Die Einsamkeit

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Die Einsamkeit:

 

Aria war schon lange gewohnt, alleine zu sein. Seit genau 4 Jahren nun, waren ihre Eltern tot. Damals waren sie gerade auf der Reise nach Süden. Sie wollten fliehen vor dem Winter, aber sie waren zu langsam zu Fuß. Also bauten sie mit letzter Kraft einen Unterschlupf und versuchten, den Winter zu überleben. Die Seen froren zu und… Ach Gott, JEDER hätte gedacht, dass bei minus 30 Grad der See weit genug zugefroren war. Doch Arias Eltern hatten anscheinend eine schlechte Stelle erwischt, sie brachen ein und Aria musste zu sehen wie auch die letzten Luftbläschen ihrer Eltern verschwanden. Von nun an war sie auf sich alleine gestellt. Mit 13 Jahren. Das einzige, was ihr ihre Eltern zurückgelassen hatten, waren eine halbfertige Holzhütte und ein Fohlen, welches sie in der letzten Stadt, Charleut, gekauft hatten. Aria schaffte es, den Winter zu überleben und brachte es auch irgendwie fertig, im Frühling die Hütte fertig zu bauen. Eigentlich waren ihre Eltern Händler gewesen und waren von Stadt zu Stadt gezogen, doch Aria wusste, dass sie nie ihre Waren los kriegen würde. Das Volk von Georgia war weitestgehend arm und Aria viel zu stolz, um sich auf irgendeinen Marktplatz zu stellen und den Leuten zu erzählen, wie hochwertig ihre Waren waren. Also entschied sie sich, einfach da zu bleiben, wo sie gerade war und von der Natur zu leben. Sie hatte von ihren Eltern ja schon die Grundlagen gelernt: Feuer machen, Eisfischen, mit Pfeil und Bogen eine ganze Hirschkuh zu erlegen. Sie fand sich zurecht und gewöhnte sich an die Einsamkeit. Nur ganz selten begegnete sie auf ihren Ausritten mit Ringo anderen Reisenden. Mit denen sprach sie, wenn sie mit ihnen sprach, nur über Neuigkeiten aus der Regierungsstadt. Ja, Georgia wurde von der Regierungsstadt Gouverneut aus regiert. Dort lebten ausgewählte Adlige, aber auch berühmte Wissenschaftler und Philosophen. Und alle zusammen versuchten Georgia zu regieren. Das muss man sich mal vorstellen: Ungefähr 400 Leute mit völlig verschiedenen Standpunkten versuchten ein Land mit 50 Millionen Menschen zu regieren. Während Aria so auf ihrem Holzbett lag und über all dies nachdachte, hörte sie von draußen, wie der Regen einsetzte. Dieser Winter war ungewöhnlich warm gewesen und heute am 10. Januar regnete es sogar schon! Aber Aria konnte das nur recht sein. Sie stand auf und ging zur Tür hinaus. Im Laufe der Jahre hatte sie einen Zaun errichtet, um das Gelände ihrer Hütte abzugrenzen und einen Schutz vor wilden Tieren zu sichern. Ganz am Rand des Geländes stand Ringo. Er war ein sehr großes Pferd und hatte dunkelbraunes Fell. Als Aria erschien, hob er den Kopf, beäugte sie erst einen Moment und kam dann langsam und träge zu ihr gelaufen. Die ersten Regentropfen begannen sich mit dem noch immer 10 cm hohem Schnee zu vermischen und Aria wusste, dass es zum Reiten heute viel zu gefährlich war. Auch Pferdehufen konnten nichts gegen die dadurch entstehende Glätte ausrichten. Aria streichelte gedankenverloren Ringo's Kopf und fing mit der anderen Hand ein paar Regentropfen auf. Sie seufzte. Es half ja nichts: Es war Zeit Frühstück zu machen.

Es regnete tagelang. Der Schnee schmolz und gab so die grüne, aber felsige, Landschaft wieder frei. Aria´s Hütte lag an einem Waldrand doch wenn sie aus der Tür ging, lag eine grüne, hügelige Landschaft vor Aria. Am Rande dieser Landschaft lagen die Felsberge. Man nannte sie zumindest Berge, da sie dir Vorläufe des Felsgebirges waren. Doch eigentlich waren es nur etwas zu hoch geratene Hügel. Ab und an ritt Aria dorthin, da der Weg steinig war und unsicher. Außerdem brauchte man im Schritt ungefähr 6 Stunden, um zu den Felsbergen zu gelangen und Aria mochte es nicht außerhalb der Hütte zu übernachten. Ein Bär könnte kommen oder ein Rudel voller Wölfe. Einmal hatte Aria schon so eine Begegnung gehabt: Eines Nachts war sie aufgewacht und vor ihrer Hütte stand ein Schwarzbär. Ringo war schon geflüchtet, nur um zwei Stunden später wiederzukommen, und Aria war alleine. Sie opferte ihre letzten Fleischstücke, die sie 15 Meter weg von der Hütte warf, um etwas Abstand zum Bären zu haben. Jetzt musste es schnell gehen: Sie wusste, um einen Bären zu töten, brauchte man mindestens 5 Pfeile. Sie hoffte ihn mit zwei Pfeilen so verletzen zu können, dass er nicht wütend werden würde, sondern flüchtete. Der erste Pfeil traf ihm am Bein. Keine wirklich gute Stelle da er mit drei Beinen immer noch schnell genug war. Der Zweite drang in den Bauch des Bären ein. Dann passierte ein Moment gar nichts. Der Bär wand den Kopf und starrte einige Sekunden Aria mit schmerzverzogenem Gesicht an und humpelte dann zurück in den Wald. Danach begann Aria den Zaun zu errichten. Doch auch dieser brachte nur bedingten Schutz gegen wilde Tiere.

 Aria wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. In Georgia dauerte der Winter immer bis in den März hinein und dass es nun so früh wärmer wurde, war sehr ungewöhnlich. Aria versuchte sich an etwas derartigem zu erinnern. Vielleicht an eine Geschichte über solche Wetterverhältnisse, die sie in einer Stadt aufgeschnappt hatte, doch ihr fiel nichts ein. Die nächste Woche verrichtete sie die übliche Arbeit: Sie reparierte ein Fenster an der Hütte, schärfte ihre Messer und machte neue Pfeile. Dann ging sie auf die Jagd. Sie sattelte Ringo, nahm ihre Köchertasche, öffnete ein Tor und schwang sich dann auf Ringos Rücken.

Die Jagd war erfolgreich. Ungewöhnlich viele Rehe hatten sich in Arias Jagdgebiet verirrt und so kam sie in der Dämmerung mit zwei Rehen und einem Hasen im Gepäck zurück zur Hütte. Das würde für die nächste Woche reichen. Am Abend gab es dann ein kleines Festessen für Ringo und für Aria. Aria hatte schon zuvor Gras zurückgelegt, aus dem Heu geworden war. Ringo's Leibspeise. Und Aria genoss ein krosses Stück Reh. Als sie abends in ihrem Leinenhemd ins Bett kroch versprach sie sich noch, dass sie morgen unbedingt Beeren und Kräuter sammeln müsste. Außerdem musste sie mal wieder fischen gehen. Sie konnte sich schließlich nicht eine Woche von Fleisch ernähren. Sie drehte sich auf die Seite und obwohl es ihre vor dem See graute, schlief sie bald ein.

  Mitten in der Nacht erwachte sie von Ringo's Wiehern. Sofort sprang sie auf und griff nach ihrem Schwert. Vor zwei Jahren hatte sie es gemacht und sie wusste ganz genau, dass es nicht besonders gut war. Nicht scharf genug und zu unstabil. Sie näherte sich der Tür und riss sie schließlich auf. Ringo stand am Zaun und stieg wieder und wieder. Endlich erkannte Aria den Grund seiner Aufruhr: Am Horizont im Fahlen Mondlicht war ein Pferd zu sehen mit einem Menschen auf dem Rücken. Mehr konnte sie nicht erkennen. Doch er nahm geradewegs Kurs auf Aria's kleine Hütte.

Die ElementewandlerinWhere stories live. Discover now