The Warren-Games | (Broken Bi...

Da vxvxenxo

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𝑵𝒐𝒍𝒂𝒏 Eine Entscheidung meines Bruders brachte die Multimillardenfirma meiner Familie wirtschaftlich ins... Altro

Author's Note
Playlist
Prolog
One
Two
Three
Five
Six
Seven
Eight
Nine
Ten
Eleven
Twelve
Thirteen
Fourteen
Fifteen
Sixteen
Seventeen
Eighteen
Ninteen
Twenty
Twenty-One
Twenty-Two
Twenty-Three
Twenty-Four
Twenty-Five
Twenty-Six
Twenty-Seven
Twenty-Eight
Twenty-Nine
Thirty
Thirty-One
Thirty-Two
Thirty-Three
Thirty-Four
Thirty-Five
Thirty-Six
Thirty-Seven
Thirty-Eight
Thirty-Nine
Fourty
Fourty-One
Fourty-Two
Fourty-Three
Fourty-Four
Fourty-Five
Fourtx-Six
Fourty-Seven
Fourty-Eight
Fourty-Nine
Fifty
Fifty-One
Fifty-Two
Fifty-Three
Fifty-Four
Fifty-Five
Fifty-Six
Fifty-Seven
Fifty-Eight
Fifty-Nine
Sixty
Sixty-One
Sixty-Two
Epilog One
Epilog Two
Danksagung & Ankündigung

Four

493 19 1
Da vxvxenxo

Nolan

Ich ließ den Kugelschreiber in meiner Hand zwischen meine Finger gleiten. Keine Ahnung, wie lange ich bereits in meinem Büro saß und in die Luft starrte, aber es fühlte sich wie eine Ewigkeit an. Auch wenn ich seit acht Uhr morgens auf diesem Sessel saß, hatte ich nichts weiteres getan, als nachzudenken. Die Sonne war längst untergegangen, die meisten Mitarbeiter hatten bereits seit Stunden Feierabend gemacht, doch ich konnte mich nicht aus meinem Platz erheben. Ich wusste auch so, dass ich die Nacht nicht schlafen konnte, genauso wie es in der Nacht zuvor und davor war. Meine Gedanken kreisten einzig und alleine nur über ein Thema: Die Scheinbeziehung mit Angeline.

Zwar hatte ich mich bereits gewundert, als mein Vater mich in dieses Restaurant bestellt hatte, weil ich annahm, dass er zunächst auf Abstand gehen wollte, doch nachdem die Bombe geplatzt war, wusste ich, wieso er mich hergebeten hatte. In meinen schlimmsten Träumen hätte ich nie einen einzigen Gedanken daran verschwendet, diesen Plan zu entwickeln, um beide Firmen zu retten.

Natürlich wusste ich, dass es um die Warren Company und damit auch automatisch um Thorne Industries nicht gut stehen würde, nachdem die Grundstücke an ihre rechtmäßigen Besitzer zurück übergeben wurden, aber ich hätte zumindest gedacht, dass die Konsequenzen nicht so tiefreichend wären.

Als Graham dann den Vorschlag, Angeline zu daten, geäußert hatte, nur um unsere Firmen zu retten, riss auch der letzte Faden Respekt zu ihm ab. Mir war klar, dass wir etwas tun mussten, um den Verfall der Firmen aufzuhalten, aber wieso mussten Angeline und ich gleich eine Beziehung vortäuschen? Es gab hunderte, wenn nicht sogar tausende andere Wege, die wir hätten einschlagen können, um die Unternehmen zu retten. Aber mit unseren Vätern war Verhandeln keine Option. Für sie stand der Entschluss, diese Liebesbeziehung zu führen, fest, damit unsere Firmen geretten werden können.

Ich hatte in jeder Sekunde jedes verdammten Tages an nichts anderes gedacht, als diesen Plan zu umgehen. Aber jede Idee, die ich hatte, wurde bei längerem Nachdenken wieder verworfen.

Die Vorstellung, Angeline für sechs ganze Monate zu daten, kam einer Katastrophe gleich. Zum einen war da das Problem mit Beziehungen. Es war Ewigkeiten her, dass ich eine intime Beziehung mit einer Frau geführt hatte. Nicht, weil mich Frauen nicht ansprachen, aber sie interessierten mich einfach nicht genug, um dafür die Warren Company an zweiter Stelle zu stellen. Ich gab mein Leben für diesen Unternehmen und würde es jetzt sicherlich nicht wegen einer Frau umsonst getan haben.

Zum anderen war da noch Angeline. Wir kannten uns schon lange, doch wirklich wissen taten wir nur das Nötigste. Was ich allerdings über sie wusste, war dass sie mich nicht mochte. Bei jedem Meeting, bei jedem Treffen, bei jedem Gespräch bekam ich ihre Abneigung mir gegenüber auch zu spüren. Sie hasste mich. Sie hasste es, mit mir zu sprechen. Sie hasste es, mich ansehen zu müssen. Sie hasste es, mit mir dieselbe Luft im Raum teilen zu müssen. Wie um alles in der Welt sollen wir da eine augenscheinlich glückliche Beziehung miteinander führen? Die einzige Gemeinsamkeit, die wir hatten, war die, dass wir den Anderen nicht ausstehen konnten. Jeder Mensch mit gesunden Augen sah uns innerhalb von zwei Sekunden an, dass das zwischen uns nur eine Farce war.

Keine Ahnung, was sich unsere Väter bei diesem Plan gedacht hatten, denn diese Scheinbeziehung würde nie und nimmer gut gehen, nur wie konnte ich diesen Plan dann also aufhalten? Richtig, nämlich gar nicht. Was sich Graham Warren und Gregor Thorne in den Kopf gesetzt haben, würden sie auch zu Ende bringen. Diesen Kampf würde ich haushoch verlieren, und zusätzlich noch das Unternehmen mit in den Abgrund reißen.

Beide wussten, wie viel Angeline und mir die Firmen bedeuteten. Beide wussten, dass wir alles dafür geben würden, sie retten zu können. Alles, nur keine Beziehung miteinander führen. Da war das Scheitern praktisch vorprogrammiert, doch sie waren felsenfest davon überzeugt, dass eine Beziehung zwischen uns zweien das Image beider Firmen aufpolieren könnte.

Dabei waren sie gar nicht so falsch. Die Liebe war das, was die Menschen von Beginn an am meisten faszinierte. Eine Beziehung zwischen den zwei Kinder zweier langer Freude, die zufälligerweise auch noch Geschäftspartner waren, war ein gefundenes Fressen für die Medien. Die Leute würden sich um jedes Interview, um jedes Foto, um jedes Detail dieser angeblich überglücklichen Beziehung reißen. Der Warren-Deal würde weit in den Hintergund rücken, die Warren Company und Thorne Industries würden hingegen wieder Themengespräch Nummer eins werden. Und zwar nicht nur in der Wirtschaftsbranche, sondern überall.

Der Schachzug war also gut überlegt, nur zu welchem Preis? Die Medien würden sich freuen, die Firmen würden sich freuen, unsere Väter würden sich freuen - und Angeline und ich? Wir wären diejenigen, die zumindest für sechs Monate nur Leid ertragen würden. Wir waren die Einzigen, für die nichts aus dieser ganzen Sache rausspringen würde. Es war so, wie Gregor es bei unserem Treffen gesagt hatte. Es würde Opfer fordern, unser Firmen wieder auf Kurs lenken zu können. Opfer, die Angeline und ich bringen mussten.

Plötzlich klopfte es zweimal an der Tür. Ich riss den Kopf hoch und sah auf das dunkle Holz, das mich von meinen Besuchern trennte. Da meine Assistentin ebenfalls bereits Schluss gemacht hatte, kündigte niemand meine Gäste an. Aber das war auch nicht nötig, denn ich hatte sie immerhin selbst hergebeten.

Als sie Tür aufging, liefen Carter und Caleb gelassen ein. Beide nickten mir zur Begrüßung zu, doch ich schaffte es noch nicht einmal mich etwas zu bewegen.

"Setzt euch", murmelte ich ruhiger als erwartet. In mir herrschte hingegen ein einziges Chaos.

Carter und Caleb ließen sich auf den beiden Sessel hinter meinem Schreibtisch nieder, sahen mich an und warfen sich anschließend einen kurzen Blick zu. Diese stille Kommunikation kannte ich nur zu gut. Sie waren sich unsicher, wieso sie hier waren, und ich konnte es ihnen noch nicht einmal verübeln. Carter hatte alle Hände voll zu tun, seine Freundin zu umsorgen, die gerade eine Operation hinter sich hatte und Caleb ... naja, Caleb tat das, was er das letzte Jahr schon immer gatan hatte, auch wenn ich nicht wusste, was genau das war.

"Also", Caleb zog das Wort in die Länge und verschränkte seine Finger leicht ineinander, "wieso hast du uns um diese Uhrzeit herbestellt?"

"Ja, was ist so dringend, dass du es uns nicht einfach am Telefon hättest sagen können. Nichts gegen euch, doch ich verbringe meine Abende lieber mit meiner Freundin, als mit meinen Brüdern", fügte Carter hinzu und Caleb gab ein Würgegeräusch von sich. Carter stieß mit dem Fuß gegen sein Schienbein, woraufhin Caleb ihm einen bösen Blick zu warf.

Ich konnte nicht anderes tun, als die beiden stumm zu beobachten und diese typischen Streitigkeiten über mich ergehen zu lassen. Einziger Unterschied war allerdings, dass ich keine Kraft aufbringen konnte, um die beiden voneinander zu trennen. Das fiel auch Carter und Caleb sofort auf.

"Hey", Carter machte eine auffordernde Kopfbewegung, "was ist mit dir?"

"Ja", steuerte Caleb hinzu und sah mich abschätzend an, "du wirkst heute irgendwie so nachdenklich. Ist in den letzten Tagen etwas passiert, wovon wir nichts wissen?"

Die beiden hatten ja keine Ahnung. In den letzten drei Tagen war mehr los, als mir lieb war. Eigentlich hätte ich sie deswegen auch nicht extra herbestellt, doch mir schien die Info, eine neue Freundin in den nächsten sechs Monaten zu haben, wichtig genug, um sie ihnen persönlich mitzuteilen. Ich konnte mich an keine Situation erinnern, in denen ich ihnen jemals eine Frau an meiner Seite vorgestellt hatte, und jetzt würde ich eine Beziehung mit derjenigen führen, die ich am wenigsten leiden konnte.

Immerhin müssten sie Angeline nicht kennen lernen. Zum einen kannten meine Brüder sie bereits, zum anderen war unser Beziehung nichts weiter als eine Täuschung, die sechs ewig lange Monate andauern würde. Wir mussten uns also nicht wirklich kennen lernen, was Dinge zumindest etwa einfacher machte. Ich hatte keine Lust darauf, eine Freundin momentan oder auch in den nächsten fünf Jahren meines Lebens zu haben. Klar, irgendwann wünscht man sich natürlich eine eigene Familie, doch dieses Ziel würde ich zuerst noch zurückstellen. Es gab einfach viel wichtigere Dinge, als die Liebe. Dinge, wie ein Unternehmen zu leiten, das nicht mehr existierte, wenn ich diese Fake-Beziehung mit Angeline nicht einging.

Ich rieb mir mit der Hand über mein Kinn und dachte nach, wie ich meinen Brüdern die Nachrichten überbringen könnte, ohne es wie das Ende der Welt klingen zu lassen. Nach ein paar Minuten wurde mir allerdings klar, dass es tatsächlich das Ende der Welt war und ich keine beruhigenden Worte finden würde.

"Vor drei Tagen habe ich mich mit Graham getroffen", begann ich schließlich zu erzählen. Bei der Erwähnung des Namens unseres Vaters verspannten sich sofort beide ihrer Schultern. Sie wechselten einen kurzen Blick miteinander, bevor sie mich weiter auffordern ansahen.

Ich atmete tief auf. "Er hatte mir erzählt, wie die aktuelle Lage unserer Firma ist, und dabei kein Details ausgelassen." Ich schüttelte leicht den Kopf. "Die Warren Company steht an ihrem wirtschaftlichen Tiefpunkt und läuft Gefahr, entgültig von der Bildschirmfläche zu verschwinden. Die Presse, Klienten, selbst augenscheinlich loyale Partner kehren uns den Rücken zu." Kurz machte ich eine Pause, in der ich meine Gedanken zu sortieren versuchte. "Kurz um gesagt, es sieht schlecht - nein, es sieht katastrophal für uns aus."

Aus Calebs Gesicht wich jegliche Farbe, aber auch bei Carter erkannte ich das Entsetzen. Er öffnete leicht den Mund, doch er bekam kein einziges Wort raus. Ich konnte ihre Reaktionen nur zu gut nachempfinden, immerhin fühlte ich mich die letzten drei Tage ähnlich wie die beiden in diesem Moment.

Die Firma war das, was uns schon ein ganzes Leben lang begleitete, und jetzt sollte sie womöglich nicht mehr existieren. Alles, was wir uns aufgebaut hatten, alles, was wir geopfert hatten, könnte womöglich umsonst gewesen sein.

"Doch Graham wäre nicht Graham, wenn er einen Plan hätte", fügte ich schließlich hinzu und ich sah die beiden leise aufatmen. Wüssten sie nur, welches Opfer dafür gefordert war.

"Das ist doch gut, oder?", fragte Caleb unsicher nach und sah zwischen Carter und mir hin und her. Calebs Sorge war berechtigt, unter anderen Umständen blockten wir die Pläne unseres Vaters immer ab. Doch in so einer Situation schien das der Lichtblick zwischen all den grauen Wolken zu sein.

Nach einer kurzen Pause zwang ich mich dazu, endlich etwas zu sagen. "Ich habe euch heute hier her bestellt, weil ich nicht wollte, dass ihr es aus den Medien erfahrt."

"Was erfahren, Nolan?" Carters Stimme war fordernd, beinahe knurrend, aber er meinte es nur gut.

Bevor ich die nächsten Worte in meinen Mund nahm, zog sich jeder Muskel in meinem Körper zusammen. "Wir werden die Beziehung zwischen Angeline und mir bekannt geben."

Es folgte eine Stille, die so ohrenbetäubend war, dass ich mich in meinem Sessel unwohl fühlte. Ich merkte ihre Blicke auf mir, ich merkte ihr Entsetzen, ihre Fassungslosigkeit. Glaubt mir, wenn ich sage, dass ich genauso, wenn nicht sogar etwas schockierter über Grahams Plan gewesen war.

"Eure ... Beziehung?", wiederholte Caleb mit verzogenem Gesicht.

Ich nickte widerwillig, doch konnte mich nicht äußern. Es war, als wäre meine Zunge vollkommen taub geworden, nachdem ich die letzten Worte ausgesprochen hatte. Sie zu hören, machte alles irgendwie viel ... realer, und das war beängstigend.

"Seit wann hegst du überhaupt Interesse an Frauen?", fragte Caleb nach, was ihn einen bösen Blick von mir einfing, dabei hatte er gar nicht so unrecht. Mein Privatleben existierte quasi nicht, weil ich mich einzig auf das Unternehmen konzentrierte, und jetzt erklärte ich ihnen, dass ich eine Beziehung öffentlich machen würde. Das klang selbst in meinen Ohren ziemlich absurd.

"Das sind nur ein paar von Calebs Sprüchen", verdrehte Carter die Augen und richtete seine Aufmerksamkeit dann wieder auf mich. "Aber im Ernst, seit wann führst du eine Beziehung mit Angeline Throne?"

"Tue ich nicht", erwiderte ich sofort, woraufhin beide nur noch verwirrter waren. Ich seufzte und fuhr mir durch mein dunkles Haar. "Das ist Grahams Plan, versteht ihr? Er will den Medien das geben, wonach sie sich am meisten verzehrten, und das ist eine Liebesgeschichte. Angeline und ich sind nur die Marionetten hinter dieser ganzen Täuschung."

"Graham will von dir, dass du eine Fake-Beziehung eingehst?", fragte Carter sicherheitshalber nach und ich nickte. Sie schienen es wohl langsam zu begreifen.

Caleb schüttelte ungläubig den Kopf. "Aber wieso?"

Bevor ich antworten konnte, übernahm Carter das Wort. Seine Augen lagen dabei die ganze Zeit auf mir. "Damit die Welt den gescheiterten Warren-Deal vergisst und die Firmen wieder in Umlauf gebracht werden."

Ich nickte langsam. "Wenn die Leute über uns reden - und das werden sie auch -, dann wird uns das nicht nur einen wirtschaftlichen Aufschwung geben, sondern auch in anderen Bereichen."

Carter schüttelte leicht den Kopf und rieb sich einmal über den Mund. "Das ist ziemlich genial ..."

"... und wahnsinnig. Hallo? Bin ich der Einzige, der denkt, dass diese ganze Sache viel zu verrückt ist?" Caleb schnaubte leicht und sah zu mir rüber. "Nolan in einer Beziehung? Ich bitte euch! Und dann auch noch mit Angeline Throne? Das schreit ja förmlich nach hilfloser Rettungsaktion."

Ich zuckte leicht mit den Schultern. "Ich habe keine ander Wahl. Entweder ich ziehe den Plan von Graham durch, oder die Firma steht vor ihrem Aus." Zweiteres kam nicht in Frage, daher blieb mir nur noch die erste Option.

Daraufhin schwiegen wir alle eine ganze Weile. Carter und Caleb verdauten diese Neuigkeit und ich versuchte weiterhin, mich mit dem Gedanken, jetzt eine Frau an meiner Seite zu haben, anzufreunden. Würde ich doch nur ein paar Fortschritte machen ...

"Und was hälst du davon?", fragte Carter irgendwann nach und sah mich direkt an.

Einen Moment überlegte ich, doch dann wurde mir klar, dass es vollkommen egal ist, was ich dachte. Der Plan stand fest und ich würde nichts daran ändern können. "Das spielt keine Rolle."

"Natürlich spielt das eine Rolle. Du bist derjenige, der am meisten davon betroffen ist", warf Carter sofort ein. Er wirkte tatsächlich etwas sauer.

Leicht öffnete ich den Mund, doch ich fand beim besten Willen keine Worte. Was hielt ich von diesem Plan?

"Grahams Vorschlag ist geschäftlich gesehen sehr durchdacht. Das könnte unsere Rettungsboje sein, die uns womöglich wieder ganz nach oben bringen könnte", murmelte ich und Carters Gesichtszüge verhärteten sich leicht.

"Und was ist deine persönliche Meinung zu der ganzen Sache?"

Ich schluckte, doch meine Kehle wirkte plötzlich vollkommen trocken. Tief holte ich Luft. "Ganz ehrlich? Ich könnte mir nichts schlimmeres vorstellen, als der Welt etwas vorzuspielen, was ich nicht bin. Alleine der Gedanke daran, mit jemandem Zärtlichkeit auszutauschen, die nicht echt sind, schnürt mir all die Luft zum Atmen ab."

Caleb senkte leicht den Blick, während Carter mich immer noch anstarrte. Ich konnte nicht ablesen, was in seinem Kopf vorging.

"Es tut mir leid", raunte mein kleinerer Bruder schließlich und schluckte hart. "Das alles ist meine Schuld."

"Halt die Klappe, Carter", seufzte ich und verdrehte die Augen. "Ich habe deinem Vorschlag zugestimmt, ich habe mit der Verwaltungsangestellten der Stadt geredet und die Verträge zurückgerufen. Wenn jemand Schuld an dieses ganzen Sache trägt, dann bin ich das." Ich nickte, vielleicht um mich selbst von dieser Lüge zu überzeugen.

"Das alles hättest du aber nicht machen müssen, wenn ich nicht gewesen wäre", warf Carter ein und rieb sich mit beiden Händen über sein Gesicht. Er wirkte in diesem Moment so unfassbar schutzlos, dass sich etwas in meinem Inneren zusammenzog. Meine Brüder und ich hatten nicht das offenste Verhältnis, aber wir waren eine Familie.

"Die Entscheidung haben wir zusammengetroffen, und ganz ehrlich? Ich würde sie immer wieder treffen, wenn ich wüsste, dass du dafür dein Glück zurückholen kannst", entgegnete ich ruhig, woraufhin erneut eine Stille ausbrach. Diese war anders als die anderen zuvor. Sie wirkte irgendwie bindend.

Carters Mundwinkel zuckte leicht nach oben. In seinem Blick erkannte ich, wie er über die Frau in seinem Leben nachdachte, die jetzt sein Leben war. Und ich wusste bei diesem Anblick, dass unsere Entscheidung richtig gewesen war.

"Genug mit diesen Rührseligkeiten", brachte sich Caleb nun auch in das Gespräch mit ein. Er machte eine auffordernde Kopfbewegung in meine Richtung. "Angeline Throne also."

Ich entließ die Luft aus meinen Lungen. "Jepp."

Alleine bei der Erwähnung ihres Names wurde ich innerlich unruhig, obwohl ich nicht wusste, wieso. Vielleicht war ich einfach nervös, wenn ich daran dachte, mit ihr eine täuschend echte Beziehung vorspielen zu müssen.

Caleb wiegte seinen Kopf abschätzend nach rechts und links. "Es hätte dich schlechter treffen können." Ich sah ihn verwirrt an. "Optisch gesehen."

Ich konnte nichts gegen Calebs Aussagen einwänden, weil er absolut recht hatte. Angeline war eine wirklich schöne Frau, und das meinte ich mit all der Aufrichtigkeit, die ich ihr gegenüber aufbringen konnte, vollkommen ernst. Sie war größer als andere Frauen, wodurch sie lediglich einen Kopf kleiner war als ich. Ihre Figur schien einem dieser Modekataloge entsprungen zu sein, nur wäre das noch eine Beleidigung gewesen. Gott hatte ihr die perfekten Proportionen in allem gegeben.

Und dann war da noch ihr Gesicht. Sie besaß hohe Wangenknochen, eine spitze Nase und perfekte Lippen, wobei ihre Unterlippe ein kleines bisschen größer war als ihre Obere. Ihre blauen, strahlenden Augen konntem jedem Lebewesen den Kopf verdrehen, wenn sie wollte. Ihr goldenes, glattes Haar machte ihr Aussehen vollkommen. Sie wirkte wie ein Engel in High Heels, dabei sah es innerlich ganz anders aus und das meinte ich noch nicht einmal verwerflich. Angeline besaß die Macht, mit ihrer scharfen Zunge so umzugehen, dass sie alles bekam, was sie wollte. Sie strahlte so viel Macht und Anmut aus, wie alle Frauen zusammen, die ich kannte. Sie war dafür geboren, etwas großartiges zu erreichen, nur stand sie noch zu sehr im Schatten ihres Vaters.

"Sie sieht aus wie ein Engel, ist aber der Teufel", murmelte ich gedankenverloren, während sich ihr Bild vor meinem inneren Auge ausbreitete.

Carter sah mich abschätzend an. "Inwiefern?"

Meine Brüder kannten Angeline noch von früher, doch mit der Zeit war sie zu einer Frau herangewachsen, die es in sich hatte. Ich versuchte noch herauszufinden, ob ich das gut oder schlecht fand.

"Sie ist so ... so ...", ich dachte an all die Male, in denen wir uns begegnet waren, "... so temperamentvoll. Sie sagt das, was ihr durch den Kopf geht, und zwar ohne Rücksicht darauf, wie jemand darauf reagieren könnte. Außerdem diskutiert sie mit einem vermutlich bis in den Tod, weil sie kein Nein akzeptieren kann." Ich schüttelte mit geschlossenen Augen den Kopf. "Und dann wäre da noch ihre Sturheit. Gott, sie ist so unfassbar stur. Egal, welche Meinungen ich zu einem Thema äußere, sie will keine Kompromisse eingehen und besteht auf ihre Ideen. Man kann kein richtiges Gespräch mit ihr anfangen, weil ihre Meinung immer zählt."

Ich merkte die Blicke meiner Brüder und sah hoch. Die beiden sahen sich unauffällig an, aber ich erkannte es trotzdem. "Was?"

Carter presste leicht die Lippen aufeinander, dann zuckte er mit seinen Schultern. "Gar nichts, es ist nur ..."

Caleb übernahm. "... Nolan, diese Beschreibung trifft eins zu eins auf dich zu."

"Das stimmt doch gar nicht!", fuhr ich ihn an, obwohl ich wusste, dass es gelogen war. Angeline und ich waren uns scheinbar doch viel ähnlicher, als ich angenommen hatte. Ich kannte es nicht, von meinem Gegenüber Kontra zu bekommen, weil alle einfach einen gewissen Respekt vor mir und dem Namen Warren aufwiesen. Angeline tat das nicht, weil sie mit derselben Ehrfurcht behandelt wurde, wie ich. Dass sie mir also ihre Meinung sagte, war so befremdlich für mich, dass ich es automatisch als etwas schlechtes einstufte.

"Ist das denn so schlecht?", fragte Carter nach. "Sie ist dir ähnlicher, als alle anderen auf dieser Welt. Sie versteht dich und deine ... Gewohnheiten wohl am Besten. Was, wenn sich zeigt, dass ihr miteinander gutauskommen könnt, ohne euch gleich den Kopf abzureißen? Was, wenn sich herausstellt, dass ihr ein gutes Team seid?"

Ich biss die Zähne zusammen und dachte über Carters Worte nach. Vielleicht hatte er recht, vielleicht würden diese sechs Monate nicht ganz so quälend verlaufen, wie ich angenommen hatte. Immerhin musste sie dasselbe durchstehen, wie ich. Wer könnte also besser in diese Rolle passen, als Angeline?

Andererseits bestand zwischen uns immer Konfliktpotential, das sicherlich ausarten könnte, wenn wir 24 Stunden sieben Tage die Woche miteinder zu tun hatten. Es blieb also abzuwarten, was die Zeit so mit sich bringen würde.

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