Kapitel 1: Niall

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„Mama, ich will da aber nicht hin.", meinte ich und sah sie mit einem flehenden Blick an. Ich wollte nicht an meinem Geburtstag wieder in diese Selbsthilfegruppe. Das brauchte ich doch gar nicht. Ich war völlig normal. „Niall, Schatz, es ist doch nur zu deinem besten." Sie strich mir einmal durch meine blonden Haare und sah mich aufmunternd an. „Aber ich brauche das nicht. Ich bin normal!", rief und stampfte leicht auf den Asphalt.

Ich wollte nicht wieder zu den komischen Leuten. Auch nicht zu meinem Pädagogen Mr. Tomlinson, der war ja ganz nett, aber ich brauchte so was doch gar nicht. Ich war ein ganz normaler siebenjähriger Junge. „Niall, eines Tages wirst du es verstehen und es dauert auch gar nicht lange. Du bist auch nie allein. Bernie ist die ganze Zeit bei dir.", sagte sie ruhig und zeigte auf meinen Kuschelteddy, den ich in meinen Armen hielt. Bernie war mein einziger Freund, nur er konnte mich verstehen. Er redete zwar nicht mit mir, aber ihm vertraute ich all meine Geheimnisse an und ich wusste, dass er sie nie weitererzählen würde. Auf das was sie sagte, antwortete ich gar nicht erst. Ich konnte mich so oder so nicht durchsetzten.

Meine Mutter nahm mich an meine freie Hand und ging mit mir von dem leeren Parkplatz, hinüber zu der Selbsthilfegruppe, die neben dem Krankenhaus stattfand. Vorne gab mir meine Mutter noch einen Kuss auf die Wange und strich mir durch die Haare. „Du kannst das Niall.", sagte sie und munterte mich auf. Es musste schon gehen und wenn ich hier weg konnte, konnte ich zuhause auch wieder mit meinen neuen Legosteinen spielen, die ich heute zu meinem Geburtstag bekommen hatte. Bei dem Gedanken stieg meine Laune wieder ungemein und ich ging relativ fröhlich in das weiße Nebengebäude des Krankenhauses.

„Alles Gute zum Geburtstag, Niall!", rief Mr. Tomlinson, der vorne auf mich gewartet hatte und mich an die Hand nahm. Als wenn ich nicht alt genug war um allein zu gehen. „Danke, Mr. Tomlinson.", antwortete ich und gab dem braunhaarigen Mann mit der Brille auf der Nase ein Lächeln meinerseits. „Wir haben auch noch ein Geschenk für dich.", informierte er mich und ich konnte nicht anders als zu strahlen. Ich liebte es Geschenke zu bekommen. Hoffentlich war es etwas zum Spielen oder Essen. Nicht so etwas Langweiliges wie Anziehsachen.

Mr. Tomlinson führte mich in den großen Gemeinschaftsraum, in dem auch schon die ganzen anderen saßen. Nur war dort heute ein neues Mädchen, mit langem braunem Haar. Sie kam mir nicht bekannt vor. Ich hatte sie doch wohl nicht vergessen? Nein. „Wir haben nämlich einen Kuchen für dich.", meinte er und zeigte auf die große Benjamin Blümchen Torte. „Dankeschön.", meinte ich glücklich, aber beim genaueren Hinsehen wurde ich stutzig. Warum stand da denn 'Alles Gute zum 18. Geburtstag'? Ich war doch sieben geworden und nicht achtzehn. So alt war ich nun auch wieder nicht. Schließlich war ich nicht mit sechs eingeschlafen und wachte mit achtzehn wieder auf. Konnte Mr. Tomlinson denn nicht rechnen?

„Aber ich bin doch erst sieben geworden.", meinte ich und schaute in das Gesicht von Mr. Tomlinson, das mich komisch anlächelte. Manchmal machte er mir echt Angst. Dazu war er immer sehr streng, aber irgendwie auch nett. „Niall, du bist nicht sieben geworden, sondern achtzehn, aber das wirst du eines Tages verstehen. Daran arbeite ich schließlich mit dir.", gab er mit einem Lächeln zurück. Er war genauso wie meine Mutter. Alle meinten immer, dass ich es eines Tages verstehen würde, aber was meinten sie denn? Ich verstand doch alles und wenn auch mal nicht so schnell, lag das daran, dass ich erst sieben war. Da musste ich auch noch nicht alles verstehen. „Schneiden wir jetzt erstmal die Torte an. Du magst doch Benjamin Blümchen Torte oder Niall?", fragte mich Mr. Tomlinson und ich nickte freudig. Die kleine Diskussion von vorher war sofort vergessen und Mr. Tomlinson und ich fingen beide an ein Stück meiner Lieblingstorte zu essen. Die anderen Mitglieder der Selbsthilfegruppe waren anderweitig beschäftigt oder redeten etwas. Vielleicht hatten sie einfach keinen Hunger, was aber kein Problem für mich war. Immerhin konnte ich dann mehr essen.

Lifesaver (Zarry/Liam)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt