Leons PoV
"Weil du völlig übertreibst mit deiner beschissenen Eifersucht! Es nervt!", warf Joshua mir wütend an den Kopf.
"Tut mir leid, dass ich mir Sorgen um meinen Freund mache", fauchte ich zurück.
"Das hat doch nichts mit Sorge, sondern eher mit fehlendem Vertrauen zu tun, wofür ich dir nie einen Grund gegeben habe!"
"Das würde doch jetzt jeder sagen." Fassungslos blickte mein Gegenüber mich an.
"Spinnst du jetzt komplett? Was ist los mit dir? Du warst doch die letzten zwei Jahre auch nicht so extrem eifersüchtig. Was ist passiert, dass ich inzwischen nicht einmal mehr mit meinem besten Freund sprechen darf ohne dass du an die Decke gehst?"
"Der beste Freund, der dich ständig beim Duschen anstarrt?", hakte ich nach.
"Das bildest du dir ein, Leon." Ich schnaubte. "Ich habe die letzten Male drauf geachtet, Serge starrt mich beim Duschen nicht an. Wenn er in meine Richtung schaut, dann weil wir miteinander reden und dann schaut er mir ins Gesicht."
"Ach, also starrst du ihn beim Duschen auch an. Läuft da was zwischen euch? Seit wann?"
"Hörst du dir eigentlich selber zu beim Reden? Es kommt nämlich nur Schwachsinn aus deinem Mund. Ich habe keine Lust mehr auf diesen Mist." Joshua verließ das Wohnzimmer, weswegen ich ihm hinterher lief.
"Was meinst du damit?"
"Krieg deine krankhafte Eifersucht in den Griff."
"Sonst was?", hinterfragte ich.
"Sonst sehe ich keine Zukunft für unsere Beziehung." Der Kleinere zog seine Schuhe im Flur an.
"Du machst Schluss?"
"Ich kann das nicht mehr, Leon. Du kontrollierst jeden meiner Schritte. Drehst ständig vor Eifersucht durch, wenn ich nur ein paar Worte mit einer anderen Person wechsle. Du engst mich ein und merkst es nicht einmal. Das was wir aktuell haben, ist keine gesunde Beziehung mehr und früher oder später wird einer von uns beiden daran kaputt gehen. Wir sollten es also beenden, bevor es soweit kommen kann. Es ist besser für uns."
"Josh", hauchte ich. Er kam zu mir, legte eine Hand in meinen Nacken und zog mich sanft etwas zu sich herunter.
"Ich liebe dich, Leon, aber das mit uns funktioniert nicht mehr." Er hauchte mir einen letzten Kuss auf die Lippen, ehe er sich von mir löste und unsere Wohnung ohne ein weiteres Wort verließ.
Zwei Wochen später hatte ich noch immer nicht wirklich realisiert, wie es soweit hatte kommen können. Ich hätte ihm hinterher laufen soll, doch ich hatte es nicht getan und stand stattdessen minutenlang einfach nur wie versteinert im Flur. Es ging mir seitdem beschissen. Ohne Joshua an meiner Seite fehlte ein wichtiger Teil. Ich hatte Probleme beim Schlafen, bekam kaum einen Bissen herunter und fühlte mich einfach nur leer. Beim Training war ich unkonzentriert und an den Gesprächen meiner Mannschaftskollegen nahm ich nur teil, wenn es unbedingt sein musste. Ich zog mich zurück. Mit jeden Tag ohne Josh wurde es verlockender einfach in meinem Bett liegen zu bleiben und das Training zu schwänzen, doch bisher hatte ich dieser Versuchung nicht nachgegeben. Der einzige Grund, warum ich es nicht tat, war Joshua. Zumindest beim Training konnte ich ihn noch sehen.
Mir war nicht entgangen, dass es ihm nicht gut ging. Es war deutlich ruhiger als sonst, wirkte müde und zog sich von der Mannschaft zurück. Serge und Manuel schienen ihn jedoch im Auge zu behalten. Einer der Beiden war eigentlich immer bei ihm, was mir überhaupt nicht gefiel. Natürlich wolle ich nicht, dass Joshua allein war, wenn es ihm nicht gut ging, doch mir wäre es lieber, wenn ich derjenige wäre, der ihn in den Arm nimmt.
"Alles in Ordnung, Leon?", riss Robert mich aus den Gedanken. Ich riss mich widerwillig von Joshuas Anblick los, um mich Robert zu zuwenden. Als Antwort nickte ich lediglich. "Wirkt nicht besonders überzeugend. Möchtest du drüber reden?"
"Nein, aber danke", antwortete ich.
"Ich mache mir Sorgen um dich und nicht nur ich. Egal was es ist, du kannst mit uns über alles reden. Das weißt du, oder?" Ich nickte. "Du musst da nicht alleine durch."
"Es ist wirklich alles in Ordnung." Der Stürmer musterte mich noch einmal besorgt, ehe er nickte und sich weiter umzog. Mein Blick glitt zurück zu meinem Ex-Freund, welcher mich ebenfalls ansah. Einige Sekunden sahen wir uns einfach nur in die Augen, bis Serge Joshuas Aufmerksamkeit auf sich zog.
"Lucas und ich wollen heute Abend feiern gehen, kommst du mit?", erkundigte sich Serge, woraufhin er einen verwirrten Blick von Lucas erhielt.
"Ne, danke ...", begann Joshua, wurde aber direkt von seinem besten Freund unterbrochen.
"Komm schon, Joshi, wir waren schon ewig nicht mehr zusammen feiern. Das wird lustig, vertrau mir. Niklas, bist du auch dabei?"
"Klar, wann gehst los?", stimmte der Verteidiger sofort zu.
"Wir treffen uns um acht bei mir", entschloss Serge.
"Wann haben wir beiden vereinbart, dass wir feiern gehen?", hakte Lucas nach, der noch immer etwas verwirrt wirkte.
"Das habe ich alleine vereinbart", informierte ihn Serge, bevor sich dieser wieder Josh zuwandte. "Kommst du freiwillig oder muss ich dich abholen?"
"Ich komme freiwillig", seufzte dieser. "Du lässt mir ja eh keine andere Wahl."
"Das kann doch nur im Chaos enden", warf Manuel skeptisch ein.
"Du kannst ja als Aufpasser mitkommen", schlug Niklas grinsend vor, wofür er einen Blick von Manuel erhielt, der deutlich machte, dass das ein bescheuerter Vorschlag gewesen war. Dann sah der Torwart jedoch zu Joshua und schien seine Meinung zu ändern.
"Okay, ich komme mit. Thomas, hilfst du mir? Ich könnte Unterstützung gebrauchen."
"Bin dabei", sagte dieser direkt zu.
"Sehr gut, dann treffen wir uns um acht bei mir." Serge schnappte sich grinsend seine Sporttasche und verließ die Umkleide.
"Wir erwarten Bilder in unserer WhatApp-Gruppe von euch", meinte Sven schmunzelnd.
"Die bekommt ihr. Ich werde mich höchstpersönlich darum kümmern", versprach Thomas lachend. Angespannt hatte ich das Gespräch mit angehört. Es gefiel mir überhaupt nicht, dass Joshua mit den Anderen feiern gehen würde und ich nicht dabei war. Wir waren getrennt. Er könnte sich dort einfach einen Neuen suchen. Würden die Anderen vielleicht sogar versuchen Joshua zu verkuppeln? Sie wussten nichts von unserer Beziehung und somit auch nichts von der Trennung. Würde ich Josh endgültig verlieren?
Am Abend hielt Thomas leider sein Versprechen und stellte regelmäßig Bilder in unsere gemeinsame WhatsApp-Gruppe. Die ersten Bilder waren noch völlig harmlos. Sie saßen alle noch friedlich bei Serge im Wohnzimmer und tranken Bier. Gegen elf wechselten sie dann jedoch die Location und die Getränke. Aus dem Wohnzimmer wurde eine überfüllte Disko und aus dem Bier irgendwelche Mischgetränke, sowie Shots. Der Alkoholpegel stieg bei ihnen allen, was auf den Bildern nicht zu übersehen war. Selbst Thomas, der ja eigentlich zusammen mit Manuel aufpassen wollte, war fleißig am Trinken.
Mein Handy kündigte eine neue Nachricht an. Seufzend griff ich nach dem Gerät und öffnete WhatsApp. Thomas hatte ein neues Bild geschickt mit der Mitteilung, dass sie Zuwachsen bekommen hatten. Auf dem Bild waren neben meinen Mannschaftskollegen drei Fremde zu sehen, wovon einer neben Joshua saß und diesem einen Arm um die Schulter gelegt hatte, während er ihm irgendwas ins Ohr flüsterte. Leider sah dieser Typ auch noch verdammt gut aus. Ich spannte mich an. Dieser Kerl sollte die Finger von meinem Freund lassen.
Ohne mir die Mühe zu machen meine Jogginghose, sowie den Hoodie gegen vernünftige Kleidung zu tauschen, verließ ich meine Wohnung und fuhr zum Club, wo die Anderen feiern waren. Vermutlich würde es Joshua nicht passen, dass ich einfach dort auftauchen würde, aber das war mir in dem Moment komplett egal.
Ich wollte meinen Freund wieder haben und dafür musste dieser Kerl verschwinden, bevor sich irgendwas zwischen ihnen entwickeln könnte.
Beim Club angekommen, stellte ich mein Auto aufm erstbesten Parkplatz ab und wollte bereits aussteigen, als zwei Personen meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Joshua und der Fremde hatten den Club verlassen und standen nun draußen. Josh lehnte mit dem Rücken an der Wand. Der Fremde stand dicht vor ihm und schien ihn gerade küssen zu wollen, jedoch schob Josh, der ziemlich blass war, ihn etwas von sich. Den dadurch entstandenen Abstand überbrückte der Fremde direkt wieder.
Eilig stieg ich aus meinem Auto aus und lief auf die Beiden zu.
"Komm schon, Kleiner, lass uns etwas Spaß haben", lallte der fremde Typ.
"Was kapierst du an einem Nein nicht?", wollte Josh genervt wissen.
"Ich weiß, dass du es auch willst." Er legte seine Hände auf Joshs Arsch, was mich endgültig rot sehen ließ. Bevor Josh reagieren konnte, hatte ich die Beiden erreicht. Ich zerrte den Fremden von meinem Ex-Freund weg und schlug ihm, ehe er überhaupt realisieren konnte, was geschah, einfach ins Gesicht. Schmerzverzehrt stöhnte er auf, wobei er einige Schritt zurück stolperte. Ich wollte am liebsten direkt den nächsten Schlag nachsetzen, wurde jedoch von Joshua, der sich mir in den Weg stellte, davon abgehalten. Wütend funkelte ich den Fremden an, der sich vom ersten Schock erholt hatte und nun sauer in meine Richtung blickte.
"Leon, lass gut sein", meinte Joshua, wobei er seine Hand auf meine Brust legte und mich sanft etwas zurück Richtung Auto schob. Ich legte meine Hand auf seine, um sicherzugehen, dass er mitkam. Ich ließ den Fremden, dessen Nase blutete, dabei nicht aus den Augen. Erst Joshs Hand, die sich sanft an meine Wange legte, brachte mich dazu den Blick zu senken und meinen Ex-Freund anzusehen. "Lass gut sein."
"Aber ...", setzte ich an, wurde jedoch direkt unterbrochen.
"So ein Idiot ist eine Prügelei doch gar nicht Wert."
"Wenn er ..."
"Leon", unterbrach Joshua mich erneut.
"Er ist doch selber Schuld, wenn ..." Dieses Mal brachte Josh mich zum Schweigen indem er seine Lippen auf meine drückte. Es war nur ein kurzer Kuss, doch er reichte, um mich meine komplette Wut vergessen zu lassen. Überrascht blickte ich den Kleineren an, ehe ich mich vorlehnte und ihn erneut küsste. Josh erwiderte den Kuss und ich zog ihn enger an mich, wobei ich ignorierte, dass seine Lippen nach Alkohol schmeckten. Meiner Meinung nach viel zu schnell löste sich Joshua wieder von mir.
"Nicht hier und nicht jetzt", entschloss er und löste sich komplett von mir. "Fahr nach Hause, Leon."
"Kommst du mit?", fragte ich. Kurz überlegte er, nickte dann aber zustimmend. Kurz sah ich mich um, da ich langsam zu realisieren begann, dass wir uns einfach in der Öffentlichkeit geküsst hatten. Es schien jedoch Niemanden interessiert zu haben und sogar der Fremde war verschwunden. Ich legte eine Hand auf Joshuas Rücken und schob ihn sanft zu meinem Auto, in das wir beide einstiegen. "Ist alles in Ordnung?", erkundigte ich mich, da er noch immer ziemlich blass war.
"Mir ist etwas schlecht. Hab wohl zu viel getrunken."
"Mit Serge, Niklas und Lucas hast du dir auch eindeutig die falschen Trinkpartner ausgesucht. Die sind im Training."
"Thomas und Manuel sind auch nicht als Aufpasser geeignet. Manuel ist seit zwei Stunden verschwunden und Thomas gehts noch beschissener als mir."
"Dann muss du beim nächsten Mal wohl mich mitnehmen."
"Du kannst noch weniger ab als ich."
"Das ... kann ich leider nicht abstreiten." Joshua sah mich schmunzelnd an. "Ich hab dich in den letzten Tagen vermisst, Josh, und es tut mir leid, wie ich mich in letzter Zeit verhalten habe. Ich wollte dich doch nur nicht verlieren ..."
"Können wir das Gespräch bitte auf morgen verlegen? Ich bin zu betrunken für solche Gespräche", bat er mich, wobei er den Kopf gegen die Fensterscheibe lehnte.
"Okay", stimmte ich zu. Die restliche Fahrt verlief schweigend.
Bei mir Zuhause angekommen, stellte ich fest, dass Joshua eingeschlafen war. Lächelnd betrachtete ich ihn einen Moment, ehe ich ausstieg, ums Auto herumlief und ihn vorsichtig raus hob, um ihn in mein Schlafzimmer zu tragen. Beim Ablegen öffneten sich seine Augen einen Spaltbreit und er sah mich verschlafen an.
"Schlaf weiter", lächelte ich, wobei ich sanft durch seine Haare strich.
"Bleib hier", nuschelte Josh, während ihm bereits die Augen wieder zu fielen. Ich zog uns beide bis zur Boxer aus, ehe ich mich zu ihm legte und sanft in meine Arme zog. Im Schlaf kuschelte sich der Kleinere noch enger an mich, weswegen ich lächeln musste. Während es in den letzten Tagen ewig gedauert hatte bis ich endlich eingeschlafen war, schlief ich dieses Mal innerhalb weniger Sekunden ein, was ich vermutlich nur der Tatsache zu verdanken hatte, dass Josh endlich wieder in meinen Armen lag.
Als ich am nächsten Morgen wach wurde, lag ich allein im Bett. Joshuas Klamotten vom Vortag, die noch aufm Boden lagen, verrieten mir jedoch direkt, dass es nicht nur ein Traum gewesen war.
Ich stand auf und machte mich auf die Suche nach dem Kleineren, den ich einige Minuten später in der Küche fand. Lediglich mit einer kurzen Sporthose bekleidet und mit komplett verwuschelten Haaren saß er am Esstisch. Zwischen seinen Händen stand eine Tasse auf dessen dampfenden Inhalt Joshs Blick gerichtet war.
"Guten Morgen", machte ich leise auf mich aufmerksam.
"Morgen"
"Wie gehts dir?", erkundigte ich mich, während ich mich ihm langsam näherte.
"Besser als erwartet. Ich habe bloß Kopfschmerzen und fühl mich etwas schlapp."
"Ein vernünftiges Frühstück und eine heiße Dusche könnten dagegen helfen. Auf was hast du Hunger? Ich mach uns was."
"Können wir erst reden? Ich möchte das gerne klären." Ich zögerte, nickte dann jedoch und setzte mich auf den Stuhl neben ihn. "Erklärst mir bitte, Leon, woher kommt diese extreme Eifersucht plötzlich?"
"Du bist mir halt wichtig und ich möchte dich nicht verlieren."
"Wir sind seit zwei Jahren zusammen. In den letzten zwei Jahren musste ich mich nicht rechtfertigen, wenn ich mit Jemanden länger als fünf Minuten gesprochen oder eine Person mal umarmt habe. Was hat sich geändert?" Ich senkte meinen Blick auf die Tischplatte. "Rede bitte mit mir, Leon. Ich will dich nicht verlieren. Die letzten zwei Wochen ohne dich waren schlimm genug. Aber damit das mit uns weiterhin funktionieren kann, muss du ehrlich zu mir sein. Ich halte diese übertriebene Eifersucht nicht mehr aus. Du hast mir immer vertraut. Was habe ich getan, dass du an meiner Treuer zweifelst?" Josh legte seine Hand auf meinen Oberschenkel. Seufzend griff ich danach, um unsere Finger miteinander zu verschränken.
"Du hast gar nichts getan. Ein paar aus der Mannschaft reden schon seit einiger Zeit davon, dass du lang genug Single bist und ruhig mal Jemand Neues kennenlernen könntest. Sie wollen dich verkuppeln. Vielleicht ... also ... ich hab darüber nachgedacht, was passieren könnte, wenn sie dir Jemanden vorstellen würden, der dir wirklich gefällt."
"Das kann ich dir sagen ... es würde gar nichts passieren. Ich liebe dich, Leon und ich will auch nur dich. Du bist für mich perfekt, du machst mich glücklich, du bist mein bester Freund, du bist alles was brauche und möchte. Ganz egal wen ich irgendwann mal kennenlernen sollte, ich würde mich ohne zu zögern immer für dich entscheiden und diese Entscheidung auch niemals bereuen. Außerdem wissen die Anderen nicht einmal, dass ich schwul bin. Bedeutet, sie würden mir eine Frau vorstellen und allein daran würden die Verkupplungsversuche schon scheitern. Du hast überhaupt keinen Grund dir Sorgen zu machen. Ich gehöre nur dir."
"Also hast du unsere Beziehung noch nicht komplett aufgegeben?", versicherte ich mich.
"Das könnte ich gar nicht. Vor zwei Wochen wusste ich einfach nicht mehr weiter. Das ständige Streiten wurde mir zu viel."
"Dann darf ich dich also noch küssen?"
"Wann immer du möchtest." Lächelnd lehnte ich mich vor und küsste den Kleineren zärtlich. "Ich liebe dich", murmelte ich gegen seine Lippen.
"Ich liebe dich auch, Leon", erwiderte mein Freund, ehe er mich wieder küsste.