Prolog

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Ich schritt langsam über die kahlen Äste eines riesigen Ahornbaumes hinweg. Meine Füße hinterließen Spuren im grauen Sand. Rußflocken tanzten vor meinem Gesicht und Rauchschwaden hüllten mich ein. Vor mir befand sich eine flimmernde Wand. Erzeugt durch ein Feuer, welches einige Meter entfernt vor mir brannte. Es waren die Überreste eines riesigen Brandes, der nun die letzten Fragmente frisch gesäter Bäume mit Hilfe seiner Flammen leckte und zerstörte. In den Nachrichten war die Rede von "einer großen Katastrophe" gewesen, die "sich ihren Weg durch das Meer aus Bäumen" gebahnt hatte.
Verursacht durch (und hier nannte der Experte im Interview mit einem Journalisten zwei Ursachen) entweder "unnachsichtige Urlauber, die ihr Zelt hier aufgeschlagen hatten oder einen Brandstifter". Egal, um welchen Grund es sich handeln möge, "die Feuerstelle wurde nahe der Verwüstung gefunden", äußerte sich ein Feuerwehrmann, einen Tag nach der Tragödie. "Brandstiftung, Leute, die Zeit in der Natur, in ihrem Zelt, singend um ein Lagerfeuer, verbringen wollten. Eventuell sogar Überlebenskünstler. Pah", dachte ich und lief weiter durch den Teil des Waldes, der nicht für die Blicke der Öffentlichkeit kurzzeitig gesperrt wurde.
"Dabei war es doch Redflame", schoss es mir resigniert durch den Kopf. Jetzt werdet ihr vielleicht denken, Red-wer? Um euch weitere Fragen zu ersparen, erläutere ich euch jetzt, was es mit Redflame auf sich hat.
Redflame ist der Name eines Phoenix, den ich schon seit Jugendtagen kenne.
Eines Tages war ich auf dem Weg zu einer Party, von einer Freundin. Sie wohnte nicht wie ich am Stadtrand, sondern auf dem Land. Wenn ich sie besuchen ging, dann konnte ich entweder mit dem Fahrrad zwei Kilometer zurücklegen oder zu Fuß gehen. Ich entschied mich an diesem Tag für die zweite Methode, da es ein lauer Sommerabend war, die Grillen zirpten auf den Feldern und der Himmel war wolkenlos.
Als ich am Wald vorbeifuhr, sah ich plötzlich ein oranges Licht zwischen den Tannen und Kiefern aufleuchten. Ich spürte sofort, dass dort etwas nicht stimmte. Ich verlangsamte meinen Schritt und mein Blick heftete sich auf das orangefarbene Leuchten im Wald. Da ich schon immer ein neugieriges Mädchen gewesen war, beschloss ich, der Sache auf den Grund zu gehen.
Ich hatte mir einen Weg zu der Lichtquelle gesucht. Über mir leuchteten die Sterne am dunkelblauen Himmel.
Und dann sah ich es...
...einen riesigen Vogel, der seine Schwingen von sich ausgebreitet hatte und auf dem Ast einer Eiche saß. Er hatte mich bisher nicht bemerkt und ich starrte ihn fasziniert an. Eigentlich war es gar kein Vogel, zumindestens kein mir bekannter. Sein Gefieder war orange-gelb, auf seinem Kopf hatte er einen roten Kamm, die Klauen sahen scharf aus und sein Schnabel war kurz. Dafür hatte er einen eher gebogenen, langen Hals.
Nun heftete sich sein Blick auf mich und seine goldenen Augen funkelten forschend und zugleich erpicht. Es dauerte eine Weile, bis er Vertrauen zu mir schloss und ich kam immer wieder in den Wald, um ihn zu besuchen. Manchmal brachte ich auch was zu Essen mit. Wenn ich ein Problem hatte, erzählte ich ihm davon. Ich hatte das Gefühl, dass er mir zuhörte, sobald er den Kopf schräg zur Seite neigte. Es entstand ein starkes Band der Freundschaft zwischen uns.
Jedenfalls besuchte ich ihn von diesem Abend an fast täglich und wunderte mich, dass er nach seiner langen Abwesenheit (wir beide hatten unsere Aufmerksamkeit scheinbar auf wichtigere Dinge gerichtet) so urplötzlich zurückgekehrt war.
Auch jetzt hockte er vor mir, wieder auf einem Ast, das Haupt erhoben und wild entschlossen. Doch was dann passierte, verblüffte und schockierte mich gleichzeitig.

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⏰ Last updated: Jun 08, 2020 ⏰

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