Kapitel 1

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1. Tag 


„Herzlich Willkommen in Australien. In Kürze werden wir landen und die endgültige Parkposition erreichen. Bitte bleiben Sie noch solange auf Ihren Plätzen angeschnallt sitzen. Vergessen Sie ihr Handgepäck nicht und gehen Sie sicher, nichts an Board zu verlieren. Wir hoffen, Sie hatten einen angenehmen Flug und wünschen Ihnen einen tollen Aufenthalt hier in Australien. Vielen Dank." Die Durchsage lässt meinen Bauch aufgeregt kribbeln und ein immer größer werdendes Lächeln schleicht sich auf meine Lippen, als ich aus dem kleinen Fenster rechts von mir hinausschaue. Vorher war Australien nur ein kleiner Punkt gewesen, den ich von weit oben gesehen habe, aber jetzt wird es immer größer und größer und man kann bereits einige Häuser und grüne sowie braune Flecken entdecken. Jetzt bin ich wirklich in Australien und bereit für die größte Reise meines Lebens. Bereit, um meine Vergangenheit zu vergessen und alles hinter mir zulassen, um neu anzufangen.

Nachdem mein Bruder vor einem halben Jahr gestorben ist und meine Eltern sind dazu entschieden haben sich scheiden zu lassen und mein Vater sich dann endlich dazu aufraffen konnte sich einen neuen Job zu suchen und wieder normal zu leben um meine Mutter vielleicht doch wieder zurückzugewinnen, habe ich mein Abi geschafft um mir jetzt meinen Traum erfüllen zu können. Doch es ist nicht leicht. Überhaupt nicht. Ich war nicht mehr dieselbe wie zuvor auch. Ich habe mich verändert. Ich habe mit niemanden mehr geredet, nicht Mal mit meinen Eltern oder meiner besten Freundin. Ich konnte einfach nicht. Ich konnte Ihnen nicht in die Augen blicken, wollte ihr Mitleid nicht sehen. Die Welt war nicht mehr bunt, sondern grau und schwarz. Alles verblasste und mein einziges Ziel war, meinen Abschluss zu schaffen und dann nach Australien zu gehen. Ein Jahr lang ein Work and Travel in Australien. Zwölf Monate Zeit, um mich selber und meine innere Ruhe zu finden und um herauszufinden, was ich will. Ich möchte die Welt erkunden, neue Leute kennenlernen und einfach Spaß haben und an nichts denken müssen. Den Kopf abschalten und genießen. Mehr nicht. Und was ist da nicht besser geeignet, als direkt mit einem Surfkurs zu beginnen. Stunden saß ich damals mit dem Laptop auf dem Schoss in meinem Zimmer und habe recherchiert. Ich wollte mir alle Vorteile und Nachteile über ein Work and Travel in Australien ansehen und dabei bin ich dann auf einen siebentägigen Surfkurs in Thirroul, nahe Sydney, gestoßen und habe wenig später entschlossen es mal auszuprobieren. Denn wenn ich schon in Australien bin, dann will ich auch alles erleben. Und dazu gehört auch das Surfen. Ich würde mich ärgern, hätte ich es gar nicht ausprobiert. In vielen Bewertungen stand, dass dieser Surfkurs fantastisch ist, dass die Leute dort alle nett sind und man auf jeden Fall viel Spaß haben wird. Denn nicht nur das Surfen steht dabei im Vordergrund, sondern auch verschiedene Ausflüge und Wanderungen.

Voller Aufregung und mit einem breiten Grinsen im Gesicht stehe ich kurze Zeit später von meinem Sitz auf, dabei halte ich die kleine Handtasche, wo ich das Nötigste für den Flug eingepackt habe, fest in meinen Händen. Als ich auf die Uhr an meinem Handgelenk blicke, welche in der Sonne in den verschiedensten Farben prächtig funkelt, stelle ich fest, dass wir es bereits pünktlich zur Mittagszeit um zwölf Uhr haben. Und so langsam stelle ich auch fest, dass ich verdammt müde bin. Ich habe einen fast zwanzigstündigen Flug hinter mir mit einem Zwischenstopp. Zwar habe ich versucht während dem Flug zu schlafen, aber so ganz ist mir das nicht gelungen. Ständig bin ich aufgewacht wegen irgendwelchen kleinen Geräuschen. Seien es Leute gewesen, welche sich miteinander unterhalben haben, der Pilot, welcher Durchsagen gemacht hat oder die Stewardess, welche durch die Gänge gelaufen ist, um zu schauen, ob jemand etwas braucht und ob alles gut ist. Das alles war nervig und hat mich so sehr aufgeregt, dass ich jetzt völlig fertig bin. Ich will nur noch schlafen. In meinem Zimmer ankommen, duschen und dann schlafen. Nichts weiter. Nur entspannen und ausruhen.

Nachdem ich durch die ganzen Sicherheitschecks gelaufen bin und meinen Koffer in der Hand halte laufe ich raus zu dem riesigen Ausgang des Flughafens, was sich als ziemlich schwierig erweist. Überall stehen Menschen herum. Manche unterhalten sich mitten im Weg oder andere warten einfach nur auf jemanden. Pure Erleichterung fließt durch meinen Körper, als ich vor dem Ausgang zum Stehen komme und einen etwas älteren Mann mit einem Namensschild, auf dem mein Name steht, erblicke. Er trägt eine dunkelblaue kurze Jeanshose und ein blütenweißes Hemd, welches bin obenhin zugeknöpft ist. Auf seinem Kopf ist eine rote Cappy zu sehen, auf welcher in großen weißen Buchstaben Surfcamp Thirroul draufsteht. Seine Augen sind von einer Sonnenbrille abgedeckt, welche in der warmen Sonnenhitze bunt schillert. Er trägt einen leichten Dreitagebart, an welchem auch schon die ersten grauen Haare zu sehen sind. Ein freundliches Lächeln ziert seine Lippen als ich auf den Mann zulaufe. „Hallo, ich bin Fallon Adams." Er hält mir seine Hand hin, welche ich entgegennehme und wir kurz die Hände schütteln, um uns zu begrüßen. „Mein Name ist Paul und ich bin dafür zuständig, Sie heute sicher ins Surfcamp zu fahren und sie am Ende auch hier wieder abzusetzen."

Salzwasserküsse Where stories live. Discover now