„Hat dir nie jemand gezeigt, wie du dir deine Haare bürstest oder zusammen machst?" fragte Amy jetzt schockiert.
„Nein, früher hat das immer unsere Haushälterin gemacht, damit ich ordentliche Haare habe. Aber da waren sie auch noch kürzer und nicht so lockig. Seit ich bei meinen Brüdern wohne, sind die aber total lang geworden und immer wenn ich sie versuche zu kämmen, tut das unfassbar weh und ich sehe aus wie ein Löwe. Deswegen lasse ich das." erklärte ich.
„Also hat dir niemand gezeigt, wie du deine Haare machst? Weil lockige Haare kämmt man am besten im Nassen Zustand, damit sie nicht so explodieren. Wenn du möchtest helfe ich dir, sie schnell zu bürsten und mache sie dir in einen Zopf."
Ich nickte verunsichert.
„Na dann komm mal mit." motiviert stand Amy auf und ich lief ihr verunsichert hinterher, vielleicht war es doch ein Fehler?
Wir gingen zum Internatstrakt, was wollte sie denn da? Als wir dann in einem Waschraum ankamen, wo ganz viele Bürsten, Haargummis, Schminke und so weiter war, war ich noch verunsicherter.
„Hier sind die Waschräume vom Internat, jedes Mädchen hat ein eigenes Fach mit den eigenen Sachen aber es gibt auch Fach für Ersatz oder Gäste. Da wir deine Haare nass machen müssen und ich gerade keine Sprühflasche zum nass machen im Büro habe, dachte ich, wir gehen schnell hier rüber."
Während Amy meine Haar nass machte und sie anfing zu Bürsten, erzählte ich ihr noch ein wenig von meinen Brüdern.
„So sie sind fertig gekämmt, soll ich dir zwei Zöpfe Flechten oder lieber einen ganz normalen Pferdeschwanz?" fragte sie nach einer Weile. Das Bürsten hat echt lange gedauert und war teilweise echt schmerzhaft.
„Ist mir eigentlich egal, hauptsache sie fliegen nicht im Gesicht rum." antwortete ich ihr.
Diesmal dauerte es nicht so lang, bis Amy mit Bescheid gab, dass sie fertig ist. Ich schaute in den Spiegel und war mega überrascht. Es sah richtig schön aus.
„Danke Amy, es ist wunderschön." bedankte ich mich begeistert und konnte kaum meinen Blick vom Spiegel nehmen.
„Sehr gerne, es freut mich, dass es dir gefällt." antwortete sie mir lächelnd.
„Ich wünschte meine Brüder könnten das auch." sagte ich jetzt traurig.
„Es gibt ganz viele Videos auf YouTube, wo das Schritt für Schritt erklärt wird, sprich sie einfach mal drauf an. Auch mit den Bürsten, da helfen sie dir bestimmt gerne. Ansonsten können wir das auch so machen, dass ich dir das beibringe, wenn du Montags immer kommst. Es ist zwar schwieriger aber ich denke das bekommst du auch hin. Wen du auch fragen kannst, ist Hannah. Sie kann das auch richtig gut und macht ganz vielen immer die Haare in den Freistunde. Ihr habt zusammen in der Mittagspause gegessen, oder?" ich bejahte ihre Frage. Das stimmt Hannah hat heute eine voll schöne Frisur gehabt, es wäre echt cool, wenn ich auch immer so schöne Frisuren tragen könnte...
***
„Hey Prinzessin." begrüßt mich Tyler. Schon von weitem habe ich ihn entdeckt, er steht direkt am Eingang zur Schule. Lächelt laufe ich auf ihn zu. Ehrlich gesagt hatte ich ziemlich Angst in den letzten Minuten, dass mich wieder niemand holen kommt. Umso erleichterter bin ich, als ich Tyler gesehen habe.
Er gibt mir einen Kuss auf den Scheitel zu Begrüßung und wir laufen dann gemeinsam zum Auto. „Nicht erschrecken, Liam ist heute mitgekommen. Wir sind heute Abend nämlich nur zu dritt und dachte ich, dass wir etwas zusammen machen können." erklärte mir mein Bruder. Ich nickte ihm nur zu. Ich weiß immer noch nicht, was ich von meinen kleinen Brüdern halten soll.
Da Liam vorne saß, stieg ich hinten ein. „Hallo" murmelte ich leise zu meinem Bruder.
„Hi" dreht er sich lächelnd zu mir um.
„Lia wer hat dir die Zöpfe gemacht? Das sieht richtig gut aus." fragte mich Tyler jetzt.
„Amy hat sie gemacht. Meine Haare waren auch total verknotet, sie hat mir geholfen zu kämmen. Außerdem meinte sie, dass ihr euch YouTube Videos angucken sollt, damit ihr meine Haare machen könnt." erzählte ich meinem Bruder.
„Ist das so?" fragte er grinsend und schaut mich durch den Rückspiegel an.
„Ja" antworte ich jetzt unsicher.
„Na dann eröffnen wir ab morgen mal den Haarsalon." lachte er los. Auch Liam musste jetzt lachen.
„Wie war die Schule denn sonst so?" hinterfragte Tyler mich jetzt.
„Toll, wie am Montag. Ich habe schon wieder ganz viel neues gelernt." fange ich an und erzählte meinen Brüder alles, was ich heute gelernt habe im Unterricht.
„In der Mittagspause durfte ich wieder bei Maja und Hailey am Tisch sitzen. Da hat mich Hannah angesprochen, wir haben uns total gut verstanden, sie surft auch und hat mich gefragt, ob wir mal zusammen surfen gehen können. Darf ich?" plapperte ich fröhlich weiter.
„Ja natürlich. Wir können nächste Woche ja mal schauen, wann es am besten passt." antwortete mir mein Bruder, dankbar atmete ich.
„Danke Tyler." lächelte ich ihn an.
„Du brauchst dich dafür nicht zu bedanken. Aber warum warst du bei Amy? Sie ist doch eure Schulpsychologin, oder?"
Ich erzählte ihm, warum sie mich zu sich geholt hatte, und dass wir noch ein wenig geredet haben. Worüber genau war mir irgendwie peinlich. Amy hat mir versprochen, dass sie mit niemand anderen ohne mein Einverständnis, darüber sprechen wird, was wir besprechen. Und sie meinte auch, dass ich es niemanden erzählen müsse.
Ich wurde gerade fertig mit erzählen als wir vor der Praxis von Elle standen.
„Ich bring Lia kurz noch rein, dann komm ich wieder." erkläre Tyler Liam und stieg dann mit mir gemeinsam aus.
Als wir die Praxis betraten, stand Elle schon am Tresen.
„Hallo Lia, schön das du da bist." begrüßte sie mich lächelnd. Nachdem sie auch meinen Brider begrüßt hat, verabschiedet sich Tyler bei mir. „Wenn was ist ruf mich einfach an, dann komme ich sofort." er hab mir noch einen Kuss auf die Wange und verschwand dann wieder.
„Wollen wir in meinen Raum gehen?" fragte mich jetzt Elle, nachdem ich Tyler ein wenig traurig hinterherblickte. Ich wollte eigentlich nicht, dass er geht. Zumindest nicht so schnelle. Ich habe schlagartig Angst bekommen.
„Lia?" ich zuckte zusammen und schaute meine Therapeutin mit großen Augen an.
„Komm mal mit." forderte sie mich sanft auf. Unsicher lief ich ihr hinterher, wir gingen wieder in den gleichen Raum wie gestern. Hoffentlich fragte sie mich nicht schon wieder, wo wir uns hinsetzen sollen.
„Ist das in Ordnung, wenn wir uns wieder auf die Couch setzen?" fragte sie mich da auch schon. Ich nickte ihr nur zu.
„Du hast aber heute eine schöne Frisur, haben deine Brüder dir die gemacht?" ich schüttelte mit dem Kopf.
„Amy, sie arbeitet als Psychologin an meiner Schule, hat sie mir gemacht. Meine Brüder können sowas leider nicht und ich auch nicht." antworte ich ehrlich.
„Na dann musst du dringend mal deine Brüder zu einem Haarstyling Kurs zwingen, du hast so unfassbar schöne und lange Haare, man kann so tolle Frisuren damit machen." damit zauberte sie mir ein Lächeln aufs Gesicht. Ich bekomme selten Komplimente.
„Okay gibt es etwas worüber du reden möchtest oder soll ich einfach anfangen?"
„Nein ich glaube ich habe nichts worüber ich reden möchte." antwortet ich leise.
„Dann stell ich dir einfach ein paar Fragen, wie gestern?" ich nickte ihr zu.
„Gut, du hast mir auf deinen Anmeldebogen aufgeschrieben, dass du zur Ergotherapie gehst, willst du mir erzählen, was ihr dort macht? Ich bin nämlich immer ein wenig neugierig was meine Kollegen machen."
„Es ist immer unterschiedlich. Vince ist total lieb und fragt mich jedes Mal, was wir machen sollen. Meistens sitze ich einfach nur da und male. Tyler und Cole haben mir aber erklärt, dass er mir ein wenig helfen soll, damit ich besser klar komme im Leben. Deswegen spielen wir manchmal auch Spiele. Ich kannst nämlich bis vor ein paar Wochen noch gar keine Spiele. Nur dieses eine geheime Spiel, welches Dad immer mit mir gespielt hat. Aber das mochte ich nicht immer. Als letzens Tyler mit mir ein Spiel gespielt hat, war ich voll überfordert, aber durch Vince kenne ich schon ein paar mehr spiele. Er meinte auch, das wir demnächst mal in die Stadt gehen, aber er hat auch in seiner Praxis ganz viele verschieden Räume, wo man basteln, bauen, rennen, Handwerken und so kann. Da freue ich mich auch schon drauf, wenn wir das machen. Aber am liebsten male ich tatsächlich. Wir hören dann meistens Musik und reden ab und zu." erklärte ich Elle. Wie beim letzten Mal machte sie sich ganz viele Notizen. Sie hat mir das gestern noch erklärt, denn ich bin nicht ihre einzige Patientin und sie ist voll ein wenig vergesslich. Damit sie nicht zweimal fragen muss oder irgendwas vergisst, schreibt sie es auf.