Woe is me, my love

By FeyGalaxy

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Das nächste Semester in Nevermore steht an. In der Zwischenzeit war kein Tag vergangen, an dem Wednesday nich... More

Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30

Kapitel 23

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By FeyGalaxy

Bereits vor der Statue von Edgar Allan Poe konnte man das Gelächter hören. Wednesday und Enid tauschten nervös Blicke aus. „Kann losgehen!“, sagte Enid schließlich motiviert und sie schnipste zweimal. Die Unterhaltungen verstummten für einen Moment, als die beiden Freundinnen die Treppe hinunterliefen. 

Am Ende der Stufen saßen Bianca und Yoko. Überall waren kleine Grüppchen verteilt. Die Nachtschatten hatten Zuwachs bekommen. Nach allem, was vergangenes Jahr passiert war, war das nur eine Frage der Zeit gewesen. Kent und Eugene, das neueste Mitglied der Nachtschatten, unterhielten sich in der Mitte der Bibliothek. Sie saßen auf Campingstühlen, mit Dosenbier in der Hand und fummelten an einer Lautsprecherbox herum. Als Wednesday sie von oben bis unten musterte, kniff sie ihre Augen zusammen: „Das ist ja wirklich elitär.“

Enid konnte nur darüber lachen. Sie zog Wednesday hinter sich durch den Raum. „So wie es aussieht, sind sie noch nicht hier… Ajax und Xavier.“, stellte sie fest. Alle zuckten zusammen, als laute Musik mit einem Schlag aus dem Lautsprecher dröhnte. Eugene war sofort aufgesprungen und hatte die Lautstärke wieder runtergedreht. Als Zeichen für eine Entschuldigung hob er nur kurz die Arme, grinste und ließ sich dann wieder auf seinen Stuhl fallen. 

„Bier oder lieber Prosecco?“, Enids Frage war nur ein Hauch in ihren Ohren, war sie doch ganz in ihren Gedanken versunken, die sich nur um Xavier drehten. „Was? Was hast du gesagt?“ „Ich habe gefragt, was du trinken willst?“, wiederholte sie ihre Frage. Wednesday ließ ihren Blick schweifen und entdeckte neben Kent auf dem Boden eine Flasche Whiskey. Sie zeigte darauf: „Das!“ „Du trinkst Whiskey?“, Enid war schockiert.

Wednesday ging geradewegs zu ihm, Enid folgte ihr. „Mein Vater liebt Whiskey. Für eine Flasche „Angels Envy“ oder „Wild Turkey“ würde er töten. Er sagte immer „Man muss dem Leben immer einen Whiskey voraus sein“. Ich bin damit aufgewachsen. Pugsley und ich haben oft ein Glas vor dem Schlafengehen getrunken.“ Enid verzog das Gesicht. Wednesday sprach weiter: „Es macht die Alpträume interessanter.“ „Okay, wenn du meinst.“ Enid griff nach der Flasche und schenkte ihrer Mitbewohnerin einen Becher ein. 

Wednesday nahm einen Schluck. Der herbe und leicht bittere Geschmack machte ihr gar nichts aus, fühlte es sich doch an wie Zuhause. Also nahm sie die Flasche direkt in ihre andere Hand. „Hast du schon eine Idee, was du ihm sagen wirst?“, Enid schien voller Vorfreude.

Erst jetzt fiel Wednesday wieder ein, dass sie vor wenigen Minuten noch voller Tatendrang in ihrem Zimmer aufgebrochen war, mit der Absicht, sich bei Xavier zu entschuldigen. Sie stotterte vor Aufregung: „Ich… ich weiß nicht. Ich denke, ich lass das mal auf mich zukommen. Ich gehe lesen … in der Zwischenzeit.“ Enid schien enttäuscht und als Wednesday ihren Blick sah, ergänzte sie: „Du hast gesagt, ich kann lesen!“ „Okay, okay… ich unterhalte mich mit den anderen. Geh schon!“, ergab sie sich und stellte sich zu Eugene und Kent, während sich Wednesday mit einem Buch vor das Regal in der hintersten Ecke setzte. Abseits von allen anderen, die Flasche auf dem Boden direkt neben ihr. Den Becher, den sie unterwegs bereits ausgetrunken hatte, hatte sie einfach in die Ecke geworfen. 

Sie blätterte durch eines der lilafarben eingebundenen Bücher, überflog die Seiten, Worte und auch Zeichnungen. Bestimmt 20 Minuten hatte sie bereits so überbrücken können und immer wieder einen  Schluck getrunken. Es war nur eine Frage der Zeit, bis die Party ein jähes Ende finden würde. Der Whiskey in ihrem Körper und das Buch in ihrer Hand ermöglichten es ihr, sich beinahe wohl zu fühlen, wäre da nicht das laute Lachen der Anderen gewesen, die Musik oder Bianca.

Selbstbewusst setzte sie sich plötzlich neben sie auf den Boden. „Hey, störe ich?“, fragte sie vorsichtig. „Soll ich diese Frage wirklich beantworten?“, gab Wednesday ernst zurück. „Okaaay…“, Bianca dachte für einen Moment nach und sprach schließlich weiter, „Ich… ähm halte mich kurz.“ Sie räusperte sich: „Was ist los? Mit dir und Xavier?“ Wednesday schlug das Buch zu und griff nach der Flasche. „Was soll los sein?“, ihre glasigen Augen verrieten, dass sie ganz genau wusste, worauf Bianca hinauswollte. Sie trank einen weiteren, großen Schluck direkt aus der Flasche. „Ich weiß ja nicht, wie es dir geht. Aber Xavier…“, Biancas Miene verfinsterte sich,  „…er ist irgendwie nicht gut drauf. Irgendwie verzweifelt… ich meine verzweifelter als sonst.“ 

Wednesday ereilte die Panik, wollte es sich aber nicht anmerken lassen, doch ihr schauspielerisches Talent hatte sie bereits nach dem ersten Schluck verloren: „Wie kommst du darauf? Seid ihr wieder zusammen?“ Bianca lachte augenblicklich auf: „Oh Gott, nein… das ist absurd. Ich habe letztens kurz mit ihm gesprochen, das hat mir gereicht. Seine gequälte Seele ist nur was für Profis…“, Bianca sah Wednesday direkt in die Augen, „… und ich habe viel zu viel Freude am Leben, als das ich damit umgehen könnte. Aber… er ist schließlich mein Freund gewesen und ich kenne ihn ein wenig.“ Bianca schüttelte leicht den Kopf und sah hinab auf ihre Hände: „Ich mache mir Sorgen und außerdem frage ich dich, weil ich glaube, du könntest mehr darüber wissen.“ 

„Wir hatten einen Streit. Es war übel, es ist ein Wunder, dass wir das beide überlebt haben.“, Wednesday nahm einen weiteren Schluck, mittlerweile war die Flasche bereits zur Hälfte geleert. Ihre Miene verzog sich zu einem schiefen Grinsen, als sie weitersprach: „Ich konnte kein Wort mehr sagen. War vollkommen stumm und er… naja er war ziemlich gemein zu mir gewesen.“ 

Biancas Augen wurden immer größer, als sie feststellte, dass das vor ihr nicht mehr die Wednesday Addams war, die sie alle fürchten gelernt hatten. Langsam nahm sie ihr die Flasche aus der Hand. Wednesday bemerkte es nicht einmal, blickte ins Nichts und sprach einfach weiter: „Er ist so groß, immer wenn ich vor ihm stehe, fühlt es sich an, als wäre er auf einem Berg … hoch oben und ich komme einfach nicht an ihn heran. Weißt du, was ich meine?“ Bianca nickte nur, ihr Mund vor Erstaunen leicht geöffnet. Aus dem Lautsprecher hallte der Anfang einer Melodie, die Wednesday immer melancholischer stimmte. Bianca bemerkte ihre Reaktion auf das Lied und verriet ihr den Titel und Interpreten: „The Killing Moon von Echo & the Bunnyman. Schönes Lied.“ Wednesday nickte, ihre Augen glänzten: „Ich wollte mich heute bei ihm entschuldigen…“ 

Wednesday Addams war betrunken und Bianca wusste nicht, ob sie sich darüber amüsieren oder die anderen alarmieren sollte. „Vielleicht hole ich dir lieber ein Glas Wasser.“, Bianca wollte aufstehen, doch Wednesday packte ihren Arm und zog sie wieder zu sich. Sie hatte noch mehr zu sagen: „Nein schon gut…“, sie machte eine Pause, um tief Luft zu holen, so als ob sie vergessen hatte, zu atmen.

Wednesday sprach weiter: „Ich kenne niemanden, der so ist wie er… sein Humor ist mehr als akzeptabel, er ist talentiert, er ist schlau und er hat keine Angst vor mir… “, sie verstummte und blickte über den großen, runden Raum hin zur Treppe und sah, wie Xavier nahezu in Zeitlupe die Treppe hinunterlief, die Musik ließ ihn erscheinen wie ein Geist in der Nacht. Seine Augen riesig, erwartungsvoll und wunderschön.

Nun sprach sie nur noch mit sich selbst: „Und er trägt dieses Hemd…“. Bianca folgte ihrem Blick, weil sie es nicht verstanden hatte: „Was? Wer?“ Wednesday sprach weiter wie in Trance: „Er trägt dieses verdammte Hemd… einfach so… ohne Vorwarnung.“ Sie sprang augenblicklich auf. Der Alkohol ließ ihre Beine wanken, doch übel war ihr nicht. Er begrüßte Kent, Yoko und auch Eugene und kam dann schließlich direkt auf sie zu und Wednesday fühlte sich, als würde sie in Treibsand feststecken, starr und unbeweglich. 

Bianca stand nun ebenfalls auf, ging an Wednesday vorbei und schenkte Xavier ein Lächeln als Hinweis darauf, dass ihm Großes bevorstand. Die Flasche Whisky hatte sie vorsichtshalber mitgenommen. Als er Wednesday sah, wie sie mit roten Wangen und glasigen Augen vor ihm stand, war sein Kummer beinahe vergessen und Biancas Lächeln ergab mit einem Mal Sinn. 

Er musterte sie, den Raum und die anderen für einen Moment und bevor er etwas sagen konnte, plauderte sie bereits drauf los: „Hi. Die Party ist super. Ich empfehle dir den Whiskey.“ Sie sah sich kurz auf dem Boden um auf der Suche nach der Flasche. „Okay. Das ist interessant…“, seine Antwort wurde begleitet von einem breiten Lächeln, als er erkannte, dass Wednesday scheinbar betrunken war. Die lange Pause machte es beiden nicht einfacher, genauso wie die Tatsache, dass alle sie beobachteten. 

Doch Wednesday war nicht sie selbst: „Die Musik ist auch ganz gut… dieses Lied ist sehr eingängig. Die Melodie erinnert mich an eine Beerdigung, auf der ich einmal war, es war ein berauschendes Fest.“ Xaviers Mund stand offen, er wartete auf die Gelegenheit, etwas sagen zu können. Doch er kam nicht dazu.

„Ich denke, gute Musik ist das Wichtigste auf einer Party, genauso wie guter Alkohol und gute Gespräche…“, stellte sie fest. Ihre Augen blinzelten wie verrückt und sie kam einen Schritt auf ihn zu. Mit einem Mal flüsterte sie, ihr Blick huschte nur so über sein Gesicht: „Ich muss dir etwas sagen… ich habe deine Briefe…“ Xavier unterbrach sie. Er erkannte, was sie vorhatte und wurde augenblicklich nervös. Er wollte sie beschützen, war sie doch noch nie so redselig und offen gewesen: „Nicht hier… Wednesday.“

Sein Blick verzauberte sie und sie brauchte einen Moment, bis sie ihn verstanden hatte. Sie sah sich um und erkannte erst dann, dass alle sie anstarrten. „Ich verstehe… dann komm mit…“, sie nahm vollkommen selbstverständlich seine linke Hand in ihre Rechte und zog ihn hinter sich her. 

Sie lief mit ihm geradewegs an Enid und Ajax vorbei, die sich herzlichst begrüßten. „Wir gehen frische Luft schnappen.“, informierte sie ihre Mitbewohnerin. Xavier sah kurz zu Ajax, der nicht anders konnte, als breit zu grinsen. Sie liefen die Treppe hinauf. Ihre Hand war warm und dann spürte er, wie sie ihre Finger mit Seinen verschränkte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als ihm bewusst wurde, dass Wednesday in diesem Zustand wohl zu allem fähig war.

Sie ließen die Statue hinter sich und bogen unter den Balkonen nach rechts ab. Das Pentagon erstrahlte wunderbar silberweiß im Mondlicht. Dunkle Schatten hinter den Säulen ließen den Hof auf wundersame Weise gruselig erscheinen. Vor dem Wandgemälde mit den Raben, welches Xavier im vergangenen Jahr gemalt hatte, blieb sie schließlich stehen. Sie setzte sich in den Schatten, direkt an die Wand und zog ihn an der Hand zu sich. Er setzte sich neben sie, die Beine im Schneidersitz und ihre Hand noch immer fest mit Seiner verbunden. 

Er starrte auf ihre Finger und nutzte dann die Gelegenheit der Stille: „Du hast also meine Briefe gelesen?“ Nur der Gedanke daran schickte ihm tausend Stromschläge durch den Körper. „Nein.“, antworte sie etwas zu laut, zu enthusiastisch. „Nein?“, wiederholte er verwundert. „Ich habe sie nicht gelesen. Aber…“, ihre Pause ließ ihn aufhorchen. „Aber?“, er hakte nach. „Ich habe sie bewusst nicht gelesen, weil ich dir etwas beweisen wollte.“

Er verlor sich in jedem Detail ihres Gesichts, ihre Selbstsicherheit strahlte aus ihr heraus. Er schwieg, um weiter starren zu können als Beobachter und Zeuge eines wahren Wunders. „Ich möchte mich bei dir entschuldigen… und das wollte ich tun, ohne deine Briefe gelesen zu haben… denn ich hätte es viel eher tun sollen. Ich brauche deine Worte nicht, ich wollte nicht überzeugt werden, um dir zu zeigen, dass ich besser sein kann. Ich wollte mich bei dem Xavier entschuldigen, der mit mir im Krankenzimmer war… der so impulsiv gewesen war, dass ich nicht sprechen konnte…“

Nervös spielte er mit ihren Fingern. Nun war er es, dem die Worte fehlten. Er wollte es nicht vermasseln, er wollte sie nicht nochmal verletzen. Also dachte er nach, seine Brauen waren ernst zusammengezogen. „Ich nehme deine Entschuldigung an… Danke… Wednesday.“, er schluckte, steckten ihm die Worte doch förmlich im Halse fest, noch nie war er so nervös gewesen in seinem Leben.

„Aber … wenn du meine Briefe nicht gelesen hast, dann weißt du ja gar nicht…“ er hielt inne, als er bemerkte, wie sie näher an ihn heranrutschte, ihre Augen fokussiert auf sein Gesicht. Sie legte ihre linke Hand auf seine Wange, streichelte ihn und kam immer näher. Ihr Herz explodierte bei dem Gedanken daran, was sie gleich tun würde. Ihre Nasen berührten sich und Xavier flüsterte: „Ich kann nicht…“ Wednesday war verunsichert, sein unregelmäßiger Atem kitzelte auf ihrer Wange. Er gestand ihr: „Wenn wir jetzt etwas tun, was du morgen wieder vergessen hast oder bereust, dann würde mich das umbringen…“

Wednesday war zwar betrunken, aber immer noch bei Sinnen, sie konnte ihn hören, sehen, fühlen, riechen und spüren, überall. Dass er zögerte, war nur logisch, seine Angst war verständlich. Also musste sie ihn überzeugen, irgendwie beruhigen. Ihre Hand wanderte nun langsam über seine Wange, hin zu seinem Kinn und schließlich hielt sie ihn fest. Ihre Augen strahlten voller Ehrlichkeit. Nun flüsterte sie auch: „Ich verspreche dir, dass ich es nie vergessen oder bereuen werde… und ein Addams hält immer seine Versprechen.“ In seinen Augen konnte sie sehen, dass er einverstanden war. Nie schien er sich etwas sicherer gewesen zu sein. Jede Faser seines Körpers glaubte ihr.

Und dann küsste sie ihn. Sie zog sich an seinem Hemdkragen an ihn heran, ließ seine Hand los und umklammerte mit beiden Händen seinen Nacken. Er erwiderte den Kuss, seine Zweifel waren mit einem Schlag dahin. Leidenschaftlich verschmolzen sie. Sein Gesicht wurde heiß, dort wo sie sich immer wieder  berührten. Seine Wangen, seine Nase, seine Lippen.

Sein Kopf war leer, ausgeschalten und er handelte nur noch nach seinem Instinkt. Er setzte sich etwas auf und packte sie an ihren Seiten, zog sie noch näher zu sich, soweit das noch möglich war. Sie kniete nun neben ihm, ihre Bewegungen und ihr wilder Kuss warfen ihn fast um. Er führte seine Hände leicht unter ihrer Jacke nach unten, über ihr gestreiftes Shirt. Er griff nach ihren Hüften und hob sie ein Stück an. Er zog sie zu sich auf seine gekreuzten Beine. Und das alles passierte, während sie sich wie verrückt küssten.

Sie ist so leicht…

Sie lag nun halb auf ihm, mit seiner linken Hand hielt er ihre Beine auf seiner linken Seite, fuhr immer wieder mit der Hand über ihre Hüfte und zurück. Wednesday küsste ihn immer wieder, sie machte keine Pause. Atmen schien für sie in dieser Situation vollkommen überflüssig. Sie konnte nicht aufhören, sie wollte ihn mit Haut und Haaren verspeisen. Sie vergrub ihre Krallen in seinen Haaren.

Kannibalismus ist doch eine interessante Option…

In ihrem Kopf schwirrten die verrücktesten Ideen umher und der Rest der Welt war vergessen. Nun führte er beide Hände zu ihrem Gesicht. Er streichelte ihren Hals und hielt sie schließlich fest. Die Luft blieb ihm weg und er löste seinen Mund von Ihrem. Sie schielte ihm entgegen und Xavier inspizierte jeden Millimeter ihres Gesichts, auf der Suche nach einem Hinweis darauf, dass sie sich vielleicht unwohl fühlte. Doch er sah nur ihr Leuchten, ihre roten Wangen, ihren roten Mund. Seine Stimme war sanft: „Ich muss kurz atmen…“. Sie nickte nervös und holte ebenso tief Luft. 

Sie blickten sich so tief in die Augen wie noch nie. Sie sahen die Seele des anderen und erkannten im selben Augenblick, dass sie nie wieder etwas anderes sehen wollten. Er strich ihr die Strähnen aus dem Gesicht, ihre Stirn schmiegte sich an Seine. „Wenn du mir morgen sagst, dass wir es vergessen sollen, so tun sollen, als wäre nichts passiert… dann…“, sein Blick wurde teuflisch. „Dann?“, fragte sie nach, sie konnte kaum sprechen, so sehr war sie außer Atem. „Dann bringe ich erst dich um und dann mich… dramatisch, morbide und brutal, sodass die ganze Welt erfährt, was du mir angetan hast. Sie werden alle schockiert sein. Ein Skandal, über den sie in der Zeitung schreiben werden.“ Wednesday strich ihm die losen Strähnen übers Ohr und starrte auf seinen Mund, den sie schon schmerzlich vermisste. „Das war das Romantischste, was jemals jemand zu mir gesagt hat.“, gab sie zu, ihre Augen glänzten vor Rührung. 

Er sah sie an, als wäre sie eine Königin der Nacht, eine Göttin, ein dunkles Geschenk, geschaffen nur für ihn. „Es tut mir so leid, so sehr… was ich gesagt habe…“, seine Augen traurig, die Stimme gebrochen, „Wenn du die Briefe liest, dann wirst du es mir hoffentlich eines Tages glauben. Du machst mich verrückt… ich konnte nicht klar denken, ich wollte, dass du mit mir sprichst… ich wollte derjenige sein, dem du dich endlich öffnest… ich war egoistisch und habe Dinge gesagt, die…“ Sie unterbrach ihn schließlich. „Ich weiß… ich glaube dir…“, sie nickte ihm zu, immer wieder, „Ich weiß…“, und bevor er sich versah, presste sie wieder ihre Lippen auf Seine. Ihre Finger tanzten auf seinem Oberkörper, zur Seite nach unten. Nervös suchte sie nach dem Saumen seines Hemdes, um schließlich ihre warmen Hände unter dem Stoff nach oben über seinen Rücken führen zu können. Er zitterte, ihre Berührungen ließen seinen Körper verrücktspielen. 

Inmitten des Schulhofes blieb mit einem Mal eine Gestalt stehen. In der Dunkelheit konnte man nur die Umrisse erkennen. Ein lautes Rufen ließ sie beide erstarren, seine Lippen auf Ihren, ihre Augen weit geöffnet. „Hey! Was treibt ihr da?!!!“, Mr. Daniels lief eilig in ihre Richtung. Xavier hob sie von seinem Schoß und stand ruckartig mit ihr auf, nahezu synchron gingen sie einen Schritt auseinander. „Was zur Hölle macht ihr hier? Um diese Zeit???“ 

Beide bemerkten sie erst jetzt, dass man die laute Musik aus der Nachtschatten Bibliothek bis hoch in den Hof hören konnte und sie redeten sich um Kopf und Kragen, um die anderen nicht auffliegen zu lassen. „Wir sind spazieren gegangen.“, sagte Xavier. Wednesday nickte: „Genau, ich konnte nicht schlafen und da haben wir uns hier getroffen.“ Daniels sah sie beide immer wieder ungläubig im Wechsel an. „Ich habe ihr mein Gemälde gezeigt.“, Xavier zeigte mit seiner Hand hinter sich in Richtung Wand. „Ja genau… es ist faszinierend… finden sie nicht auch?“ Mr. Daniels schüttelte den Kopf, sein Blick war immer noch ernst: „Ja… wirklich faszinierend. Aber dennoch… ihr dürft nicht hier sein. Das wird Konsequenzen haben!“ 

Immer wieder sah Xavier hin in Richtung Statue, die Musik war kaum zu überhören. Er wurde immer nervöser. „Ähm Wednesday.“, er drehte sich zu ihr, „Wieso erzählst du Mr. Daniels nicht von deiner Vision?“ Sie sah ihn verwundert an. „Na… die Vision, die du von ihm hattest?“ Xavier knirschte beinahe mit den Zähnen, um ihr zu verdeutlichen, worauf er hinauswollte. Sie verstand den Hinweis: „Ach ja die Vision…“ Sie drehte sich weg von ihm und ging ein paar Schritte auf Daniels zu. „Mr. Daniels… wie sie wissen, kann ich die Zukunft sehen.“ Er nickte nur, vollkommen ahnungslos, worum es ging. „Und ich muss ihnen leider sagen… letztens, als wir bei Mr. Moody waren… da haben sie mich in das Büro geschoben… und ich habe etwas gesehen, als sie mich berührten.“ 

Wednesday war in ihrem Element, ihre Stimme wurde düster, angsteinflößend und sie sah sofort, dass es funktionierte. Daniels begann nervös zu blinzeln. Er stotterte: „Sie hatten eine Vision…von mir?“ Wednesday lief geradewegs auf ihn zu und nickte. Xavier konnte sein Grinsen nicht mehr verstecken. Er hustete und hielt sich die Hand vor den Mund, der sich immer mehr in ein breites Lachen verzog. „Ja…“, sie blieb schließlich direkt vor ihm stehen und sah ihm besorgt in die Augen, „Ich habe gesehen, wie sie sterben…“.

Er erschrak, seine Augen weiteten sich. Er konnte nichts sagen, der Schock war zu groß. „Wenn sie das hier für sich behalten, verrate ich es ihnen … vielleicht…“. Sofort begann er zu nicken, seine Hände zitterten. „Ja… ich tue alles… versprochen! Nur sag mir… wie sterbe ich?“ Wednesday wandte sich wieder um und lief zurück zu Xavier: „Warten sie ab… wenn sie sich bewiesen haben, dann sag ich es ihnen… und nun sollten sie gehen, sonst überlege ich es mir anders.“ Xavier sah ihr voller Bewunderung tief in die Augen, als sie zum ihm zurückkam. Daniels setzte sich sofort in Bewegung: „Einverstanden… ich verrate nichts… nur solltet ihr auf eure Zimmer gehen. Sofort!“ Er hielt sich die Stirn und blickte ins Nichts als er hektisch davonlief.

Xavier ging schnell auf sie zu, nahm ihr Gesicht in beide Hände und küsste sie, lang, zart und ruhig. „Wow… das war…“, flüsterte er ihr zu zwischen seinen Küssen, „…atemberaubend.“ Sie war nicht weniger begeistert von ihm, hatte er doch überhaupt erst die Idee mit der Vision gehabt. Wednesday griff nach seinen Händen, um ihn kurz zu bremsen: „Ich muss Enid schreiben, sie warnen…“ Er nickte und ließ sie los.

Hey Enid. Daniels schleicht draußen rum. Man hört die Musik im gesamten Schulhof. Xavier und ich, wir gehen spazieren. Kommen nicht zurück. Gute Nacht.

Die Nachricht war verschickt und sie versteckte das Telefon wieder in ihrer Jackentasche. „Und was machen wir jetzt?“, seine spontane Frage ließ ihn erröten. Selbst in der Dunkelheit konnte sie sehen, wie seine Wangen sich verfärbten. Die Nervosität kam zurück und Wednesdays Stimme zitterte beinahe: „Bringst du mich zu meinem Zimmer...... auf mein Zimmer?“ Sofort nahm er ihre Hand und zog sie eilig hinter sich her in Richtung Ophelia Hall. 

Notiz: Ich liebe dieses Kapitel. Es war einfach wundervoll, das alles zu schreiben. Ich hoffe, es gefällt euch auch.

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