Anderes Leben.

23.3K 1K 28
                                    

***Sicht von Sam***

"Sam!!"-die laute Stimme eines Jungen. Ich schreckte hoch und sah unter meiner Bettdecke hervor. Ich sah genau in die grünen Augen von James.

"Steh' auf, Neo muss hier weg"-James ernst und strich über den Kopf des Rottweilers.

"Schon wieder?"-ich und schlug die Decke zurück. Er nickte und stand auf. Ich zog meine schwarzen Lederboots mit den Nieten an und sah James an.

"Wohin"-ich monoton.

"Die stillgelegte Fabrikhalle"-er

"Schon wieder?"-ich

"Woanders sind die nicht sicher"-er und strich durch seine Haare.

"Wo sind die anderen?"-ich.

"Milo arbeitet und Dave lenkt sie ab"-er.

"Fuck"-ich und nahm mir die Jeansjacke, die auf dem Stuhl lag.

"Ich lenk sie ab"-er und öffnete mir die Tür. Ich pfiff einmal leise und alle sieben setzten sich rasend schnell in Bewegung. Ich rannte das Treppenhaus runter und raus auf die dunklen Straßen. So leise wie möglich versuchte ich zu den Müllcontainern zu kommen, da war es stockfinster. Als die Dunkelheit mich und die sieben umhüllte, war ich erleichtert.

"Anuk, Fleur, Milo"-ich leise und legte allen drei eine weitere Metallkette um den Hals.

"Na los Jungs"-ich und sprang auf einen Müllcontainer. Geschickt kletterte ich über den hohen Zaun und landete auf einer Holzkiste. Die sieben machten es mir nach. Hinter mir waren plötzlich Stimme zu hören.

"Was wenn die die Hunde da haben?"-eine Männer Stimme

"Dann kommen alle mit auf's Revier, auch wenn wir nur den einen suchen. Aber jetzt lass uns erstmal rein gehen"-er. Ich spannte mich augenblicklich an. Fuck! Die Bullen waren diesmal schneller als wir.

"Okay ihr lieben, ein bisschen Sport in der Nacht schadet ja nicht"-ich und lief los. Die Hunde folgten. Ich war müde und die Kälte tat in der Lunge weh, doch ich lief weiter, schließlich tat ich es für das Leben eines Freundes. Knapp 4 Kilometer legte ich durch die Kälte hinter mich. Als ich endlich die Fabrikhalle sah, verlangsamte ich mein Tempo. Ich kletterte auf einen Stromkasten und dann durch ein Loch in die dunkle Halle. Alle Hunde folgten. Erschöpft setzte ich mich auf eine Decke, die hier noch lag. Um mich herum die Hunde. Ich nahm mein Handy aus meiner Jackentasche und las die SMS's die mir geschickt wurden.

'Du musst dort bleiben, die Bullen halten unten Wache. James'

Kurz schloss ich die Augen und atmete tief durch. Eine weitere Nacht in der Kälte.

'Ich bin in zwanzig Minuten bei dir. Dave'

Jedenfalls musste ich mich nicht langweilen. Ich steckte mein Handy wieder in meine Jackentasche. Mit einem Ruck stand ich auf und stieg über die liegenden Hunde. Ich nahm mir eine der Decken und deckte Mio und Fleur zu, mit einer weiteren Liv und Monty und mit der letzten Ada und Anuk, mit Neo teilte ich mir eine Decke. Der Schatten einer Person tauchte am Fenster auf und Dave kam in die Fabrikhalle.

"Ich hab ne Abkürzung genommen"-er und ich gab ihm ebenfalls eine Decke.

"Haben wir genug Futter, um die sieben durch zubekommen"-ich

"Das Geld fehlt"-er

"Ich kann arbeiten gehen!"-ich

"Sam, jedenfalls einer soll einen Abschluss machen"-Dave ernst.

"Wenn wir die sieben durch bekommen wollen, muss ich arbeiten"-ich

"Du verstehst das nicht."-er

"Doch, das tue ich"-ich

"Keine weitere Diskussion!"-er ernst. Ich verstummte und sah auf die dösenden Hunde

"Der ganze Aufwand nur wegen Anuk"-Dave seufzend

"Hast du Bier?"-ich

"Nicht für dich"-er und steckte sich eine Zigarette an.

"Arschloch"-ich und streichelte über Neo's Kopf.

"Schlaf jetzt, du musst morgen in die Schule"-er

"Erinner' mich nicht dran"-ich und rollte mich zusammen. Meinen Kopf legte ich auf Dave's Schoss und schloss die Augen. Es war furchtbar kalt, doch ich zwang mich zu schlafen.

Ein Rütteln am Arm weckte mich.

"Aufwachen. Du musst in die Wohnung duschen und dich umziehen"-Dave. Ich sah mich um. Immer noch war es dunkel.

"Wen soll ich mit nehmen?"-ich und richtete mich auf.

"Neo, Mio und Ada. Die anderen vier bring ich nachher nach Hause"-er. Ich nickte und kletterte durch das Loch wieder nach draußen. Die drei Hunde folgten mir wie immer. Um diese Uhrzeit war die Gefahr, andere Leute aus dieser Gegend zu treffen, schon größer. Ich musste alle drei Hunde anleinen und so schnell wie möglich durch Hintergassen zu dem alten Betonblock kommen, indem unsere Wohnung war. Zu meinem Erstaunen waren die Bullen schon abgezogen und ich konnte mit den drei Hunden ohne Probleme in das Treppenhaus. Die Wohnungstür musste wie immer mit etwas Gewalt geöffnet werden und ich fand einen schlafenden Milo vor. James saß auf dem Boden und begrüßte mich mit einem Nicken. Ich nahm mir eine Tasse Kaffee und trank die Brühe in wenigen Zügen.

"Geh duschen, war bestimmt ne kalte Nacht"-James

"Man gewöhnt sich dran"-ich und verschwand hinter dem Vorhang.

"Sam! Du musst los"-James laut und knallte mit der Schublade unter der Küchentheke.

"Ja man!"-ich genervt und nahm meinen Rucksack.

"Jedenfalls stinkst du jetzt nicht mehr nach nassem Hund"-er und öffnete das Fenster.

"Bis dann"-ich.

"Geht Neo mit?"-er

"Ja"-ich

"Ich lass ihm die Tür offen und seh zu, das du verschwindest"-er.

Ich lief die Treppen herunter und verließ bei Tagesanbruch unser Viertel. Mit den Händen in den Jackentaschen ging ich schweigend über den Bürgersteig. Langsam tauchte ich unter in das Viertel der Reichen. Hier war ich eigentlich völlig fehl am Platz, doch ich überspielte es. Neo war der einzige Hund, der dieses Viertel betreten konnte von den Hunden. Er war der einzige der sich gegenüber fremden Hunden einigermaßen normal verhielt, der seinem Ruf nicht nach ging.

Die Schule kam in Sicht. Mehr als durchgefroren erreichte ich die Mauer, die den Schulhof eingrenzte. Neo setzte sich automatisch hin, er durfte das Gelände nicht betreten. Ich streichelte mit meiner kalten Hund einmal über seinen Kopf und krauelte ihn hinter den Ohren. Friedlich sah er mich an.

"Geh und wach über Milo, er braucht jetzt Schlaf"-ich und betrat das Schulgelände. Ich wusste das Neo in diesem Moment noch an der Mauer saß und mir nach sah, das war sein Kontrollwahn, um sicher zu gehen, das ich in der Schule angekommen war. Er war sozusagen mein Bodyguard. Erst wenn ich die Schule betrat, machte er sich auf den Heimweg. Tyler und seine Freunde warfen mir wie jeden Tag, seit zwei Wochen ratlose Blicke zu. Sie versuchten mich runter zu machen, mit mir zu reden oder mich dumm anzumachen, doch mit mir reden konnte niemand. Niemand außer Dave, James und Milo. Denn für mich bedeutet reden vertrauen und wer vertraut, der wird verletzt. Ich hatte für die nächsten Jahre noch genug Schmerz übrig, da verzichtete ich freiwillig.

Without a smile.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt