33.

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Sobald ich über die Türschwelle des Hauses - unseres Hauses - trete, begrüßt mich der süße Duft von Chocolate Chip Cookies. Ich bin versucht, meine Augen entspannt zu schließen, allerdings kann das warten. Ich muss mit Mom reden und ich bin mir sicher, dass es ihr ähnlich geht. Wir haben in letzter Zeit echt eine unangenehme Beziehung zueinander gehabt und ich möchte nicht mehr so mit ihr umgehen. Das hat keine von uns verdient.

Also müssen wir uns einmal sprechen und unsere Probleme auf der Welt schaffen. Ich straffe meine Schultern und ziehe meine Schuhe aus, diesmal lege ich sie ordentlich auf das Schuhbrett, genauso wie ich meine Jacke aufhänge und meine Hände wasche.

»Mom?«, rufe ich dann in die Stille herein, während ich in die Küche laufe. Die Antwort erübrigt sich, als ich sie am Küchentresen sitzen sehe. Sie blättert durch die Zeitung, die Shadow mir heute mitgebracht hat, und ihr müder Blick begegnet meinem, als sie ihren Kopf hebt.

»Hi«, sage ich kleinlaut und lasse mich neben ihr auf einen Stuhl fallen.

»Wo bist du gewesen?«, fragt sie allerdings statt einer Antwort. Erst jetzt sehe ich ihre Augenringe. Sie hat sie zwar gut verdeckt, aber in letzter Zeit scheint sie offenbar nicht viel Schlaf abzubekommen.

»Draußen. Ich habe gespielt. Ich habe meinen Kopf leerkriegen müssen. Es tut mit leid, Mom. Ich habe dir nicht Sorgen bereiten wollen«, gestehe ich ehrlich. Ich liebe es mit meiner Mutter abzuhängen und einfach den Moment zu genießen, aber in letzter Zeit ist die Stimmung Zuhause einfach ungeniessbar gewesen und trotzdem tut es jedes Mal weh, wenn ich heimkomme und dann sehe, wie sie auf mich gewartet hat. Wie sie sich Sorgen um mich gemacht hat, weil sie mich liebt und ich mich einfach total egoistisch aufführe.

»Wir müssen reden«, platzt es schließlich nach einigen Momenten Stille aus mir heraus. Nur das Blättern der Seiten raschelt zwischen uns und ich bin mir sicher, dass das ihr Zeichen gewesen wäre, dass sie keine Lust hat, mit mir zu reden. Aber irgendwann müssen wir es tun und je schneller wir es getan haben, desto besser.

»Ja, Schätzchen. Das müssen wir wahrhaftig«, stimmt sie mir seufzend zu, worauf ich nur überrascht blinzeln kann. Ich hätte vieles erwartet, aber nicht, dass sie so hemmungslos ja sagt.

»Du hast Fragen. Stell sie«, fordert Mom mich also an, während ich nur dumm aus der Wäsche schaue.

»Äh...ja...genau«, räuspere ich mich, um wieder in die reale Welt zurückzukommen. Himmel, mein Hirn hat teilweise auch wirklich Probleme.

»Wieso ziehen wir um?«, stelle ich also die erste Frage, die mir gerade in den Sinn kommt. Irgenwie müssen wir ja auf die Sache zu sprechen kommen. Auch wenn ich nicht weiss, ob mit alle Antworten gefallen werden. Genau genommen bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass ich ein Problem mit den meisten haben werde, aber wenigstens werde ich dann überhaupt Antworten haben.

»Ich ... es ist nicht so, wie du denkst«, antwortet Mom, nachdem einige Minuten lang Stille in der Luft gelegen hat. Sie sieht mich dabei mit einem verzogenen Gesicht an und eine Weile lang hören wir der Uhr zu.

Tick-tack. Tick-tack. Tick-tack.

Ich will sie nicht zu einer Antwort drängen, denn es ist offensichtlich jetzt schon viel schwer für sie. Ich möchte sie nicht zusätzlich unter Druck setzen, denn das kann sie momentan wahrscheinlich echt nicht brauchen.

»Wir haben finanzielle Probleme«, bricht sie irgendwann dann doch noch die Stille. Dabei starrt sie auf die Tischplatte vor sich und mir fallen beinahe die Augen aus dem Kopf.

»Wie? Ich meine ... seit wann?«, hake ich zögerlich nach. Sie seufzt schwer und plötzlich macht die Sorge in ihren Augen Sinn. Sie ... ich habe doch keine Ahnung gehabt. Das Ganze hier ist also doch nur wegen des Geldes entstanden und auch nur, weil sie vielleicht keine andere Möglichkeit gesehen hat?

ShadowWhere stories live. Discover now