King of Marseille | 18+

By silverxtree

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»Ma chérie, komm zu mir kleines. Abhauen kannst du ohnehin nicht.« Als Geschenk für einen Freund, wird die ju... More

Prolog
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65 - Epilog Part 1
66 - Epilog Part 2
Nachwort

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By silverxtree

AMELIA

Die Zeit auf der Yacht war schön. Es hat sich angefühlt wie Urlaub, den ich genießen konnte. Auf dem Wasser vor der Stadt, habe ich mich frei gefühlt, auch wenn ich das nicht war. Ich werde nie mehr ganz frei sein. Vielleicht sollte ich das akzeptieren. Ich kann es nur einfach nicht.
Wenn mich die Polizeischule von Scotland Yard eins gelernt hat, dann ist es, nicht aufzugeben. Egal wie verzwickt die Situation sein mag. Das konnte ich in der Vergangenheit sowohl auf meinen Job als auch mein Leben anwenden. Seit ich in Sergios Schusslinie geraten bin, hat das allerdings aufgehört. Von einem skrupellosen Mörder zum nächsten geschleppt zu werden, hat einiges damit zu tun. Trotzdem ist das Bild, was sich mir gerade bildet, traumhaft schön.

Es regnet. Wie an einem normalen Tag im April, geht ein Schauer auf die Stadt hinab. Seit unserem Ausflug zur Yacht sind einige Tage vergangen. Nach unserer Rückkehr, hat Timéo sich mehr denn je seiner Arbeit gewidmet. Keine Ahnung, was er da unten mit Quentin treibt. Mir bleiben nur die Hausmädchen und die sind nach wie vor äußerst schweigsam. Langsam zweifle ich daran, dass sie mich überhaupt richtig verstehen.
Es ist einsam hier für mich. Den ganzen lieben Tag rumzusitzen, fühlt sich falsch an. Ich will so gern zurück, auch wenn ich London in diesem Moment nicht vermisse. Dort wird es grau und kalt sein. Hier ist es immerhin warm.
Seufzend sinkt meine Stirn gegen die kühle Scheibe. Das große Fenster, vor dem ich im Wohnzimmer stehe, beschlägt, als ich meinen Atem dagegen hauche. Tropfen perlen am Glas hinab. Ich sehe zu wie sie in der Bodenrinne versickern. Nicht mal die Männer sind zu diesem Wetter draußen und patrouillieren im Garten. Ich weiß ohnehin nicht, was dieser Aufriss soll. Eines aber ganz genau - und zwar das hier was gewaltig stinkt. Was treiben die da unten?
Neugierig drehe ich mein Gesicht über die Schulter hinweg. Ein Hausmädchen biegt gerade in die Küche ab. Sonst bin ich allein.

Neugierig umrunde ich das weiße Sofa, steige die wenigen Stufen hinauf aus dem abgesenkten Couchbereich hinaus. Leise Musik spielt wie jeden Tag in den Räumen der Villa. Mozart, glaube ich. Das Gedudel wirkt beruhigend, aber manchmal wünschte ich mir, es wäre einfach komplett still. Aber dann gehe ich in mein Schlafzimmer und schließe die Tür.
Ich weiß nicht, wieso ich dachte, dass es anders wird nach der Hochzeit. Timéo hat mich bis jetzt noch nicht gezwungen, in einem Zimmer mit ihm zu schlafen und das ist auch gut so. Ich würde es nicht ertragen. Ja, auf der Yacht haben wir viel unanständigere Dinge getan. Aber das war anders. Der Moment hat es hergegeben. Jetzt fällt es mir wieder schwerer, nicht an das, was in London passiert ist, zu denken. In Momenten, in denen ich allein bin, strömt manchmal alles flutartig auf mich ein.

In den Fluren der französischen Villa, ist es so still, dass ich meine nackten Füße auf dem polierten Boden hören kann. Die glänzenden Hochglanzfliesen sind nicht so kühl wie das erste Mal, als ich nach meiner Ankunft auf sie trat. Dennoch können sie nicht verbergen, was sich unter dem Haus befinden muss. Die Kälte kriecht aus den Gewölben ins Haus.
Neugierig biege ich in Richtung der Kellertreppe ab. Die Wände werden von Gemälden geschmückt, die alle feinsäuberlich nebeneinander von der Decke hängen. Die Angelschnur, an denen sie befestigt sind, sieht man kaum. So schaut es aus, als würden sie vor der Wand schweben. Ich will gar nicht wissen, wie viel die gekostet haben müssen. Wenn er so viel wie in Paris für diese Dinger ausgegeben hat, na dann muss sein Portemonnaie geblutet haben. Wenn es das überhaupt jemals hat. Es sieht nämlich nicht so aus. Er ist steinreich.

»Buh.«
Erschrocken wirble ich herum und fasse mir ans Herz. Der Idiot steht hinter mir und hat mir das Wort ins Ohr geflüstert. Ich schlage auf seine Brust ein. »Man Timéo! Ich habe fast einen Herzinfarkt erlitten!«, schnauze ich ihn an und schlage nochmal auf seine Brust ein. In seinem blöden Outfit, dem hellen Hemd und der schwarzen Hose, steht er belustigt vor mir, als wäre er sich keiner Schuld bewusst. Idiot!
»Wirst es überleben, chérie. Glaubst du nicht, dass ich es ziemlich interessant fand, als mir einer der Männer erzählte, dass du in den Gängen rumspukst?«
Ich schnappe nach Luft. »Du überwachst mich«, stelle ich nüchtern fest. Meine verschränkten Arme dienen als Schutz vor ihm und vor allem, vor meinen Gefühlen. Er vertraut mir nicht.
»Nein chérie, das ganze Haus wird überwacht. Bei den Schätzen, die es hier gibt, ist das nur logisch, oder kleine Polizistin?«
Seine Antwort klingt tatsächlich plausibel. Zu plausibel für meinen Geschmack.
»Ach ja? Von denen hab ich hier noch nichts gesehen, Napoleon. Wo steckt die Beute von deinen Raubzügen?«
Für eine Sekunde ändert sich der Ausdruck in seinen Augen, doch er weicht so schnell wie er gekommen ist. »Zuerst-« er schaut an mir hinab, »ziehst du dir ein paar Schuhe an, chérie. Ich will dich nicht tragen müssen, weil deine Füße kalt werden.«
»Solange ich dich nicht tragen muss, Napoleon.« Ich klopfe ihm im Vorbeigehen auf die Schulter. Dann ziehe ich mir eben Schuhe an. Wenn mich das schlauer werden wird, tue ich was er sagt. Ich bin gespannt, was er mir zeigen wird.
»Hast du mich fett genannt?«, ruft er mir hinterher. Ich lache leise, und antworte nicht mehr, auch wenn er hinter mir läuft. Das lasse ich mal so stehen.

~

Wenig später befinden wir uns erneut in den Fluren. Zu meinen Schuhen, hat sich auch ein dicker Pullover gesellt, den ich mir über mein dünnes Shirt geschmissen habe. Er fällt über meinen Po und wird auf der Mitte meines Oberschenkels, von der engen Leggings abgelöst, die ich trage. Obwohl es hier drinnen recht warm ist, weiß ich nicht, wohin der Franzose mich führt. Wir laufen schon seit Minuten wortlos durch die verwinkelten Gänge der Villa. Ohne ihn würde ich mich hier nie zurechtfinden. Wie macht er das nur? Das Haus ist ein wahres Labyrinth.
»Wo führst du mich hin, Napoleon?«, frage ich, als wir an der Kellertreppe vorbeilaufen. In diesem Teil der Villa war ich noch nie. Ich folge ihm weiter den Flur hinab bis zu eine der unzähligen Türen. Am Ende des Gangs, zweigt sich ein weiter ab. Wo der hinführt, ist mir ein Rätsel.
Timéo hält vor einer Flügeltür inne. Ein Passcode schützt den Raum. Er schiebt sich zwischen mich und das Bedienungsfeld, dann piept es mehrmals. Nur am Rande bekomme ich mit, wie er sein Auge vor eine kleine Kamera hält und den Finger auf einen Sensor legt. Wow. Was auch immer dahinter sein muss, muss wahnsinnig viel Wert sein, wenn er es so schützen will.
»Iris Sensor?«, frage ich ihn skeptisch und ernte einen bösen Blick. »Sei still, kleine Polizistin. Wenn du weiter so neugierig bist, wirst du nie erfahren, was hinter dieser Tür liegt«, macht er mir klar. Er weiß, dass er mich damit hat, weil meine Neugier siegt. Grummelnd senke ich meinen Kopf und starre auf die Türklinke, die sich soeben mit einem Klicken entriegelt. Timéo öffnet die Tür, und deutet mir mit der Hand einzutreten.

Neugierig betrete ich das Zimmer, dessen Ausmaße mir erst bewusstwerden, als ich hineintrete. Meterhohe Decken, überall Bücher und Regale. Eine Reling umfasst das obere Stockwerk, auf das eine Wendeltreppe führt. Die eine Hälfte des Raumes schaut aus wie eine alte Bibliothek. Die restliche Hälfte, ist geschmückt mit Kunstwerken. Dunkle Wände und goldene Lichter, die die Gemälde ausstrahlen. Mein Kopf fällt in den Nacken, und ich betrachte das große Glasfenster, auf dass der Regen niederprasselt. Es hört sich beruhigend an.
Die Tür fällt hinter uns ins Schloss und verriegelt sich erneut. Im Raum riecht es nach Papier und Leder. Darüber hinaus stelle ich fest, dass es recht kühl ist. Der Pullover kommt mir also zugute. Auf dem Absatz drehe ich mich herum und sehe, das Timéo an einem Display neben der Tür fummelt.
»Was ist das hier?«
»Meine Sammlung«, erklärt er und lässt von dem Bildschirm ab. Er wendet sich dem Raum zu und deutet mit einer ausschweifenden Geste auf das, was sich uns bietet. »Die wichtigsten und berühmtesten Werke, die je von Menschenhand geschaffen wurden.«
Sprachlos wandern meine Augen über die Regale. In der Mitte des Raumes, befinden sich Schaukästen, und was ich darin sehe, raubt mir den Atem. Mit geöffnetem Mund trete ich an das Glas heran und platziere meine Finger an der kalten Barriere. »Du bist wahnsinnig«, wispere ich fassungslos, denn ich weiß verdammt genau, was sich vor mir befindet. Mein Herz macht einen Satz und ich glaube, mir wird übel. Der Klos in meinem Hals, wächst zu beachtlicher Größe an.
»Ich weiß lediglich diese Dinge zu schätzen«, erklärt er und tritt langsam neben mich. Kopfschüttelnd blicke ich auf die Edelsteine hinab und weiß nicht so recht, was ich noch sagen soll. Das, was er hier verbirgt, ist atemberaubend.
»Willst du sie anprobieren?«
Ich schnaube und ein Lachen überkommt mich. Es ist eigentlich nicht lustig, aber aus Verzweiflung entkommt mir dieser laut. »Ist das dein Ernst Timéo?«, frage ich fassungslos. Ich kann doch nicht einfach -
Sein schulterzucken lässt mir die Kinnlade herunterklappen. Er meint es verdammt ernst.
»Wieso nicht? So eine Gelegenheit wirst du nur einmal bekommen, chérie.«
Er schnappt sich desinteressiert ein paar Samthandschuhe und zieht sie sich über. Er tut ja so, als würde wir über Modeschmuck sprechen! Aber das, was unter den gläsernen Kästen steckt, ist echt. Es ist echt und wahnsinnig wertvoll. Die Absurdität dieser Situation ist nicht zu verkennen. Ich stehe in Frankreich, im Haus eines Mannes, der krumme Dinge dreht und er fragt mich, ob ich Kronjuwelen anprobieren will? Ist er von allen guten Geistern verlassen?
»Diese Dinge gehören in ein Museum!«
»Das hier ist ein Museum, Amelia. Glaubst du wirklich, ich hätte das geklaut? Ich habe sie gezahlt. Es braucht nur einen geldgeilen Museumschef, nur einen dieser Geier, um zu bekommen, was man will. Mir wurde es angeboten. Hättest du es besser gefunden, sie wären nach China oder nach Saudi-Arabien gegangen? Zu einem Scheich, der dessen Kostbarkeit nicht zu schätzen weiß? Zu einem Investor, der sie in zwanzig Jahren für Milliarden verkauft hätte? Sie wohlmöglich auseinandergenommen?«

Seine kalte Stimme jagt mir einen Schauer über den Rücken. Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Der Ausdruck in seinen Augen spiegelt so viel wider. Ich weiß nicht, was ich zuerst aus ihnen lesen soll. Grimmig wendet er sich dem Schaukasten zu und entsichert ihn. Das Glas fährt hinauf, und entblößt die funkelnden Steine. Timéo greift vorsichtig danach. Ohne mich nur noch einmal zu fragen, setzt er mir das gute Stück auf den Kopf, und ich reiße die Augen auf. Wie versteinert stehe ich da, traue mich nicht mehr, mich zu bewegen. Es wiegt schwer auf meinem Kopf. Wenn mir jetzt jemand den Puls überwachen würde, dann würde er sicher feststellen, dass ich kurz vor einem Infarkt stehe. Adrenalin pumpt durch meinen Körper und lässt mich belebt fühlen. Trotz dessen habe ich solch eine Angst, mich zu bewegen, dass ich zittrig Luft aus meinen Lungen stoße.

Timéos Augen ruhen auf meinem Gesicht. Er lässt seine Hände langsam sinken, und der Blick in meinen Augen wird panischer. »Nicht! Wenn sie fällt, dann-«
»Sie wird nicht fallen, chérie. Sie passt dir wie angegossen«, beruhigt er mich. Leider verlangsamt das mein Herz kein bisschen. Ich versuche an mir hinaufzuschielen, aber sehe natürlich nichts von dem, was da auf meinem Kopf sitzt. Der Franzose legt seine Handschuhe in aller Seelenruhe ab, was mir sagt, dass er sie so schnell nicht wieder von meinem Kopf nehmen will. »Bitte Timéo, ich-«
»Beruhig dich doch, Amelia. Du wirst sie nicht kaputt machen. Sie ist sehr alt und in gutem Zustand«, spricht er beruhigend auf mich ein. Aber gerade deshalb, sollte sie nicht auf meinem Kopf sitzen. Um Gottes willen.
Timéos Hände finden schließlich an meine Wangen. Vorsichtig hält er mein Gesicht in seinen Händen, ein schiefes Lächeln schmückt seine Lippen. »Als wäre sie für dich gemacht«, murmelt er nachdenklich. Er wirkt in sich gekehrt, als würde er seinen eigenen Gedanken nachgehen. »Bitte«, wispere ich erneut. Wieso versteht er es nicht?
»Über vierhundert Diamanten und feinstes Weißgold. Weißt du, wem die mal gehört hat?«, fragt er mit rauer Stimme. Er wirkt so ruhig und gelassen, dass ich meine Schultern unterbewusst langsam absinken lasse. Seine ruhige Art, geht auf mich über, obwohl sie das nicht sollte. Ich habe schreckliche Angst, dass dieses fragile Stück Geschichte auf meinem Kopf, bricht.
»Ja«, hauche ich atemlos. Ich habe sie einmal in echt gesehen, da hat Queen Elizabeth sie getragen.
»Zarin Alexandra von Russland bekam sie zu ihrem 25. Hochzeitstag geschenkt. Bei der Revolution wurde sie aus dem Land bis nach England geschmuggelt, wo sie in die Hände der britischen Monarchen überging«, erzählt er und steckt mir eine Haarsträhne hinter dem Ohr fest. Das grün in seinen Augen sprudelt mir nur so entgegen wie ein tropischer Regenwald. So sattgrün wie der Amazonas.
»Wieso hast du sie?«
»Wie gesagt, gekauft.«
»Aber woher?« Sie befand sich in den Händen der britischen Königsfamilie. Wie kommt jemand wie er, an solch ein Stück? Diese Frage beantwortet er mich. Stattdessen betrachtet er mich weiter, als wäre ich eines seiner kostbaren Museumsstücke. Ich verstehe ihn nicht, wünschte ich könnte in seinen Kopf schauen, um wirklich zu erfahren, was in ihm vorgeht.
Er küsst mich. Vorsichtig und so unglaublich sanft, dass ich mich für einen Moment in dem süßen Geschmack seiner Zuneigung verliere. Mein Herz schlägt flatternd auf, und ich kann es nicht stoppen. Niemals.

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