»Wir sind gleich da«, brüllt Mathea urplötzlich zurück. »Macht hinne!«

     Einstimmiges Seufzen ist unsere Reaktion auf ihre Antwort.

     »Ich will nicht mehr«, jammert Lovis leise.

     Ich muss mir das Lachen verkneifen, als ich zu ihm blicke. Mein Bruder ist wohl zu dem Schluss gekommen, dass aufrechtes Gehen viel zu anstrengend ist. Mittlerweile läuft er vorübergebeugt und lässt die Arme dem Boden entgegen baumeln.

     »Ist diese Art der Fortbewegung auch nur in irgendeiner Art und Weise leichter?«, frage ich ihn schmunzelnd.

     »Ja. Nein. Keine Ahnung.«

     Ajax und ich lachen, Lovis jammert, Mathea ist verschwunden und die Sonne verbrennt unsere Haut. Ein Sommer, der zum ersten Mal perfekt erscheint.

[...]

     Der Strand am Bodensee wird mit dem Voranschreiten der Zeit immer leerer und die späten Abendstunden verscheuchen nicht nur Erwachsene mit ihren kleinen Kindern, sondern locken einzelne Jugendliche an, die sich in Grüppchen um ein Lagerfeuer drängen. Die Zungen der Flammen strecken sich dem Himmel entgegen und werfen flackernde Schatten auf den dunklen Sand, der mit der Schwärze des Wasser verschwimmt.

     Es scheint sich um eine Party zu handeln, an der jeder teilnimmt, der zufällig vorbeikommt. Zuerst beobachten wir das Treiben am Strand aus sicherer Entfernung, bis wir entscheiden, uns einfach unters Volk zu mischen. Unsere Anwesenheit fällt nicht weiter auf.

     Ich weiß nicht, wie spät es ist, als wir zu viert dann doch wieder auf einer einsamen Bank sitzen und gedankenverloren auf das Wasser starren, das man schon lange nicht mehr vom Horizont unterscheiden kann.

     Das Lachen der anderen Jugendlichen, die sich nur wenige Meter von uns entfernt um das Feuer drängen, füllt die kühle Nachtluft aus.

     Ich trage Ajax' Pulli, mein Kopf liegt auf der Schulter des Franzosen, der vor einigen Stunden nach meiner Hand gegriffen und sie seitdem nicht mehr losgelassen hat. Rechts von dem blondhaarigen Jungen lungern Lovis und Mathea, wobei sich letztere im Sand niedergelassen hat.

     Mein Bruder hält eine halbvolle Flasche in der Hand, die er von der Feier hat mitgehen lassen. Keine Ahnung, um was für einen Alkohol es sich handeln mag. Lovis passt genau darauf auf, dass niemand auch nur auf die Idee kommt, ihm die Flasche abzunehmen.

     »Ich finde, wir sollten noch nachträglich auf Ajax' Geburtstag anstoßen«, sagt Mathea plötzlich und blickt zu uns auf. »Ich kann nicht glauben, dass wir das vergessen haben.«

     »Typisch wir halt, nh?«, lache ich. »Dann gibt es einmal etwas wichtiges, das getan werden muss, und was machen wir? Vergessen es.«

     Der Rest der Gruppe steigt in mein Gelächter ein und unsere Blicke kreuzen sich immer wieder, während wir in der vorangeschrittenen Nacht sitzen. Die Laterne, welche nur wenige Schritte hinter uns steht, wirft flimmerndes Licht auf unsere Gesichter, die dadurch unnatürlich blass erscheinen.

     »Dann holen wir das jetzt nach«, beschließt Mathea und dreht sich zu Lovis, der ihr einen wachsamen Blick zuwirft.

     Schmunzelnd beobachte ich, wie sich sein Griff um die Flasche verstärkt, als unsere Freundin auffordernd die Arme ausstreckt.

     »Ihr könnt sie doch nicht einfach köpfen?«, beschwert er sich beinahe panisch.

     Ajax grinst schief. »Was sollen wir sonst machen? Sie ins Bett legen und ihr Geschichten zum Einschlafen vorlesen?«

WAS UNS HIGH MACHT | ✓Where stories live. Discover now