23 - Grinsekatze zum Frühstück

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Wir quatschten noch ein bisschen bis ich mich wirklich beeilen und El ins Bett musste. Diesmal machte ich mir zwar nicht die Mühe mich zu schminken, da Florence und Victoria es sowieso wieder wegwischen würden, aber ich konnte auch nicht in meinem Schlafanzug in Joshs Auto steigen.

Er war wie immer auf die Minute pünktlich und lehnte lässig an der Beifahrertür.
„Guten Morgen", begrüßte ich ihn fröhlich und versuchte das leichte Flattern in meiner Brust zu ignorieren während ich auf ihn zuging.
„Es ist Mittag Jane", korrigierte Josh mich mit hochgezogener Augenbraue und klang dabei wie mein Vater.
„Elf Uhr ist nicht Mittag", widersprach ich ihm. „Aber von mir aus: Guten Mittag." Ich schenkte ihm ein extrabreites Grinsen und konnte sehen dass seine Mundwinkel zuckten. Vermutlich lachte er mich wieder aus, aber es war mir egal. Er hielt mir die Tür auf und ich setzte mich ins Auto. Irgendwie hatte mich das Telefonat mit El beschwingt und ich hatte extrem gute Laune. Vielleicht war es auch die wahnsinnige Angst mich bis auf die Knochen zu blamieren die sich in meinem Hirn irgendwie umgestaltet hatte oder ich wurde schlichtweg verrückt. Auf jeden Fall fühlte es sich für den Moment gut an.
„Hattest du die Grinsekatze zum Frühstück?", fragte Josh als er ebenfalls eingestiegen war.
„Nein, El", sagte ich. Er schüttelte den Kopf und auch mir war klar dass es keinen Sinn machte. Etwas anderes erschien mir aber gerade viel wichtiger. „Du kennst Alice im Wunderland?", fragte ich neugierig.
Josh ließ seinen Gurt einrasten und sah mich mit einem war die Frage ernst gemeint- Blick an. „Natürlich, warum sollte ich es nicht kennen?", fragte er.
„Keine Ahnung weil- weil deine Eltern reich sind?" Gegen Ende wurde ich dann doch etwas kleinlaut da mir klar wurde dass das wohl nicht wirklich ein triftiger Grund war. Josh blinzelte ungläubig.
„Meine Eltern sind nur reich, nicht vom Mond Jane", meinte er dann. Ich wandte den Blick ab und rutschte tiefer in meinen Sitz. „Jaja vergiss es, schon gut lass uns gehen", murmelte ich. Warum musste ich immer solchen Schrott von mir geben? Josh fuhr los. Ich vermied es ihn anzusehen und starrte auf die Straße.
„Kannst du mir noch erklären was ein El zum Frühstück ist?", fragte Josh als wir auf die Hauptstraße einbogen und klang dabei schrecklich verwirrt. Nun kehrte mein Grinsen zurück.
„El ist meine beste Freundin, wir haben telefoniert", erklärte ich rasch und sah zu ihm. „Ach so", sagte Josh und sein Gesicht wandelte sich in Verstehen um. Dann runzelte er die Stirn als würde er sich an etwas erinnern.
„Ist das die Blonde?", fragte er. „Die Journalistin mit der du vor meiner Haustür gestanden hast?" Er grinste mich von der Seite an. Ich rutschte wieder tiefer in meinen Sitz. „Ja das ist sie", gestand ich ein.
„Dann verstehe ich warum du so gute Laune hast", sagte Josh. Überrascht sah ich ihn an. „Echt?" Ich fragte mich wie er Els Wirkung auf mich mit ihrem sonnigen Gemüt hatte vorhersagen können.
„Sie ist ziemlich unterhaltsam", sagte er nur und unterdrückte ein Grinsen. „Hey das ist meine beste Freundin", verteidigte ich sie automatisch da ich nicht wusste ob er sie gerade auslachte. Er sah mich direkt an. „Ja das passt." Ich wusste darauf nichts zu sagen und wandte darum den Blick ab. Hatte er mich schon wieder beleidigt?

Den Rest der Fahrt blieben wir stumm und damit es nicht ganz so still war schaltete ich das Radio ein. Panic at the disco spielte gerade und ich summte stellenweise mit. Die Fahrt war kurz und bald waren wir an dem kleinen Laden angelangt. Wie gewohnt stieg er aus und umrundete das Auto um mir die Tür aufzuhalten. In meinem Kopf lief noch immer das letzte Lied das im Radio gespielt hatte und ich bewegte mich gerade in Richtung der Tür um auszusteigen da knallte diese wieder zu. Erschrocken wich ich zurück und sah empört nach draußen. Was sollte das denn jetzt. 

Josh hatte mir den Rücken zugedreht und ich lehnte mich ein wenig zur Seite um zu sehen was er vor sich hatte. Ich runzelte die Stirn. Dort stand eine hochgewachsene, etwas festere Blondine. Ich schätzte sie etwas älter ein als ich es war und ihr Gesicht erinnerte mich ein wenig an das einer Robbe mit den vollen Wangen und den großen Kulleraugen. Sie strahlte Josh an, dessen Körperhaltung jedoch nicht besonders entspannt war. Was war hier los? Wer war die Frau? Sie sagte etwas doch die Dichtung des Autos war viel zu gut um sie zu verstehen. Ich nahm an Josh gab ihr eine Antwort denn ihr Gesichtsausdruck änderte sich. Das strahlende Lächeln wurde weniger bis es kaum noch als Lächeln bezeichnet werden konnte. Enttäuschung zeigte sich auf ihrem Gesicht und sie lehnte sich zur Seite als wollte sie ins Auto hineinblicken. Das war natürlich unmöglich bei den gut getönten Scheiben. Sie machte einen Schritt nach vorne. Josh hob die Hand wie um sie abzubremsen. Er musste etwas zu ihr sagen denn sie runzelte die Stirn und schien zu schnauben. Dann drehte sie sich mit geschürzten Lippen und verschränkten Armen ab und stapfte davon.
Das Fragezeichen in meinem Kopf war immer grösser geworden und als Josh sich umdrehte und mir die Tür öffnete zeigte es sich wohl auch auf meinem Gesicht. Denn Josh antwortete auf meine Frage die ich noch gar nicht gestellt hatte.
„Das war Jessica, eine höchst unangenehme Person. Sie ist seit zwei Jahren schwer in mich verliebt und versucht ständig ihre Avancen bei mir anzubringen. " Er griff nach meiner Hand und zog mich zum Eingang. Ich stolperte hinter ihm in das Geschäft. „Dann ist sie sowas wie ein Fangirl?", fragte ich als wir im Geschäft standen.
Josh sah mich ernst an. „Nein eher sowas wie eine Stalkerin." Ich blinzelte. „Letztes Jahr ist sie mir bis nach Dubai gefolgt", offenbarte er mir. „Was?", fragte ich ungläubig und er nickte. Bevor ich weiterfragen konnte tauchte jedoch Florence auf.
„Oh mes chéris ihr seid hie'r!", freute sie sich und küsste uns beide auf die Wangen. Ich war etwas überrumpelt da mein Gehirn noch immer bei Jessica war, konnte mich aber noch fangen. „Isch habe heute etwas besonderes für eusch bereit, komm Jane!" Sie griff nach meiner Hand und zog mich mit sich in das Zimmer das ich vom letzten Mal kannte. Ich musste mich wieder auf den Sockel stellen. „Diesmal lassen wir die Herr nischt die letzte Wort haben", zwinkerte Florence mir zu und legte los.

Eine gefühlte Ewigkeit später waren Florence und Victoria endlich fertig damit an mir herum zu zupfen. Diesmal hatte Florence ein Kleid eigens für mich angefertigt. Ich war davon so überwältigt dass ich beinahe geheult hätte.
Das Kleid war silbern und schimmerte im Licht. Dank den unzähligen Steinchen, in allen erdenklichen Regenbogentönen. Es hatte zwei feine Spagettiträger die nur aus schillernden Glitzersteinchen zu bestehen schienen, einen herzförmigen Ausschnitt und lag bis um die Hüfte eng an bevor es locker zu Boden fiel. Hier hatte Florence noch ein kleines Extra eingebaut dass mir sehr gut gefiel. 

Victoria hatte meine Haare in große Locken gedreht und diese an einer Seite zurückgesteckt. An den Augen hatte sie dezentes Makeup aufgetragen und mir dafür dunkelrote Farbe auf die Lippen gepinselt. Ich fühlte mich wieder wie eine Prinzessin und bedankte mich tausend Mal bei den beiden Frauen.
Sie halfen mir in einen langen, schwarzen Mantel damit ich nicht erfror bevor ich ankommen konnte und führten mich dann die Eingangshalle des Ladens. Josh wartete bereits und war anscheinend auch zurechtgemacht worden.
Er trug einen hellgrauen Anzug welcher perfekt zu meinem Kleid passte. Seine Locken waren zu einer ordentlichen Frisur gestylt worden und er strahlte eine unverkennbare Präsenz aus. Er sah aus wie der reiche Unternehmer der er eigentlich war. Es stand ihm ausgezeichnet.
Die Tatsache verstärkte das Kribbeln in meinem Bauch und meine Gedanken wanderten kurz an Orte an denen sie nichts zu suchen hatten während Josh vor mir stand. Als es mir bewusst wurde schichtete ich rasch eine große Portion Gleichgültigkeit darauf. Das war hier definitiv unangemessen.
„Ich dachte schon ihr werdet nicht fertig", begrüßte Josh uns und musterte mich. „Incroyable. Du ungezogene Jun'ge", schimpfte Florence. „Denkst du isch kann zaubern wie ein Fee?"
Josh schenkte ich ein unwiderstehliches Lächeln. „Das denke ich sogar wirklich. Deine Arbeit ist einfach immer ein bisschen magisch." Ich zog die Augenbrauen hoch. Auf der Schleimspur würde er noch ausrutschten. Doch Florence störte das anscheinend nicht. „Ah Josh mon dieu du schmeichelst mich viel zu sehr!" Florence wurde tatsächlich ein wenig Rot und verzieh es ihm anscheinend das er sich kurzzeitig beschwert hatte.
„Warum darf ich deine Arbeit eigentlich nicht sehen?", fragte er dann und auf Florences Gesicht breitete sich ein spitzbübisches Grinsen aus. „Weil isch will dass ihr an die Veranstaltung ankommt", antwortete sie schlicht. Ich schluckte und versuchte Joshs Blick zu meiden den ich nun wieder auf mir spürte. Ich wusste warum Florence dermaßen grinste und meine Wangen passten sich mit dem Farbton den ihren an. Sie zwinkerte uns zu und scheuchte uns dann mit zwei Küsschen auf die Wangen aus dem Laden.
„Was hat sie damit gemeint?", fragte mich Josh kaum standen wir vor der Tür. Ich schüttelte den Kopf. „Das siehst du später", erwiderte ich und wusste dass ich ihn damit nur unnötig reizte, aber ich hatte Freude an dem kleinen Spiel.

Quentin war wieder mit dem Wagen da und ich begrüßte ihn fröhlich während er mir die Tür aufhielt. Er lächelte gutmütig und fragte nach meinem Befinden.
„Kann ich es nicht jetzt schon wissen?", fragte Josh kaum hatte Quentin die Tür hinter ihm geschlossen. Ich unterdrückte ein Grinsen.
„Ich denke ich koste dass ein wenig aus dich auf die Folter zu spannen", antwortete ich bevor ich darüber nachdenken konnte. Ich hatte keine Ahnung was mir heute in den Kopf gestiegen war, aber es war definitiv eine gute Priese Übermut dabei. Josh sah mir direkt in die Augen und das Grün schien zu leuchten. „Ist das so?", fragte er leise und eine Oktave tiefer als sonst. Ich nickte und schluckte. Er kam noch etwas näher. Nun waren unsere Gesichter so nah das unser Atem sich vermischte. Das Blut rauschte in meinen Ohren.
„Ich hoffe nur dass es nichts ist worin du nicht meine Eltern kennenlernen kannst." Seine Worte machten mich stutzig. „Was?", fragte ich leise. Josh lehnte sich zurück. „Meine Eltern werden heute Abend auch da sein, was dachtest du denn?", ließ er die Bombe platzen und mir blieb der Mund offen stehen. 

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