Liebe am Hermannplatz

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Draußen regnete es in Strömen. Isabella war glücklich, dass sie arbeiten musste und nicht durch den Regen laufen musste. Nicht wissend was sie mit den wenigen Gästen anfangen sollte fing sie an die Theke zu wischen. Zum dritten Mal in den letzten zwanzig Minuten. Als sie gerade fertig geworden war betrat ein neuer Gast das Café. Ihre Haare hingen ihr nass ins Gesicht und sie zitterte leicht. Wahrscheinlich war es draußen relativ kalt geworden.

Isabella hatte selten solch eine Schönheit gesehen. Ihre Augen hatten die Farbe vom Meer und es wirkte so, als könne sie einem mit einem Blick durch die Seele gucken. Ihre Haare waren ein Gemisch aus allen Farben des Herbstes. Sie musste sie gefärbt haben, kein Mensch konnte von Natur aus solch schöne Haare besitzen.

Das Mädchen trat an die Theke und sprach Isabella an. „Einen Tee und," sie überlegte kurz und blickte auf die großzügige Menge an Kuchen die der Laden anbot. „Und noch zwei Stück Käsekuchen bitte." Ihre Stimme war sanft, wie die eines Engels.

„Natürlich." Mehr brachte Isabella nicht heraus, war sie doch immer noch geblendet von der Attraktivität ihres Gegenübers. „Bringe ich ihnen gleich."

Normalerweise musste sie die Bestellungen nicht zu den Tischen bringen aber sie konnte einfach nicht anders.

Das Café am Hermannplatz war oftmals ein gut besuchter Ort. Schüler die nach der Schule einen kurzen Abstecher im Café machten waren mit den Rentnern, die den ganzen Tag da saßen und Leute beobachteten, die größte Einnahmequelle. Die meisten Schüler kannte Isabella, zumindest vom sehen. Die meisten wohnten in der Nähe des Cafés oder sie hatten schon oftmals einen Abstecher dort gemacht. Aber dieses Mädchen, dieses Mädchen kannte Isabella noch nicht. In irgendeiner weise kam ihr das Gesicht bekannt vor aber sie musste nicht woher. Wahrscheinlich sah sie jemandem den sie kannte einfach nur besonders ähnlich. Sobald der Kaffee fertig war nahm Isabella ihn und den Kuchen und brachte sie zu dem Tisch der Kundin. Sie hatte aber auf dem Weg den Hund übersehen der auf dem Boden lag. Es war Paulo, der Hund von Herrn Brandt, einem der Rentner die das Café andauernd besuchten. Mit großem Schwung stolperte Isabella also über Paulo. Wie in Zeitlupe konnte Isabella beobachten wie der Tee durch die Luft flog und auf der Bluse des hübschen Mädchens auftraf. Der große braune Fleck breitete sich rasant auf dem weißen Stoff aus und Isabella schluckte. Sollte sie je eine Chance bei ihr gehabt haben, dann war diese jetzt bestimmt wieder weg. Warum musste sie auch immer auf die Nase fliegen? Schnell stand sie auf und rieb sich kurz den Ellenbogen, mit welchem sie beim Fallen gegen eine Tischkante gekommen war. Nicht einmal eine Sekunde später stand sie neben dem Tisch des Mädchens und sah besorgt zu ihr herunter. „Oh mein Gott. Es tut mir so leid. Ich hab Paulo übersehen. Ich hoffe ich habe ihnen nicht wehgetan." Nervös lächelte Isabella ihr, hoffentlich, freundliches Lächeln, welches sie nur für Kunden benutzte. „Ich...ähm...also wenn es für sie okay ist kann ich ihnen von hinten ein Ersatz Shirt bringen und sie können sich kurz umziehen. Ich würde die Bluse natürlich in die Reinigung bringen und ihnen nach Hause bringen wenn ihnen das Recht ist. Es tut mir wirklich sehr leid." Isabella rieb ihre Hände nervös aneinander. Das hübsche Mädchen sagte nichts sondern starrte sie einfach nur weiter an. Ihr Gesichtsausdruck sagte nichts aus über ihre Gedanken und Isabella hatte schon Angst, dass sie wütend auf sie war und das Café verlassen würde.

„Irgendwoher kenne ich dich." Es klang eher so als würde das Mädchen es zu sich selber sagen, als zu Isabella selber, trotzdessen fragte Isabella: „Ehrlich? Woher glauben sie?"

„Ich weiß jetzt wieder woher ich dich kenne!" Das Mädchen machte sich gar nicht erst die Mühe auf Isabellas Frage zu antworten sondern sprach einfach, ja sie schrie schon fast. „Du bist Isabella Jackson oder? Wir waren im selben Kindergarten. Erinnerst du dich?" Die Augen des Mädchens strahlten nur so vor Freude, endlich herausgefunden zu haben woher sie Isabella kannte.

„Warte...wer bist du? Also wie heißt du?" Isabella war verwirrt wie das Mädchen sie erkannt hatte. Schließlich waren seit dem Kindergarten mindestens dreizehn Jahre vergangen. Sie hatte sich verändert. Nicht nur war sie selber erwachsener und reifer geworden aber auch äußerlich hatte sie sich stark verändert. Ihre einst straßenköterblonden Haare hatten nun die Farbe dunkelblau und sie hatte auch bereits ein paar Tattoos. Bis heute dankte sie ihren Eltern, dass diese so locker waren was ihr Aussehen anging und ihr so ziemlich alles erlaubten.

„Ich bin Bella. Also Bella Capaccio." Bella guckte hoffnungsvoll, so als würde sie Angst haben, dass Isabella ihr sagen würde, dass sie sie nicht kenne.

„Oh mein Gott. Natürlich. Ich erinnere mich. Wir haben doch geheiratet im Kindergarten." Isabella schlug sich die Hand vor die Stirn. Wie konnte sie Bella nur nicht erkennen. Sie sah genauso aus wie ihre Mutter. „Wie bescheuert, dass ich dich nicht sofort erkannt habe." Beide lachten kurz. „Wir müssen uns in nächster Zeit unbedingt treffen. Du musst mir alles erzählen was dir seit der Kita passiert ist." Isabella lächelte wie ein Honigkuchenpferd. Sie hatte sich letztens die Bilder von ihrer und Bellas „Hochzeit" im Kindergarten angeguckt und sich darüber aufgeregt, dass die beiden den Kontakt nicht gehalten hatten. Anscheinend war das Schicksal sehr großzügig gegenüber Isabella und hatte sie und Bella wieder zusammengebracht.

„Natürlich müssen wir uns treffen. Ich werde in nächster Zeit einfach wieder hier her ins Café kommen." Bella blickte Isabella in die Augen. „Ich bin echt froh, dass wir uns wieder gefunden haben. Irgendwie habe ich dich die letzten Jahre total vermisst. Und ich meine, vielleicht könnten wir die Hochzeit aus der Kita in ein paar Jahren wiederholen." Beide mussten lächeln und Isabella errötete ein bisschen nickte aber zustimmend.

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⏰ Last updated: Oct 16, 2020 ⏰

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