16 | Komplikationen

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     «Dann geh doch», grummelt Lovis, dessen Stimme von eben jener Genervtheit spricht, deren spitzer Unterton sich auch in meine Worte gemischt hat.

     Ich unterdrücke es, gereizt die Augen zu verdrehen, und wende mich stattdessen meinen drei Weggefährten zu. Dabei stelle ich allerdings fest, dass Ajax verschwunden ist. Sein Schlafsack liegt sauber zusammengerollt neben seinem Rucksack, doch sein Longboard ist verschwunden und der Besitzer gleich mit.

     Irritiert runzle ich die Stirn und lasse meinen Blick rasch über die umliegenden Bäume schweifen, als würde sich hinter einem von ihnen der gesuchte Franzose verstecken.

     «Wisst ihr, wo Ajax hin ist?», frage ich Mathea und Lovis.

     Meine beste Freundin hat sich ihren Hoodie geschnappt und über den Kopf gelegt. Vermutlich, um der Helligkeit zu entgehen und die Geräusche der Umgebung zu dämpfen, was bei dem Lärm, den die Autobahn fabriziert, nur mäßig funktionieren sollte.

     «Hallo?»

     Keine Reaktion.

     «Erde an Lovis und Mathea!»

     Nichts.

     Mir entwischt ein genervtes Schnauben.

     «Würden sich die beiden faulen Volltrottel bitte einmal dazu bequemen, mir eine Antwort zu geben, oder übersteigt dies ihre kleinkindlichen Fähigkeiten?»

     Lovis setzt sich abrupt auf und wirft mir einen wütenden Blick zu. Ich wundere mich, dass er zu dieser schnellen Bewegung überhaupt in der Lage gewesen ist.

     «Nein, ich habe keine Ahnung, wo der verfluchte Franzose steckt», antwortet er spitz, ehe er sich zurücksinken lässt.

     Missbilligend schnalze ich mit der Zunge. «Brauchst dich gar nicht mehr hinlegen. Wir gehen weiter.»

     «Sagt wer?»

     «Sage ich.»

     «Na dann kann ich ja weiterschlafen.»

     «Lovis!»

     «Talia!», äfft er mich mit geschlossenen Augen nach.

     «Mit dem als Bruder braucht man wirklich keine Feinde mehr», murmle ich, bevor ich zu dem Schluss komme, kurzen Prozess zu machen.

     Mit energischen Schritten gehe ich auf meinen Zwilling zu, welcher bereits wieder die Augen geschlossen hat und versucht, ins Land der Träume zurückzukehren. Seine Haare stehen wirr in alle Richtungen ab und dürften noch schlimmer aussehen, als meine eigenen.

     Matheas Kopf wird hingegen weiterhin von ihrem Hoodie versteckt, allerdings ist sie mir bis jetzt auch nicht ganz so sehr auf die Nerven gegangen, wie der kupferfarbene Sack neben ihr.

     Entschlossen greife ich nach einer Wasserflasche, die zwischen Lovis' und meinen Schlafplatz liegt, und schraube sie auf, bevor ich ihren Inhalt kurzerhand über seinem Kopf entleere. Die Flüssigkeit dürfte mittlerweile von ekelerregend warm zu kalt gewechselt sein, weshalb sie zum Trinken ohnehin nicht mehr geeignet ist. Aber als Mittel, um sich an Lovis' frecher Zunge zu rächen, reicht es allemal.

     Dachte ich zumindest.

     Allerdings reagiert er nicht einmal ansatzweise so, wie ich es erwartet hatte. Anstatt aufzuspringen und sich lauthals darüber zu beschweren, wie ich auf die bescheuerte Idee gekommen bin, ihn mit dieser Methode aus den Federn zu locken, vergräbt mein Bruder bloß umständlich den Kopf in seinem Schlafsack und erinnert damit ziemlich erschreckend an einen schläfrigen Welpen.

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