Benjamins PoV
Ungeduldig wartete ich darauf, dass das Training, auf welches ich mich sowieso nicht konzentrieren konnte, endete. Ich stand zwar mit meinen Mannschaftskollegen aufm Trainingsplatz, doch konnte ich nicht behaupten, dass ich auch wirklich am Training teilnahm. Ich wusste nicht einmal mehr, welche Übungen überhaupt dran gewesen waren. Meine Gedanken waren die ganze Zeit bei Lucas gewesen.
Vor drei Tagen war er aus Spanien zurückgekommen. Es schien ihm wirklich besser zu gehen. Er hatte mir gestanden, dass es tagsüber immer mal wieder Momente gab, wo er sich lieber im Bett verkriechen würde, aber wir waren beide optimistisch, dass es mit der Zeit besser werden würde. Die Albträume waren geblieben, doch war ich froh, dass Lucas zumindest wieder regelmäßig aß und trank.
Während ich Training hatte, saß Lucas mit dem Vorstand vom FC Bayern zusammen. Ich wusste, dass es neben Lucas aktuellen Situation auch um die Anfragen von AC Mailand und Atlético Madrid ging. Im Nachhinein bereute ich, dass ich das Thema vermieden hatte. Ich hatte Lucas lediglich gesagt, dass ich, egal wie er sich entscheiden sollte, hinter ihm stehen würde. Ich hatte mich dazu verpflichtet gefühlt, genau das zu sagen. Denn in Wahrheit hoffte ich, dass er bei mir in München bleiben würde. Ich wollte nicht, dass es zu einem Wechsel kam und erst Recht nicht nach Spanien zu Antoine Griezmann. Wäre ich ehrlich gewesen oder hätte Lucas nach seinen Plänen gefragt, wüsste ich, worauf ich mich einstellen müsste. Stattdessen stand ich nun komplett ahnungslos auf dem Trainingsplatz. Ich hatte nicht mitgezählt, wie oft mich bereits Jemand angesprochen hatte, weil ich in Gedanken versunken gewesen war. Es wusste alle über das Gespräch, welches im Inneren des Gebäudes geführt wurde, Bescheid. Ich hatte einige meiner Mitspieler bereits darüber sprechen hören, dass sie sich vorstellen könnten, dass Lucas sich für einen Wechsel entscheiden würde oder dass sie, an seiner Stelle wechseln würden. Ich konnte verstehen, warum sie diese Meinung hatten, doch hoffte ich dennoch, dass Lucas diese nicht teilte.
Mit jeder Minute, die verging, war ich mir jedoch sicherer, dass Lucas gehen würde.
Nach dem Training verzichtete ich aufs duschen, da ich mich sowieso nicht all zu viel bewegt hatte und zog mich stattdessen nur um. Nachdem ich mir meine Sneaker angezogen hatte, blieb ich einfach auf der Bank sitzen und starrte auf den Fußboden.
"Willst du nicht los?", erkundigte sich Kingsley verwundert bei mir. Ich schüttelte lediglich den Kopf.
"Benji", seufzte Corentin, während er sich zu mir setzte. "Fahr zu Lucas. Es macht doch keinen Sinn sich hier den Kopf zu zerbrechen, wenn Lucas dir sagen kann, was wirklich passieren wird. Vielleicht gibt es gar keinen Grund zur Sorge und er bleibt in München."
"Und sollte er wechseln, verschwendest du gerade wertvolle Zeit, die ihr auch zusammen verbringen könntet", ergänzte Niklas.
"Habt ihr vorher nicht über das Thema gesprochen?", erkundigte sich Leon.
"Nein, ich wollte es nicht wissen...Eigentlich will ich es immer noch nicht."
"Das würde bedeuten, dass es dir egal wäre und das ist es ganz offensichtlich nicht. Du hast Angst vor der Antwort, was ganz normal ist. Aber Coco hat Recht, es macht keinen Sinn, das Gespräch mit Lucas heraus zu zögern", meinte Manuel. Seufzend stand ich auf und griff nach meinen Sachen.
"Fährst du zu Lucas?", fragte Kingsley. Ich nickte. "Das ist die richtige Entscheidung. Richte liebe Grüße aus." Erneut nickte ich lediglich und verließ die Kabine, um mich auf den Weg zu Lucas zu machen.
Seit Zehn Minuten stand ich vor Lucas Haustür und tat nichts. Sobald ich die Klingel betätigen oder die Haustür aufschließen würde, wäre es nur noch eine Frage der Zeit, bis ich die Gewissheit hätte, dass Lucas mich verlassen würde. Ich zögerte den Moment heraus.
Plötzlich öffnete sich die Haustür jedoch ohne dass ich etwas getan hatte. Als ich aufsah, blickte ich in Lucas verwirrtes, jedoch auch besorgtes Gesicht.
"Hast du vor, irgendwann noch reinzukommen?", erkundigte sich mein Gegenüber. Ich nickte leicht. "Was ist los, Benji?"
"Ich ... ich hab noch was vergessen." Ich machte einen Schritt zurück, doch griff Lucas nach meiner Hand und zog mich sanft mit sich ins Haus. Hinter mir schloss er die Haustür. Mit einer Hand fuhr ich mir durch die Haare, während sich Tränen in meinen Augen sammelten. Lucas umschloss mein Gesicht mit seinen Händen und platzierte einen kleinen Kuss auf meinen Lippen.
"Ich liebe dich", sagte er leise und küsste mich erneut kurz. Statt die Liebeserklärung zu erwidern, zog ich Lucas näher zu mir und küsste ihn richtig. Lucas Hand fuhr unter meinen Pullover und strich langsam höher, wobei er den Pullover hochschob. Schließlich löste Lucas sich kurz von mir und zog mir das Oberteil aus. Ehe er seine Lippen zurück auf meine legen konnte, nutzte ich die Gelegenheit, um ihm sein Shirt ebenfalls auszuziehen. Ohne den Kuss ein weiteres Mal zu unterbrechen, schob ich Lucas Richtung Schlafzimmer. Irgendwie schafften wir es Unfallfrei die Treppe hinauf, wobei ich es zudem geschafft hatte, aus meinen Schuhen zu schlüpfen.
Im Schlafzimmer angekommen, steuerte ich direkt das Bett an, auf welches sich Lucas rücklings fallen ließ und mich dabei mit sich zog. Ich legte mich zwischen Lucas Beine und ließ meine Hände über seinen nackten Oberkörper gleiten. Für einen Moment löste ich den Kuss, um den Älteren ansehen zu können.
"Du weißt, dass wir das hier nicht tun müssen, oder?"
"Ach nicht?", hakte Lucas grinsend nach, wobei er eine Hand vorne in meine Jogginghose gleiten ließ. Als er begann mich durch die Boxer hindurch zu massieren, entfuhr mir ein Stöhnen. Ich ließ den Kopf nach vorne fallen und vergrub das Gesicht in Lucas Halsbeuge. Es war das erste Mal seit der Entführung und seitdem wir ein Paar waren, dass wir uns körperlich so nahe kamen. Bereits während unserer Freundschaft Plus hatte ich Lucas Nähe genossen und seine Berührungen hatten mich wahnsinnig gemacht, doch nach den letzten Wochen fühlte es sich noch intensiver an. Vermutlich wäre ich zu keinem klaren Gedanken mehr in Stande gewesen, wenn sich nicht ausgerechnet diese eine Angst tief in mir festgekrallt hätte ... Die Angst Lucas zu verlieren. War das hier unser Abschied? Würden wir ein letztes Mal miteinander schlafen und danach getrennte Wege gehen?
"Benji?" Lucas bewegte sich unter mir etwas, während er mich mit der freien Hand gleichzeitig etwas zurückschob, um mich ansehen zu können. "Sollen wir aufhören?" Als Antwort küsste ich ihn einfach. Lucas drehte uns, wodurch er nun über mir lag. Er zog mir die Jogginghose samt Boxer aus. Sanft begann er meinen Hals zu liebkosten, von wo aus er in alle Ruhe tiefer wanderte. Immer wieder fuhren seine Hände über meine Haut. Mit geschlossenen Augen hatte ich mich mit einer Hand ins Bettlaken gekrallt, während ich die Andere in Lucas Haaren vergraben hatte. Quälend langsam küsste er sich tiefer. Immer wieder drückte ich mich seinen Berührungen entgegen in der Hoffnung, endlich mehr zu bekommen. Doch Lucas ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Er ließ mich weiter zappeln.
Seine Lippen verließen meine Haut. Als nichts passierte, öffnete ich die Augen einen spaltbreit und schaute runter zu Lucas, welcher zu mir aufsah. Er senkte seinen Kopf, schloss seine Lippen um meine Erektion und ließ mich langsam tiefer in seinen Mund gleiten. Ich stöhnte seinen Namen, während mir die Augen wieder zufielen. Seine Hand an meiner Hüfte hinderte mich daran, mich ihm entgegen zu drücken. Lucas bestimmte das Tempo. Langsam begann er seinen Kopf zu bewegen. Er trieb mich ganz bewusst in den Wahnsinn. Es war daher nicht verwundernd, dass er, kurz bevor ich kam, von mir abließ, dennoch entfuhr mir ein frustriertes Stöhnen.
"Lucas, bitte", flehte ich und öffnete die Augen. Grinsend kam Lucas zu mir hoch und drückte mir einen kurzen Kuss auf die Lippen, ehe er sich zur Seite lehnte, um etwas aus dem Nachtschrank zu holen. Ich krallte mich währenddessen an seiner Hüfte fest, damit er bloß nicht auf die Idee kam, aufzustehen. Irgendwann während der letzten Minuten musste Lucas sich selbst von Hose und Boxer befreit haben, da er inzwischen ebenfalls komplett nackt war. Ich ließ meinen Blick über seinen trainierten Körper gleiten.
Lucas fragender Blick traf meinen. In der Hand hielt eine Tube Gleitgel. Er brauchte seine Frage gar nicht aussprechen, damit ich verstand, was er wissen wollte.
"Du", entschied ich aus einem Bauchgefühl hinaus. Lucas, der scheinbar mit meiner Entscheidung einverstanden war, küsste mich. Ich erwiderte den Kuss. Neben mir ertönte das Klicken der Tube. Kurz darauf spürte ich, wie Lucas erster Finger langsam in mich eindrang. Obwohl wir inzwischen bereits einige Mal miteinander geschlafen hatten und ich zumindest hin und wieder den passiven Part übernommen hatte, war es anfangs noch immer ein ungewohntes Gefühl. Doch schnell überwog die Lust und spätestens als Lucas schließlich mit einem dritten Finger eindrang, konnte ich ein Stöhnen nicht mehr unterdrücken.
"Bereit?", erkundigte sich der Ältere. Ich nickte. Ein Keuchen entfuhr mir, als Lucas Finger verschwanden. Ich biss mir auf die Unterlippe und versuchte mich zu entspannen. "Ich liebe dich, Mon amour", hauchte Lucas mir ins Ohr, während er vorsichtig in mich eindrang. Zunächst noch vorsichtig begann Lucas sich in mir zu bewegen. Der im ersten Moment eintretende Schmerz wich schnell der puren Lust. Ich krallte mich an Lucas Schultern fest. Unsere Lippen trafen immer wieder aufeinander bis der Kuss durch das nächste Stöhnen unterbrochen wurde.
Mir war gar nicht bewusst gewesen, wie sehr ich diese Nähe zu Lucas vermisst hatte. Eine Zeitlang hatten wir beinahe jeden Tag miteinander geschlafen, weil es zu der Zeit die einzige Möglichkeit zu sein schien, um Lucas nahe zu sein. Ich hatte den Sex als Vorwand genommen, damit wir uns trafen.
Lucas Stöße wurden härter, der Rhythmus wurde schneller. Obwohl ich das Ende gerne noch etwas herausgezögert hätte, um diese besondere Nähe noch länger genießen zu können, konnte ich schließlich nicht verhindern, dass ich mit Lucas Namen auf den Lippen zum Höhepunkt kam. Lucas kam fast gleichzeitig tief in mir.
Schwer atmend lag ich einfach dort und hielt Lucas fest umklammert. Der Ältere lag auf mir, wobei sein Kopf auf meiner Schulter ruhte. Erst als sich sein Atem etwas normalisiert hatte, zog Lucas sich aus mir. Da mein fester Griff nichts anderes zuließ, blieb er jedoch auf mir liegen.
"Alles in Ordnung?", fragte Lucas leise, ehe er einen Kuss auf meinem Schlüsselbein platzierte.
"Ich liebe dich", sagte ich zur Antwort.
"Ich liebe dich auch, Benjamin, aber was ist wirklich los?. Du standst doch nicht grundlos vor meiner Tür statt einfach reinzukommen oder zumindest zu klingeln."
"Wie lief dein Gespräch?", erkundigte ich mich, wobei ich Lucas enger an mich drückte, soweit das überhaupt noch möglich war.
"Gut, wir konnten uns auf einen Termin einigen." Ich schluckte schwer.
"Wann?"
"Nächste Woche." Ich nickte nur, während ich an die Decke sah und versuchte die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. "Ich hätte mit etwas mehr Begeisterung gerechnet." Lucas schaffte es, sich etwas aus meinem Griff zu befreien und dadurch mehr Bewegungsfreiheit zu erlangen, um höher zu rutschen. Sein Gesicht tauchte in meinem Blickfeld auf.
"Ich freu mich für dich", log ich und zwang mich zu einem Lächeln.
"Danach sieht es aber nicht aus. Du bist ein miserable Lügner. Warum bist du dagegen?"
"Ich möchte nicht, dass du gehst. Ich wusste neunzehn Tage lang nicht, ob ich dich jemals wieder sehen werde. Kaum hatte ich dich wieder, hat man auf dich geschossen. Dann warst du in Spanien und Griezmann erzählt mir, dass ich dich an ihn verloren hätte. Ich habe Angst dich zu verlieren, Lucas, die ganze Zeit, weil ich nicht weiß, wie ich noch ohne dich leben soll. Ich will, dass du glücklich bist und kann auch verstehen, wenn dafür ein Wechsel notwendig ist, aber das ändert nichts daran, dass ich dich in meiner Nähe brauche, um nicht vor Angst durchzudrehen." Den Kampf gegen die Tränen hatte ich verloren. Die zuvor unterdrückten Tränen rannen über mein Gesicht. "Und eine Heulsuse bin ich auch noch geworden", beklagte ich mich. Lucas schmunzelte kurz, ehe er wieder ernst wurde. Er nahm mein Gesicht zwischen seine Hände und platzierte einen zärtlichen Kuss auf meinen Lippen, ehe er mit den Daumen einige der Tränen wegwischte.
"Ich steige nächste Woche wieder ins Training beim FC Bayern ein."
"Was?", brachte ich lediglich hervor.
"Ich habe nicht vor, München zu verlassen. Ich hatte nie vor zu wechseln, weil hier inzwischen mein Zuhause ist und weil du hier bist. Ich werde nicht gehen, Benji. Hätte ich irgendwas in dieser Richtung geplant gehabt, hätte ich vor dem Gespräch mit dem Vorstand mit dir geredet. Warum kommst du nicht sofort zu mir, wenn du dir um irgendwas Sorgen machst?"
"Ich hatte Angst, dass du bestätigst, dass du gehen willst."
"Rede das nächste Mal bitte mit mir." Ich nickte, ehe ich Lucas zu mir runterzog und ihn küsste.