Buon compleanno, Leonardo!

Start from the beginning
                                    

»Morgen.«

»Also heute-morgen oder morgen-morgen?«

»Hä?« Er sah mich verwirrt an, während ich mir die Worte nochmal auf der Zunge zergehen ließ und sie tatsächlich schrecklich wenig Sinn machten. Ich lehnte mich ein wenig zurück und stützte meine Hände hinter mir auf dem Boden ab, ohne mir dabei besonders viele Gedanken darüber zu machen, wie ekelhaft das war. Also ein paar schon. Aber nicht so viele wie früher.

»Naja, verstehst du, es ist ja schon nach Mitternacht. Also meinst du, dass du an dem Tag heute hast, der ja irgendwie auch morgen ist, oder halt an dem nächsten Tag«, versuchte ich zu erklären und machte eine Geste, die es besser beschreiben sollte. Wie konnte dieses süße Zeugs eigentlich nachträglich noch so reinhauen? Vorher war es mir doch auch noch gut gegangen. Verdammt, vielleicht mutierte ich jetzt zu Leonardo. Allein das verdammt war doch schon das beste Beispiel dafür.

»Ich raff dich nicht, Mädchen. Du verwirrst mich«, seufzte Leonardo und tastete mit einer fahrigen Bewegung nach seiner Mische. Ich schob sie ihm zu. Er trank einen großen Schluck daraus und verzog das Gesicht, kommentierte es mit den Worten »Wetten, ich kotz bald?«

Als wäre es eine nennenswerte Leistung. Ich verdrehte die Augen, auch wenn ich, um ganz ehrlich zu sein, die Befürchtung hatte, mein Mageninhalt würde bald seiner Aussage nachkommen wollen. »Also an welchem Tag hast du denn jetzt?«, fragte ich ihn.

»Am einundzwanzigsten. Also Juli.« Seine Stimme war ein leises Murmeln und er begann nach seinen Kippen zu suchen, doch er fand sie nicht. »Scheiße, ich will jetzt rauchen«, fluchte er, die Bewegungen wurden stressiger.

»Happy Birthday, Leonardo«, sagte ich mit einem Lächeln auf den Lippen und zog ihn dann an mich, um meine Arme um ihn zu legen.

»Grazie«, murmelte er und ließ seinen Kopf gegen meine Schulter sinken. Kalter Zigarettenrauch stieg in meine Nase. So hielt er einen Moment inne, bis er sich ziemlich ruckartig von mir losmachte.

»Ey, ich geh' jetzt«, murmelte er und brachte sich auf die Beine. Er brauchte dabei nur zwei Versuche, was in seinem Zustand definitiv als hervorragende Leistung zu werten war.

»Wieso denn?«, fragte ich nach und legte meinen Kopf in den Nacken, um ihn anzusehen. Er sah ziemlich fertig aus. Ja gut, die Frage war da eher, wann ich Leonardo mal nicht fertig gesehen hatte. »Willst du nicht mit Vince heimfahren?«

»Nee ... Lass mal, okay«, murmelte er und schwankte zwei Schritte zur Seite. »Will' llein sein.«

»Hm. In Ordnung. Pass auf dich auf, Leonardo.«

Er nickte, dann wandte er sich ab und lief mit schwankenden Schritten über den Parkplatz. Irgendwo in Richtung des Bauzaunes stand ein fetter schwarzer BMW, aus dem schwere Bässe klangen. Davor ein paar Jugendliche, die miteinander anstießen und ich war mir ziemlich sicher, dass meine Cousine bei ihnen sein musste. Die hielt es doch nicht aus, mal eine Woche nicht ins Xenon zu gehen. Als würde sie dann automatisch sterben, wenn das nicht der Fall war.

Ich rappelte mich auf und griff nach Leonardos Mische, deren Inhalt ich wegschüttete. Das Glas behielt ich in der Hand, als ich mich zurück in die Disco begab und die vollgestopften Räume nach Vince durchsuchte. Es dauerte eine Weile, bis ich ihn gefunden hatte – dabei war dieser Typ doch auffällig genug, als dass sich das als gar nicht so schwer herausstellen sollte. Er stand in dem schmalen Gang, der zu den Toiletten führte, mit Fanta, die auf dem Boden kauerte.

»Vinni, Vinni, Vinni«, sagte ich schnell, als ich ihn erreicht hatte, und es dauerte nur einen Sekundenbruchteil, bis seine Aufmerksamkeit mir galt. Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, als er mich entdeckte, und er legte seine Hand auf meine Hüfte, um mich an sich ranzuziehen.  »Ich hab 'ne Idee und zwar 'ne richtig gute«, grinste ich. »Okay, also eigentlich sind die immer gut, aber dieses Mal ist es eine besonders gute.«

Von Helden und VerlierernWhere stories live. Discover now