eigentlich in seiner Freizeit?", will Mary wissen und folgt der Eule, indem sie ein Rad schlägt. Sie trägt inzwischen wieder ihre Flamingojacke und die schwarzen Leggins, obwohl sie sich nicht daran erinnern kann, sich umgezogen zu haben.

„Er hat keine- wieso stellst du schon wieder so komische Fragen? Sehr verdächtig."

„Dafür fliegst du schon verdächtig lange zum Höhlenausgang", gibt Mary zurück. Sofort bleibt Schnuffel in der Luft stehen. „Recht hast du."

Sie blicken hinaus ins Weltall. „Wie ich es mir gedacht habe", meint Schnuffel fachmännisch und begutachtet die endlosen Türenreihen, die in der Ferne leuchten. „Wir sind aktiv, also ist er hier bei uns. Obwohl..."

„Obwohl was?"

Plötzlich ertönt ein Grollen. „Ach, vergiss es", ruft Schnuffel, „Jetzt kommt eine Actionszene!"

Im nächsten Moment erscheint eine riesige modrige Krallenhand im Höhleneingang und fischt blind nach Eule und Mädchen. Kreischend weicht Mary zurück und flüchtet sich weiter ins Innere vorbei an den Spiegeln zur Nische. „Was machen wir?", quietscht sie.

„Was weiß ich denn! Er erzählt momentan!", quietscht Schnuffel zurück. Unter ihren Füßen öffnet sich das Tor zur Hölle.

„Mary, Vorsicht! Das ist die Gedankenmüllhalde! Oh, schau mal, dein Monolog!"

„Welcher Monolog?"

„Ganz genau! Und jetzt halt dich besser fest!"

Nur mit Mühe kann sich Mary an die Nische klammern. Der Boden hat sich inzwischen fast vollkommen verabschiedet. Ihre Füße treten in die Leere. Aufgelöst kreist Schnuffel durch den Raum. „Komm her, du Feigling!", schnarrt er die Decke an, während Mary mal wieder mit der Ohnmacht kämpft.

„Warum tut der Erzähler das?", jammert Mary, „Warum will er uns loswerden? Ich dachte, er ist mein Freund!"

„Sei nicht naiv, du bist nur seine Marionette!", schuhut Schnuffel, „Er wollte lediglich Druck auf dich ausüben... als ob sich Druck je positiv auf Kreativität ausgewirkt hätte."

Zum hundertsten Mal bricht Mary in Tränen aus. Sie fühlt sich benutzt und verraten. Obwohl es ihr schwergefallen ist, hat sie versucht, dem Erzähler zu helfen. „Ich will doch eine gute Freundin sein. Ich weiß nur nicht wie!", heult sie. Ihre Hände werden rutschig.

„Und das ist okay, es ist okay! Echte Freunde akzeptieren das, hörst du?", ruft Schnuffel und dreht den Kopf wieder zur Decke. „Hörst du das?! Echte Freunde respektieren sich gegenseitig so wie sie sind!"

„Echte Freunde schmeißen einander nicht in den Müll. Schnief", schnieft Mary und gleitet ab. Jede Kraft verlässt ihre Arme. Sie kann sich nicht mehr halten.

„Hiergeblieben, Mary!"

Es donnert. Mary stürzt.

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