Emma

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Es ist Mittwoch.
Heiß, klar und grell.
Die Sonne scheint erbarmungslos auf das grüne Wellblechdach und lässt mich auf der Bank darunter schwitzen.
Neben mir sitzt ein Mädchen.
Sie trägt ein weißes Sommerkleidchen mit kleinen Blumen am Saumen.
Ihr langes rotes Haar hat sie zu einem unordentlichen Dutt nach oben gesteckt.
Sie schwitzt nicht.
Einige Zeit sitzen wir so da. Starren auf das große Maisfeld vor uns und schweigen.
"Du hast da was", sagt sie auf einmal und hält mir den ausgestreckten Zeigefinger hin. Auf ihm sitzt ein Marienkäfer.
Ich nicke. "Schön."
"Ich lass ihn frei.", sagt sie und hebt die Hand.
Der Käfer fliegt davon.
"Schau er will zu dem Maisfeld!"
Das Mädchen legt den Kopf schief. "Bestimmt sucht er seine Freunde." Schweigen.
"Vielleicht hat er gar keine Freunde. " Verwundert dreht sie den Kopf zu mir. "Glaubst du ?"
Ich nicke wieder.
Schweigen.
Ein Traktor rollt vorbei.
"Aber...jeder hat doch Freunde..."
Ihre grünen Augen mustern mich verwirrt.
"Nein. Nicht jeder."
Mein Blick folgt den blauen Bus der sich unserer Haltestelle nähert.
"Ich nicht."
Sie lächelt.
"Dann bin ich jetzt dein Freund."
Mit einem Hopser springt sie von der Bank.
"Das ist mein Bus." 
Ich blinzle.
In der Tür dreht sie sich noch einmal um.

"Ich bin übrigens Emma."

Mit einem Grinsen verschwindet sie im Fahrzeug.

Und dann ist Emma weg.
Wie der Marienkäfer.

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⏰ Last updated: Jul 23, 2020 ⏰

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