Das gekaperte Herz (ONC 2024)

By Bobby_Andrews

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|ABENTEUER| Hannah Morgan ist clever, furchtlos und die wahrscheinlich jüngste Piratenkapitänin mit einem eig... More

Was hier entsteht
Widmung
Prolog
1 | Mahaifa - Zuflucht der Free
3 | Doppelter Verrat auf der Sturmwind
4 | Aarochelle - Insel der Vesthalien
5 | Celestiale Couture
6 | Der erste Hinweis
7 | Aufbruch
8 | Grünwald
9 | Im Dschungel
10 | Der geheime Tempel
11 | In der Bucht
12 | Serenity Bay
13 | Ein Sturm zieht auf
14 | Kampf der Titanen
15 | Der Bienenkönig
16 | Die wandelnde Insel
17 | Der Schatz
Epilog
Nachwort

2 | An Board der Wavedancer

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By Bobby_Andrews

»Jetzt lass mal nicht den Klüver hängen! Wir finden schon eine Lösung!« Diyanne hatte sofort gespürt, dass Hannah mit ihrem Vorhaben, eine Einigung zu erzielen, gescheitert war. Sie war mit schweren Schritten und leeren Händen in die Kabine zurückgekehrt und hatte ihrem Frust freien Lauf gelassen.

»Arrgh«, schimpfte sie nun, »dieser Taugenichts und seine Leute sitzen grölend in der Taverna und stürzen Grog und Bier, statt sich auf die anstehende Fahrt vorzubereiten.«

»Lass ihnen doch das bisschen Spaß vor der langen Reise«, meinte Diyanne nun besänftigend und legte eine Hand auf die Schulter der Kapitänin. »Morgen versuchen wir es erneut. Vielleicht rede ich mal mit Ronan. Er hat einen guten Einfluss auf Darrel«, schlug sie vor. Doch in Hannahs Augen sah die Rothaarige es bereits aufblitzen, wie immer, wenn sie einen neuen Gedanken hatte.

»Ich habe eine Idee!«, flüsterte sie sogleich. »Während Darrel und seine Meute sich einen hinter die Augenklappe kippen, gehst du los und versuchst herauszufinden, wo die Karte ist und was sie zeigt!«

Diyanne seufzte. »Ist das nicht schummeln, wenn ich die beiden hintergehe? Immerhin wollten wir das doch eigentlich zusammen...«
»Eben«, unterbrach Hannah. »Eigentlich! Nun hab dich nicht so! Für dich ist es doch ein Leichtes, in der Nacht in das Wirtshaus oder auf das Schiff zu kommen.«

»Und wenn er die Karte bei sich trägt?« Hannah wurde langsam ungeduldig. Wenn es nach ihr ginge, würde sie lieber heute als morgen in See stechen.

»Wir müssen es wenigstens versuchen!«, argumentierte sie hartnäckig. Diyanne wollte gerade etwas erwidern, als etwas anderes plötzlich ihre Aufmerksamkeit erregte.

»Was will der denn hier?« Hannah stöhnte, während Diyanne ihre Chance auf Spionage nun doch gekommen sah.
»Wenn Darrel auf dem Weg hierher ist, kann ich mich vielleicht doch mal auf seinem Schiff umsehen«, überlegte sie laut.

»Dann aber jetzt im Schweinsgalopp«, lachte Hannah und öffnete das zur Meerseite gelegene Fenster. »Guten Flug, meine Liebe«, grinste sie und beobachtete wie immer fasziniert, wie ihre Freundin sich leicht verbeugte, ihre Arme um den Körper legte und sich dann auf dem Boden zusammenkrümmte. Ihre rote, unbändige Mähne legte sich über ihren Körper und verwandelte sich vor Hannahs Augen in ein prächtiges Federkleid.

Als das Geschöpf aufsah und die großen Flügel ausbreitete, nickte Hannah und der Vogel erhob sich erst auf den Sims und stürzte sich dann in den Abgrund. Sekunden später breitete die Wandlerin majestätisch ihre Flügel aus und erhob sich gegen die untergehende Sonne in den Himmel. Zufrieden schloss Hannah das Fenster und machte sich auf den Weg an Deck, um ihren Besuch angemessen zu begrüßen.

Darrel hätte lieber noch eine Weile im Wirtshaus gesessen und mit seinen Kameraden die kleine Auszeit genossen, doch die Idee, die ihm beim Anblick des kleinen Wirbelsturms gekommen war, duldete keinen Aufschub. Also hatte er sich zusammengerauft, seine Zeche mit ein paar Kupfermünzen bezahlt und sich auf den Weg zum Hafen gemacht. Die Sonne stand bereits am Horizont und malte ein Farbenspiel aus Rot, Orange und Blautönen an den Himmel, als er das Tor der Stadt durchschritt und seine Stiefel auf den staubigen Sandweg zum nächsten Fischerdorf setzte.

Schon aus der Ferne war Hannahs Schiff, die Wavedancer, leicht zu erkennen. Zwei hohe Masten erhoben sich stolz gegen die Abendsonne und Darrel konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass dieses Schiff gut zu seiner Besitzerin passte. Er kannte die Abenteuergruppe noch nicht sehr gut, um nicht zu sagen, erst kurz, weshalb er noch nicht alle Facetten seiner neuen Verbündeten kennengelernt hatte. Und doch schien ihm dieses Urteil gerechtfertigt.

Es war erst vor ein paar Wochen gewesen, als Ronan, den er flüchtig vom Kartenspielen kannte, ihn in einer Kneipe in seiner Heimatstadt Durham angesprochen und gefragt hatte, ob er bei einem Abenteuer dabei sein wolle. Als ehemaliger Dieb und Schiffseigner wäre er eine gute Ergänzung zu der klugen und forschen Hannah, dem starken Ronan und der wandelbaren Diyanne, hatte Ronan gemeint. Tatsächlich hätte alles sehr gut zusammenpassen können. Wäre da nicht dieses Ungleichgewicht zwischen ihm und der "Sturmgeborenen" gewesen, wie sie sich selbst gern bezeichnete. Von der ersten Sekunde an hatte er eine Spannung zwischen ihnen gespürt, die sich nach ihrem ersten Abenteuer nur verstärkt hatte. Und auch wenn es sein Fehler gewesen war, dass sie gescheitert waren, so verstand er nicht, dass sie ihm noch nicht verziehen hatte. Er hatte wirklich versucht, nett zu ihr zu sein. Aber sie waren sich wahrscheinlich zu ähnlich: »Zwei Starrköpfe vor den Göttern«, würde Diyanne sagen. Vermutlich hatte sie recht.

Darrel hatte den Hafen fast erreicht und gönnte sich einen kurzen Blick auf das atemberaubende Spektakel am Himmel. Paradiesische Vögel zogen am Horizont vorbei und bildeten im Flug vor der Sonne einen dunklen Kontrast zum farbigen Hintergrund. Ein warmer Windhauch wehte vom Wasser herüber und trug den Geruch von Salz und Seegras mit sich. Darrel schloss kurz die Augen und genoss die letzten Sonnenstrahlen auf seinem mit Sommersprossen bedeckten Gesicht. Für einen winzigen Augenblick genoss er es, einfach nur frei zu sein.

»Welche Schurkerei hat dich denn hierhergeführt? Oder arbeitest du an deinem Teint?« Ein helles, mit leichtem Spott gefülltes Lachen drang vom Schiff zu ihm herüber, und als er aufblickte, erspähte er Kapitänin Hannah, die an der Reling lehnte und ihn anlachte. Ihre braunen Locken wehten in der leichten Brise und umspielten ihre feinen Gesichtszüge. Wenn man sie nicht kannte, könnte man allein von der Optik her dem Schein erliegen, dass dieses junge Ding nur ein nettes Mädchen war. Doch ihre fehlende Körpergröße machte Miss Morgan durch knallharte Verhandlungskünste und einer Extraportion Stolz wett. Einmal hatte Darrel den Fehler begangen, ihre Stärke zu unterschätzen. Doch dieses Mal würde er gewiss auf Nummer sicher gehen

»Ich komme in Frieden, holde Maid«, spottete er und bemerkte mit Genugtuung das gefährliche Funkeln in den blauen Augen.

»Ein brüchiger Friede, wenn du mir ein ähnlich freches Angebot machen willst, wie in der Taverna«, rief Hannah zu ihm hinunter. »Aber komm ruhig auf einen Tee und ein paar Kekse herauf. Dann kannst du weiter in der Sonne bräunen und deine absurden Ideen mit mir teilen. Ich bin nicht nachtragend!«, grinste sie und wies dann den wachhabenden Matrosen an, Darrel auf das Schiff zu lassen.

Darrel gefiel die plötzliche gute Laune der Kapitänin überhaupt nicht. Er hatte fest damit gerechnet, eine wütende Frau vor sich zu haben, doch Hannah begrüßte ihn ohne Zorn in der Stimme. »Willkommen auf einem echten Piratenschiff«, grinste sie und bot Darrel einen Platz neben ihr an der Reling an. Lässig lehnte er sich vor und genoss die Aussicht auf die, in der Abendsonne golden leuchtende, Stadt.

»Es war vorhin vielleicht etwas zu voreilig, dein gut gemeintes Angebot abzulehnen«, sagte er betont reumütig. Neben ihm schnaubte Hannah amüsiert auf, doch er verbiss sich einen Kommentar über ihre Überheblichkeit und hielt an seinem Plan fest. »Ich möchte dir einen neuen Deal anbieten und würde vorschlagen, dass wir uns morgen Mittag zu viert in der Stadt treffen, um eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten.« Das Schweigen neben sich deutete er als indirekte Zustimmung. »Ich bin nicht so eine uneinsichtige Sprotte, für die du mich vielleicht hältst«, untermauerte er seine Worte. »Ich möchte auch nur das Beste für unsere Gruppe.« Hannahs schnapphafter Atmung nach zu urteilen, hätte er dies lieber nicht sagen sollen. »Wie auch immer das Beste aussieht«, korrigierte er schnell.

»Warum erst morgen Mittag?«, fragte Hannah nach. Darrel hatte fast mit dieser Frage gerechnet.

»Meine Mannschaft braucht eine kurze Auszeit und will sich heute Abend noch ein wenig vergnügen, wenn ihr wisst, was ich meine«, zwinkerte er unverhohlen.

»Ich verstehe schon, was ihr Lustmolche unter Amüsement versteht«, antwortete sie spöttisch. »Ich bin vielleicht jung, aber kein kleines Mädchen mehr!«

»Dann ist es beschlossen. Morgen Mittag im Gasthaus. Ich lade euch ein«, schmunzelte er. Er drehte sich zu der Brünetten um und hielt ihr seine Hand hin. Die kleinere Frau zog eine Augenbraue nach oben, zögerte kurz und reichte ihm dann ihre Hand. »Abgemacht«, schmunzelte sie. Und obwohl Darrel seinem Ziel so schnell so nahegekommen war, traute er sich kaum zu hoffen, dass Hannah dem Deal soeben zugestimmt hatte. Für einen Moment schaute er ihr in die blauen Augen, die sich kaum von dem Blau des beginnenden Nachthimmels unterschieden, der bereits begann, über ihnen hineinzubrechen.

»Was ist?«, fragte sie und er entdeckte ein beinahe niedliches Grübchen in ihrem Gesicht. »Traust du dem Wort eines Piraten nicht?«

»Natürlich traue ich dir!« Nicht. Aber das musste er ihr ja nicht sagen. »Gute Nacht, holde Maid«, sagte er und wollte ihre Hand küssen. Doch sie entzog sie ihm.
»Wer weiß, wo dein Mund heute schon war«, sagte sie angewidert und er lächelte.
»Das wollt ihr gar nicht wissen«, feixte er.

»Gute Nacht, Landratte«, verabschiedete sie ihn und wies ihm den Weg von Bord. Zufrieden, dass er sein Ziel, sie bis morgen Mittag hier festzuhalten, erreicht hatte, ging er zurück in die Stadt. Er musste Ronan finden und ihm sagen, dass sie sofort das Schiff klarmachen mussten. Sie würden noch heute Nacht aufbrechen!

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