[Sci-Fi/Fantasy] Starfall - W...

By frowningMonday

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»Seine sieben Augenpaare waren auf sie gerichtet und alle vierzehn der menschlichen Pupillen nahmen sie ins V... More

- Vorwort -
- Prolog -
- I. -
- Kapitel 1: Neun Schuss -
- Kapitel 2: Trügerische Hoffnung -
- Kapitel 3: Falsche Jahreszeit -
- Kapitel 4: Vom Regen in die Traufe -
- Kapitel 5: Die Wahrheit bildet keine Derivate -
- Kapitel 6: Feind deines Feindes -
- Kapitel 7: Drinnen ist Draußen -
- II. -
-Kapitel 8: Die Unschuld stirbt als Erstes -
- Kapitel 9: Eine Lektion im Gemüseschälen -
- Kapitel 10: Wiegenlied -
- Kapitel 11: Wo man singt, da lass dich nieder -
- Kapitel 12: Katzenlord -
- Kapitel 13: Dein Gott heißt Joska
- Kapitel 14: Startschuss -
- III -
- Kapitel 16: Weil es Sinn macht; sinnbefreit -
- Kapitel 17: Engelsduft -
- Kapitel 18: Katzengold im Himmel -
- Kapitel 19: Verbotene Erinnerungen -
- Kapitel 20: In Sicherheit -
- Kapitel 21: Das Ende einer Ära -
- Kapitel 22: Hölle auf Erden -
- Kapitel 23: Makellos -
- Kapitel 24: Was im Muttergestein schlummert -
- IV. -
- Kapitel 25: Luna-Major -
- Kapitel 26: Gefallener Stern -
- Kapitel 27: Ironie des Sternenhimmels -
- Kapitel 28: Mondbetriebenes Solarkraftwerk -
- Kapitel 29: Verhandlungsmaterial -
- Kapitel 30: Die Krücken der Varai -
- Kapitel 31: Wunderhände und Traumtypen -
- Kapitel 32: Der Mond, der Tod und die Engel -
- Kapitel 33: Izabela, Joska und der Weltuntergang -
- Kapitel 34: Berg, Ade -
- Kapitel 35: Hallo, Schatz -
- Kapitel 36: Der erste von zwei Splittern -

- Kapitel 15: Gestrandet -

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By frowningMonday

Asavis Augenbrauen schossen in die Höhe. Sie senkte das Fernglas und folgte dem leuchtenden Schweif des Signalfeuers mit dem Blick in den kristallblauen Himmel. Das Geschoss beschrieb einen weiten, trägen Bogen, nachdem es seinen Zenit erreicht hatte, und sank funkelnd langsam auf die Erde hinab.

Asavi blickte zurück auf die Wiese, aber Zar war verschwunden.

»Dieser scheiß Verräter«, knurrte Csaba und spähte durch seinen Feldstecher zum Horizont. Die flimmernde Luftschicht über dem Wald ließ nicht zu, dass Asavi erkannte, was er meinte, doch das dumpfe Schnaufen von Helikopterrotorblättern drang unheilvoll über die Wiese.

Csaba hängte sich den Feldstecher um den Hals und packte Asavis Hand. »Ich hätte ihn eigenhändig erschießen sollen.«

»Zar?«, fragte Asavi irritiert und leicht beunruhigt. Csaba drehte ihr Handgelenk gewaltsam um und schloss die Handschelle auf. »Wieso? Was sollte das? Was-«

Csaba löste auch die Kette von seinem Arm und stieß Asavi dann ohne Worte der Erklärung die steile Treppe aus dem Wachturm hinunter zum Transporttruck. Er öffnete den Kofferraum und deutete hinein. »Einsteigen.«

Asavi drehte sich unruhig nach Csaba um, der zur Vorderseite ging und den beiden Soldatinnen ebenfalls Befehle erteilte. »Helene, Beifahrersitz. Jazmin, Kofferraum. NH-90 der Varai Richtung Norden.«

Die beiden gehorchten ohne Widerworte und Jazmin kletterte zu Asavi in den geräumigen Transporter. »Was passiert jetzt?«, fragte Asavi immer noch nervös und verwirrt, aber Jazmin zog nur die Türen zu und schob den Riegel von innen zu.

»Setz dich hin«, forderte Jazmin und ließ das Maschinengewehr von ihrer Schulter gleiten.

»W-«, fing Asavi an, doch da setzte sich der Transporter schon in Bewegung und Asavi wurde augenblicklich von den Beinen gerissen. Sie stieß mit dem Knie gegen eine harte, metallene Kante und zischte laut auf. Jazmin drückte sie auf die Bank hinunter und Asavi klammerte sich an das kalte Metall.

Durch den geschlossenen Kofferraum konnte Asavi das Gebrüll von den anderen Feldarbeitern hören und sie wünschte sich, es gäbe ein Fenster, damit sie zumindest erkennen konnte, was ein NH-90 war und wie sehr sie sich dahingehend fürchten musste.

Jazmins Gesicht war zumindest in der schummrigen Dunkelheit angemessen bleich, also war es definitiv nichts, was Csaba auf die leichte Schulter nahm. Asavi dachte an das dumpfe Schnaufen über dem Horizont und Zars siegessicheres Grinsen. Die Leuchtpistole und seine Verbindung zu den Varai.

»Oh«, entkam es ihr. Sie nahmen eine scharfe Rechtskurve und Asavi wurde durch das waghalsige Manöver beinahe von der Bank geschleudert.

Sie hörten den lauten Knall eines Raketenwerfers und danach das gedämpfte Zischen des Sprengkörpers, der durch die Luft segelte. Asavi biss die Zähne zusammen und zog den Kopf ein, als die Rakete mit etwas kollidierte und eine heftige Explosion durch die Stahlwand des Transporters drang.

Jazmin sog die Luft scharf durch die Zähne und sprach in ihr Funkgerät. »Meldung.«

Das Gerät gab ein knisterndes Piepen von sich und dann erklang Helenes Stimme. »Abwehrrakete unserseits. Helibesatzung ignoriert die Äcker. Folgen uns. T-4 zur Bodenunterstützung vor uns.«

Jazmin bestätigte durch das Funkgerät, dann war es unheimlich still.

»Was ist ein NH-90?«, fragte Asavi nach einigen Minuten. Ihr Herz hämmerte laut gegen ihre Rippen und sie war froh, dass Csaba sie in die kugelsichere Weste gepackt hatte.

Jazmin warf ihr einen Blick zu und Asavi, deren Augen sich langsam an die Dunkelheit gewöhnten, erkannte die Beunruhigung auf ihrem Gesicht, die sie allerdings gekonnt aus ihrer Stimme zwang. »Ein militärischer Transporthubschrauber. Die Varai haben lauter schickes Zeug. Einen davon in die Finger zu bekommen würde einen riesen Fortschritt für uns bedeuten.«

»Okay«, sagte Asavi und die Schweißperlen, die ihren Nacken benetzten, rannen ihr langsam den Rücken hinunter. »Was ist unser Plan?«

Jazmin ging dazu über, ihre Munition zu prüfen. »Keine Ahnung. Sie abhängen.«

Asavi blickte sich um und erkannte endlich, was um sie herum im Kofferraum verstaut war. An den Wänden waren Halterungen für mehrere Langfeuerwaffen angeschraubt, die bestückt mit Schrotflinten und Maschinengewehren eher den Eindruck vermittelten, sie zögen in den offenen Krieg.

Auf den Paketfächern über ihren Köpfen waren Taschen, Ausrüstung und Erste Hilfe Material verschnürt, von dem Asavi das miese Gefühl bekam, dass sie es bald mehr als nur dringen bräuchten.

Ein statisches Knistern fuhr durch den engen Wagen und Asavi zuckte zusammen.

»Engel auf sieben Uhr«, sagte Helene auf der anderen Seite des Funkgeräts. »Folgt uns, ignoriert die Farm.«

Jazmin drückte einen Knopf an ihrem Funkgerät, es piepte, dann verstummte das Rauschen. »Verstanden.«

»Mach dich bereit.«

»Verstanden«, antwortete Jazmin erneut. »Shit«, fluchte sie in die stille Zweisamkeit und rieb sich über die Stirn. Ihre blonden Haare waren zu einem festen Zopf geflochten, doch einige lange Strähnen waren diesem entkommen und klebten ihr an der schweißfeuchten Stirn.

»Shit?«, wiederholte Asavi und blickte sich hektisch um. »Was geht da draußen vor?«

Jazmin achtete nicht auf ihre Frage und entsicherte ihr Sturmgewehr. »Halt dich gut fest, wir haben keine Sicherheitsgurte.«

»Aha«, brachte Asavi mit trockenem Mund hervor.

»Ich werde den Kofferraum öffnen müssen, es könnte daher ein wenig laut werden. Und holprig.«

»Okay«, nickte Asavi, deren Magen sich bereits jetzt umdrehte. Sie packte das kalte Metallgestell neben ihrem Kopf und klammerte sich mit zittrigen Fingern daran.

Wieder knisterte das Funkgerät und Helene meldete sich. »Er schließt auf. Wir fahren eine Kurve, um bessere Schussbahn zu haben. Dazu müssen wir aber die Straße Richtung drei Uhr verlassen. Nächste mögliche Abfahrt, siebenhundert Meter. Heli nach wie vor hinter uns.«

»Verstanden. Warte auf Zeichen.«

Asavi gefiel diese Idee nicht. »Können wir nicht einfach schneller fahren als der Engel?«

Jazmin blieb eine Weile lang still. »Nein. Ja. Theoretisch«, gab sie schließlich eine Antwort auf Asavis Frage. »Aber nicht schneller als der Heli.«

Sie warteten in der dröhnenden Stille, bis das Funkgerät weitere Anweisungen ausspuckte, doch niemand meldete sich. Stattdessen erklang das gedämpfte Rattern von Schüssen.

»Helene?«, bellte Jazmin in ihr Funkgerät. »Helene, was geht da vor?«

Das statische Knistern ertönte wenig später und Helenes abgehackte Stimme antwortete. »Ein Zweiter kam aus dem Nichts. Rechte Flanke, T-4 schießt.«

Dann war es wieder unheimlich still im Inneren des Kofferraums. Das Geballere ging draußen weiter, dann knackte das Funkgerät und dieses Mal war es Csaba, der sich meldete.

»Jaz! Mach den verdammten Wagen auf und schieß! Er ist direkt hinter uns!« Csabas Stimme brach über das knisternde Funkgerät und Asavi starrte entsetzt zu Jazmin.

»Csaba?«, rief diese zurück, doch ehe er antworten konnte, kollidierte etwas unglaublich Schweres mit dem Transporter. Asavi wurde nach vorne geworfen und renkte sich beinahe das Handgelenk aus bei dem Versuch, nicht auf die gegenüberliegende Wand des Kofferraums geschleudert zu werden.

»Shit«, fluchte Jazmin, die durch die Kollision ebenfalls zur Seite geworfen worden war, und stemmte sich sogleich von der Wand ab.

Ihr Wagen wurde erneut getroffen und dieses Mal geriet er ernsthaft ins Schlingern. Jazmin packte ihr Sturmgewehr fester und deutete hinter Asavi an die Wand voller Schrotflinten. »Wenn ich die Türen öffne, knall ihn ab.«

»Bitte?!«, entkam es Asavi mit hysterischer Stimme und sie blinzelte zu den Schusswaffen.

Ein dumpfes Knirschen zog sich durch die Karosserie und jagte Asavi das Herz bis in den Hals. Jazmin richtete sich mit einem Stolpern auf und packte den Riegel der Flügeltüren. Sie wartete nicht einmal darauf, dass Asavi das OK gab, sondern öffnete ihn und trat die Türen heftig auf.

Gleißendes Sonnenlicht strömte ins Innere des Transporters und blendete Asavi für einige Augenblicke. Jazmin drückte ab und das laute Knattern ihrer Waffe übertönte das schrille Kreischen des Engels für einige grauenvolle Momente.

Die gigantische Silhouette klammerte sich an die Rückseite des Transporters und verdeckte zur Hälfte die Sonne. Jazmins Kugeln schlugen in die Seite des Engels, das dunkle, saure Blut spritzte in den Wagen und besprenkelte Asavis Gesicht.

»Raketenwerfer!«, drang es durch Jazmins Funkgerät, doch dass dies eine Warnung und kein Befehl war, erfuhren sie kurz darauf am eigenen Leib.

Eine laute Explosion zerriss die Luft um den Wagen und Asavi wurde grob nach hinten geschleudert, bis sie gegen das Waffenregal schlug und sich den Hinterkopf stieß. Vielleicht segelte der Transporter für einige Augenblicke durch die Luft, oder Asavis Empfinden hatte gänzlich ausgesetzt, denn es fühlte sich für grauenvolle Sekunden so an, als befänden sie sich im freien Fall.

Die Wagentüren schlugen zu und sprangen wieder auf, sodass heiße Luft und ebenso heiße Erdbrocken ins Innere des Transporters sprühten. Asavi hielt sich die Unterarme vors Gesicht und keuchte auf, als Jazmin benommen neben den Türen auf die Sitzbank sank.

Asavi stemmte sich auf wackligen Knien in eine aufrechte Position, der Rauch verzog sich und gab den Blick auf die Straße hinter ihnen frei. Csaba dachte nicht daran, anzuhalten, denn sie entfernten sich holpernd vom Explosionskrater und der Engel preschte mit weiten, kräftigen Schritten unbekümmert hinter ihnen her.

Seine sieben blassblauen Augenpaare waren weit geöffnet und aus dem breiten Maul erklang erneut ein animalischer Laut, der sich mit dem Stampfen seiner Beine und dem Singen seiner Splitterflügel vermischte. Als bliese man über die Öffnungen von Glasflaschen. Unter anderen Umständen hätte Asavi diese Töne wertgeschätzt. Doch als der Engel seine muskulösen Arme ausstreckte und diese in das Metall der Karosserie grub, als bestünde es aus Pudding, erwachte sie aus ihrer Schockstarre.

Jazmin war immer noch benommen, dennoch richtete sie ihre Waffe auf das Monster und schoss ihm direkt in die Brust. Der Engel kreischte guttural und ließ den Transporter kurzzeitig los, doch nur, um seine Position zu ändern und mit einem mächtigen Satz direkt auf die Stoßstange zu springen und sich in den Kofferraum zu katapultieren. Die Rückseite des Wagens wurde, begleitet von kreischendem Metall, gegen den Asphalt gepresst und helle Funken sprühten auf.

Asavi schrie. Jazmin schrie ebenfalls, als sie sämtliche Patronen in den Körper des Engels entlud. Er kniff seine Augen zusammen, hob die Hand, um sich mit seinen langen, krallenbewehrten Fingern zu schützen, und riss sein Maul weit auf. Jazmins Magazin verriet mit einem scharfen Klicken, dass es leer war, und der Engel kicherte guttural.

Er schnappte mit seinen schiefen, langen Zähnen nach Jazmins Kopf, doch sie reagierte und hob die ausgediente Waffe mit einem Schrei an, sodass die Kiefer des Engels vom heißen Metall aufgehalten wurden. Er biss jedoch fest zu, warf seinen Kopf nach hinten, riss das Sturmgewehr aus Jazmins Griff und brach die Waffe mit einem Knirschen seiner Kiefer mitten in zwei.

Asavi wurde hin und her geworfen, als der Transporter durch die katastrophale Gewichtsverlagerung von der Straße abkam und über holprige Brachwiesen bretterte. Sie griff blind nach dem Waffengerüst und riss eine der vorderschaftrepetierenden Schrotflinten herunter, betend, dass sie geladen war. Zielen fiel ihr trotz Vertrautheit dieser simplen Waffe schwer, als sie keinen festen Stand fand. Doch dann wiederum war es nicht so wichtig, zu zielen, denn der Engel blockierte die gesamte Rückseite des Transporters.

Asavi legte an und schoss, zog den Kolben zurück, schoss noch einmal. Das Knallen der Munition war so laut, dass sich ihr Gesicht verkrampfte, in dem Wunsch wenigstens Ohrstöpsel zu haben. Das Blut des Engels spritzte an die Innenseite des Transporters, Hautfetzen wurden von der Streumunition aus seinem Körper gerissen und er kniff seine Augen fest zusammen. Mit einem schrillen Kreischen hielt er seinen Arm erneut vor das Gesicht, was Jazmin Zeit verschaffte, zurückzuweichen.

Der dritte Schuss ging direkt in das Gesicht des Engels und die Bestie verlor endlich ihren Halt. Warum hatte es bei Zar so einfach ausgesehen? Neun Schuss waren lächerlich im Vergleich zu einem gesamten Magazin Hochgeschwindigkeitsgeschossen.

Für einen Moment glaubte sich Asavi siegreich, doch keine Sekunde später zerriss eine weitere Detonation all ihre Sinne und dieses Mal flog der Transporter.

Er überschlug sich, loses Gepäck wirbelte Asavi um die Ohren, schlug ihr gegen die Arme und die Beine. Wenigstens schützte sie die kugelsichere Weste davor mitten durchs Herz aufgespießt zu werden. Der Wagen kam zischend zum Stehen und Asavi schaufelte sich unter den heruntergestürzten Waffen hervor, verschwendete keinen Gedanken daran, was sie außerhalb des Gefährts erwarten könnte, und kroch keuchend auf das Licht zu.

Über ihnen hörte sie nun deutlich das rhythmische Trommeln des Kampfhubschraubers, der über ihre Unfallstelle hinweg schoss, um eine Kurve zu fliegen und sie erneut ins Visier zu nehmen. Vor ihr schleppte sich gerade Jazmin aus dem Kofferraum und stürzte in die brusthohe Wiese. Kurz darauf erschien Csaba und packte Jazmin am Oberarm, um sie auf die Beine zu ziehen. Er inspizierte sie rasch und kategorisch auf Verletzungen, doch Jazmin schob seine Hand von ihrem Arm und schüttelte den Kopf.

»Mir fehlt nichts.«

Csaba ließ sie stehen und wandte sich Asavi zu, die schwer keuchend gegen die verbeulte und halb aus den Angeln gerissene Türe sackte. »Keine Ahnung, ob mir was fehlt«, schnaufte sie und richtete ihren Blick in den Himmel. Die Sonne ging langsam unter und der Schatten des angrenzenden Waldes tauchte sie allesamt in einbrechendes Zwielicht. »Ich wills auch gar nicht wissen.«

Csaba untersuchte sie dennoch grob auf Verletzungen und Asavi war nicht geistesgegenwärtig genug, um sich daran zu stören, dass er ihre Beine und ihren Kopf akribisch abtastete.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Jazmin und zückte die Pistole aus ihrem Oberschenkelholster.

»Wir hauen ab«, gab Csaba zur Antwort und das war der Moment, indem Asavi ihren Blick ruckartig das erste Mal auf sein Gesicht richtete.

»Abhauen?«, lachte sie schrill. »Wohin? Der Hubschrauber kommt doch gleich zurück und zerschießt uns!«

Csaba kniff die Lippen zusammen und fuhr sich durch die Haare. Sein Unterarm blutete und auch die Haut über seinen Knöcheln war aufgeplatzt. »Es wird dunkel. Sie müssten auf den Boden aufsetzen und Suchtrupps losschicken, wenn sie uns im Wald aufspüren wollen. Das wird kein Spaß für sie.«

Asavi blickte sich um und betrachtete die breite Schneise, die ihr Transporter in die Brachwiese gerissen hatte. Erde war an beiden Seiten aufgeschaufelt worden und bestimmt von jedem zu erkennen, der die Straße entlang fuhr. »Sie werden uns so oder so finden. Wenn es der Engel nicht tut«, warf sie ein und Jazmin deutete zustimmend auf sie.

»Wir sollten zur Stadt zurück.«

»Nein«, schlug Csaba aus und ging zur Fahrerkabine. »Jaz, pack Helenes Füße.«

Asavi folgte den beiden, ließ den Himmel aber nicht aus den Augen. Helene hatte es übel erwischt, ihr Kopf blutete stark und sie war nicht bei Bewusstsein. Sie suchte sich hektisch einen Weg zurück in den Kofferraum und wühlte in dem Durcheinander nach einem der Verbandskasten, die sie gesehen hatte. Nicht gewillt unbewaffnet in den dunklen Wald zu gehen, packte sie eine der Pistolen und schob sie sich unter das Hemd in den Hosenbund.

»Asavi«, ertönte Csabas harte, klare Stimme, die immer noch vollkommen professionell und unberührt klang, als hätte er nicht soeben ein Auto und die Hälfte seiner Insassen komplett oder teilweise geschrottet.

»Hier«, sagte sie rasch und stolperte auf weichen Knien zurück zu ihm, den Verbandskasten hochhaltend.

Csaba nickte ihr zu und nahm Helene auf seinen Rücken. Das wütende Geräusch der Rotorblätter kündigte die Rückkehr des Kampfhubschraubers an und sie beeilten sich, in der einbrechenden Dunkelheit in den Schutz des Waldes zu gelangen. Sie kämpften sich so leise wie möglich durch den Weißdorn und die Haselbüsche, die den Waldrand beinahe unpassierbar machten, während der Hubschrauber zwei weitere Runden über der Wiese drehte. Es war daher nicht verwunderlich, dass sie den hochgeschossenen Schemen, der zwischen den Stämmen halb verdeckt von Hainbuchenblättern mit erhobener Pistole auf sie wartete, nicht entdeckten.

»Stehen bleiben, oder ich schieße.«

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