42.) Schluss mit lustig

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Lange sah ich ihnen hinterher, dann bemerkte ich Alice, die langsam auf mich zukam.

Sie sah aus, als wollte sie weinen und ich hätte sie so gern in den Arm genommen. Ich wusste, dass sie sich Vorwürfe machte, da sie nichts hatte sehen können, doch wie sollte sie denn auch. Sie konnte nicht einmal mich sehen, geschweige denn Jake und Nahuel. Sie hätte nichts dagegen tun können und ich wollte nicht, dass sie sich wegen etwas, das sie nicht verantworten konnte, so schlecht fühlte.

Plötzlich zuckte ich durch einen stechenden Schmerz am Kopf zusammen. Mein Vater untersuchte vorsichtig meine Wunde.

„Nichts schlimmes, nur eine Platzwunde. Carlisle wird sich Zuhause darum kümmern, wenn es dann noch nötig ist.", sagte er, wohl mehr als Antwort auf Jakes drängende Gedanken als zu mir.

Zuhause. Wie schön sich dieses Wort für mich anhörte. Wieder strömten Tränen über mein Gesicht beim Gedanken an meine Mutter, eine heiße Dusche und mein Bett, den Ort, an dem ich mich am geborgendsten und wohlsten fühlte

Wieder winselte Jake und ich sah zu ihm auf. Er hatte sich auf die Vorderpfoten gestützt und sein Kopf war ganz nah an meinem, dass ich ihm in die Augen sehen konnte. Ich streckte eine Hand aus und streichelte seinen Nasenrücken. Dann stand ich mühsam auf und kletterte auf seinen Rücken.

Ich legte mich bäuchlings auf ihn und vergrub mein Gesicht und meine Hände in seinem weichen Fell, ließ mich durch seine Wärme und seinen Herzschlag beruhigen. Auf unsere Umgebung achtete ich nicht wirklich, ließ sie nur als grünes Einerlei an mir vorbeiziehen, als ich mein Gesicht auf die Seite legte. Doch dann erfassten meine Augen eine Szene, die ich nicht einordnen konnte.

Ich sah Zafrina, Senna und Nahuel. Kachiri kam mit Zoraya und Naomi auf sie zu und Zoraya war die erste, die bei Nahuel war. Inzwischen war er wieder bei Bewusstsein und auf den Beinen. Sie ging auf ihn zu und schlug ihm ins Gesicht.

„Und du solltest Vater werden ...", glaubte ich, sie knurren zu hören. Hatte sie das wirklich gesagt, oder hatten mir meine Sinne da einen Streich gespielt?

Und was meinte sie mit Vater?

Dann sah ich, dass mein Vater mich ansah, doch wieder sah er nicht so aus, als würde er mir verraten, worum es ging. Er lächelte leicht und nickte und ich wandte mein Gesicht in die andere Richtung. Plötzlich war ich unwahrscheinlich müde und es fühlte sich an, als hätte ich Kopfschmerzen, auch, wenn ich noch nie etwas in der Art hatte. Ich konnte nur ahnen, wie so etwas sein würde.

Ich hörte schon meine Mutter nach mir rufen, als wir auf die kleine Lichtung hinter unserem Haus kamen. Sofort kam sie auf mich zu und zog mich vorsichtig von Jakes Rücken. Sie war völlig außer sich vor Sorge und rief Carlisle, als sie meine Wunde am Kopf sah.

Er kam sofort und beruhigte meine Mom erstmal, dass es nur eine Platzwunde sei. Dann fasste er vorsichtig meinen Arm und sah mir in die Augen.

„Gehen wir erst einmal hinein.", sagte er sanft und ich folgte ihm wortlos. Ich fühlte mich so furchtbar, schmutzig und voller Blessuren, wie ich war. Carlisle stoppte gar nicht erst an der Couch im Wohnzimmer sondert ging gleich mit mir die Treppen hinauf in mein Zimmer. Wieder strömten mir die Tränen übers Gesicht, als ich mein Bett sah. Wie gern würde ich mich jetzt einfach nur noch hinlegen und schlafen. Alles vergessen.

„Setz dich.", wies Carlisle in ruhigem Ton an und ich tat, was er sagte. Er hatte seine Tasche mitgenommen und stellte sie neben mein Bett auf den Boden. Mit einer kleinen Lampe leuchtete er mir in die Augen und bewegte einen Finger hin und her.

Dann sollte ich noch die Augen schließen und meine Finger zur Nase führen. Auch das tat ich, ohne mich zu beschweren.

„Gut, es scheint nichts mit deinem Kopf zu sein. Ich werde noch deine Wunde versorgen.", sagte er und tupfte schon vorsichtig auf meinem Kopf herum. Es brannte etwas, doch es ließ sich aushalten. Danach verschloss er die Wunde mit einem wasserfesten Spray, damit keine Keime daran kamen.

Nachdem er auch meine zahlreichen Schürfwunden gesäubert hatte, sah er mich unsicher an und kniete sich vor mich.

„Nessie, ich muss dich das fragen. Hat er - ", begann er doch ich unterbrach ihn kopfschüttelnd. Das hätte ich wahrscheinlich nicht überlebt, so grob, wie er schon vorher mit mir umgegangen war. Ich begann wieder zu zittern und sah zur Badezimmertür.

„Kann ich mich jetzt duschen gehen?", fragte ich flüsternd und Carlisle nickte nur. Er sah betreten zu meiner Zimmertür, hinter der meine Mutter wartete. Wieder schüttelte ich den Kopf und ging in mein Badezimmer, dessen Tür ich abschloss. Natürlich konnte eine abgeschlossene Tür niemandem in diesem Haus aufhalten - außer vielleicht Bryan - doch es zählte auch eher die Geste.

Ich riss meine Sachen von mir und kümmerte mich nicht darum, ob ich sie zerstörte. Dann drehte ich den Hahn für das heiße Wasser auf und stellte mich unter die Dusche. Kurz darauf hörte ich auch schon ein leises Klopfen an der Tür und wusste, dass es meine Mutter war.

„Schatz, mach bitte auf!", rief sie und klang sehr besorgt. Es tat mir weh, sie so zu hören doch ich konnte und wollte jetzt noch niemanden sehen.

„Nein!", erwiderte ich und kurz war Stille zu hören. Dann klopfte sie wieder, drängender diesmal.

„Bitte mach doch auf, ich mache mir doch nur Sorgen!", verlangte sie und wieder verletzte es mich, doch mein Entschluss geriet nicht ins wanken.

„Ich brauche einen Moment für mich alleine, später komme ich zu euch!", rief ich und sie verstummte. Dann hörte ich, wie ihre Schritte sich langsam entfernten.

Biss - die nächste GenerationWhere stories live. Discover now