Kai nickte ihm lobend zu und wandte sich dann an mich.
„Woher wusstest du, dass der Hase kommt?"
„Ich hab ihn gehört."
Kai sah kurz zu Stelle, wo der Hase aufgetaucht war und dann wieder zu mir. Ein Hauch Misstrauen lag in seinen Augen.
„Das ist zu weit weg."
Schulterzuckend tat ich es ab. Ich vermied eine Lüge. In ein paar Tagen würde sich das alles klären. Dann würde ich Sana, Myalo und vermutlich auch allen anderen Savern gestehen, dass ich der Dunkle Mond war. Mit all seinen Fähigkeiten und Taten. Vielleicht war ich dann auch gar nicht mehr hier.

Mir war bewusst, dass Kai das nicht auf sich beruhen lassen würde, aber vorerst ließ er davon ab.
„Gib uns Bescheid, wenn du was hörst.", sagte er und wir setzten die Jagd fort.

Auf der restlichen Jagd fand ich noch zwei Hasen und eine Hirschkuh. Ich legte keinen Pfeil mehr an und ließ die anderen die Tiere töten. Den ersten Pfeil hatte ich daneben geschossen, weil mir das Töten von Tieren einiges an Überwindung kostete. Es war klar, warum.

Wir kehrten mit unserer Beute aus dem Wald zurück. Dort brachten einige aus dem Team die Sachen zur Küche, andere kümmerten sich um die Waffen. Ich vermied es auf die blutroten Pfeil- und Messerspitzen zu sehen.

Kai entließ seine Truppe lächelnd und wandte sich an mich.
„Du warst gut.", lobte er mich.
„Danke"
Doch dann wurde seine Miene ernst und er räusperte sich.
„Du weißt ja, dass ich die Gefühle anderer Menschen spüren kann."
Ich nickte langsam, während sich eine Vorahnung in in mir breit machte. Der Themenwechsel überrumpelte mich mehr, als er sollte.
„Und als du die Panikattacke hattest, da habe ich gespürt, was du gespürt hast."
Ich schloss die Augen. Mir wäre es am liebsten, er würde nicht darüber reden. Aber ich hatte seine Miene in Sanas Hütte gesehen und wenn er wirklich das gespürt hatte, was ich empfunden hatte...
Hier würde ich mich nicht herauswinden können.

„Da war so viel, dass ich es nicht ergreifen kann. Noch weniger kann ich ergreifen, warum ich bei dir jetzt gar nichts spüren kann."
Er schüttelte den Kopf und fuhr sich durch das rote Haar. Trotzdem wirkte er gefasster, als in Sanas Hütte. So als hätte er drüber nachgedacht.

Meine Augen blieben geschlossen, aber als ich sie öffnete, sah er mich durchdringend an. Meine Hände begannen zu zittern und ich versteckte sie hinterm Rücken.

„Können wir es... es dabei belassen, dass die Panikattacke vorbei ist?", startete ich einen halbherzigen Versuch. Doch dieser wurde sofort von ihm abgeschlagen.
„Nein. Das, was du da gefühlt hast war schlimm. Ich weiß gar nicht, wie dein Körper das ausgehalten hat."
Er hatte es nicht ausgehalten. Ich ging daran zugrunde. Jeden Tag ein bisschen mehr.

Er holte Luft und sagte leise: „Ich habe die Schuld gespürt und die Angst. Gleichzeitig unbändige Verzweiflung und tief im Inneren auch Wut. So viele Emotionen, die ich garnicht richtig fassen konnte. Ich hatte das Gefühl in ihnen zu ertrinken und ich habe keine Luft mehr bekommen. Und dann..."
Er schluckte und sah weg.
„Dann deinen unbändigen Wunsch alles zu beenden. Einfach aufzugeben und..."
„Hör auf!", stieß ich hart hervor, „Stopp!"
Ich ertrug es nicht wie er all das in Worte fasste. Es von jemandem zu hören, war etwas anderes als es zu spüren. Ich wusste das alles, das brauchte er mir nicht noch extra zu sagen.

Kai trat einen Schritt auf mich zu und legte mir sanft die Hände auf die Schultern.
„Lillith, mir ist bewusst, dass etwas schlimmes passiert sein muss. Irgendetwas, dass diese Gefühle in dir auslöst." Er sah mich eindringlich aus grünen Augen an. „Ich will dir helfen."
„Warum willst du mir helfen? Du kennst mich kaum."

Lillith die Quelle der MagieWhere stories live. Discover now