11 - Let's play pretend

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Weder der Gin ohne Tonic noch eine Nacht darüber zu schlafen halfen mir großartig dabei mich wirklich zu entscheiden. Ich war zwiegespalten zwischen der anscheinend einfachsten Lösung und der Tatsache dass ich mein Gesicht nicht in einer Zeitschrift sehen wollte. Nicht unter diesem Umständen. Dann war da noch die Tatsache dass ich nicht die Freundin von diesem Josh Arthur Banks werden wollte. Auch nicht auf einem Stück Papier.
Ich hoffte immer noch ein wenig das Tom die Klage von alleine zurückzog. Auf meine SMS hatte er nicht mehr geantwortet und ich würde mich nicht dazu herablassen ihn anzurufen. Eigentlich hatte ich gehofft dass ich mich besser fühlen würde wenn ich auf Micheles Sohn aufpasste. Sie hatte mich gefragt ob ich auf ihn aufpassen könnte da sie diesen Samstag Dienst hatte. Beziehungsweise ich hatte es ihr gestern angeboten als sie mir davon erzählt hatte. Normalerweise durfte Arthur zu seinen Großeltern, da aber Micheles Vater eine fiese Grippe hatte konnten sie dieses Wochenende nicht nach ihm sehen. Da wir in derselben Nachbarschaft wohnten machte es auch Sinn dass Michele ihn nicht bei irgendeiner Freundin unterbrachte. Etwas geplättet beobachtete ich den Knirps bei seinem Mittagsschlaf. Arthur hatte kaum etwas von Micheles Genen geerbt. Seine Haut war nur eine Nuance dunkler wie meine und ich war ein typisch englischer, heller Hauttyp. Auch die Sommersprossen und die blauen Augen waren untypisch. Nur die Haare deuteten auf eine Verwandtschaft hin. Rabenschwarz und kraus umrahmten sie sein Gesicht mit der süßen Stupsnase. Auch wenn Arthur wirklich ein schnuckeliger Junge war hatte er es Faustdick hinter den Ohren. Bis er den Kopf auf das Kissen gelegt hatte, hatte er mir versichert dass er zu alt für einen Mittagsschlaf sei. Als ich ihm erklärte dass selbst ich nicht zu alt für einen Mittagsschlaf wäre, war ihm das vollkommen egal und ich hatte einen kleinen Kampf ihm nach dem Mittagessen die Zähne zu putzen. Dabei hätte ich mich liebend gern selbst ein wenig hingelegt. Ich hatte mich letzte Nacht ewig im Bett herumgewälzt und war erst kurz vor drei Uhr eingeschlafen. Vier Stunden zu schlafen war einfach doch etwas zu wenig nach meinem Geschmack. Ich unterdrückte ein Gähnen und überlegte mir ernsthaft mich einfach auch hinzulegen. Nur ganz kurz.
Entspannt lehnte ich meinen Kopf nach hinten und schloss die Augen. Nur um sie in der nächsten Sekunde panisch aufzureißen und wie von der Tarantel gestochen aufzuspringen. Ich stürzte zum Tisch wo mein Handy Fly with me lautstark vor sich hin plärrte.
„Hallo?", zischte ich in den Hörer und sah nicht nach wer mich da gerade anrief. Ich schielte besorgt zur Couch wo Arthur es sich bequem gemacht hatte. Eigentlich hatte ich ihm aus seinem Paw Patrol Buch noch etwas vorlesen sollen, aber kaum hatte ich begonnen von Ryder und seinen Freunden zu erzählen war er bereits weggedöst. Auch jetzt regte er sich keinen Millimeter. Anscheinend hatte ihn die kleine Songeinlage der Jonas Brothers nicht sonderlich gestört.
„Hallo Jane?", fragte eine Männerstimme am anderen Ende.
„Ja?", fragte ich nicht sonderlich intelligent zurück da ich gerade keine Ahnung hatte mit wem ich es zu tun hatte.
„Wir haben ein Problem", fuhr die Stimme fort.
„Josh?", fragte ich überrascht als mir klar wurde mit wem ich mich gerade unterhielt. Doch er hörte mich gar nicht.
„Hätten sie Zeit für eine kurze Krisensitzung?", fragte er einfach weiter. „Damit wir besprechen können wie es weitergeht? Ich brauche dringend eine Antwort von ihnen." Ich schnappte nach Luft.
„Was?", fragte ich überrascht und etwas zu laut. Rasch presste ich die Lippen zusammen und schielte zur Couch. Was war denn jetzt los? Hatte Tom etwa noch mehr ärger gemacht? „Ich kann momentan nicht weg", protestierte ich etwas leiser. Ich konnte schlecht Arthur einfach hier lassen.
„Sind sie zuhause?", fragte Josh. „Ich komme zu ihnen."
„Nein!", rief ich wieder etwas zu laut. „Nein, sie können nicht herkommen, ich treffe sie in der Nähe. Aber ich brauche ein paar Minuten." Ich konnte ihn schlecht in Micheles Wohnung lassen.
„Wo soll ich hinkommen?", fragte er und wieder überlegte ich kurz bevor ich ihm die Adresse nannte.
„Gut, sie haben dreißig Minuten", sagte er und legte einfach auf. Etwas verwirrt hielt ich es mir noch einige Sekunden länger ans Ohr. Dann ließ ich es sinken und so langsam wurde mir klar dass etwas wirklich nicht in Ordnung sein konnte wenn Josh mich so dringend treffen wollte.
„Scheiße", entschlüpfte es mir und ich knallte mein Handy unsanft auf den Tisch zurück.
„Sowas darf man nicht sagen Jane!", protestierte eine verschlafene Kinderstimme und ich fuhr erschrocken zusammen bevor ich mich zu Arthur umdrehte. Er rieb sich verschlafen die Augen und Augenblicklich hatte ich ein schlechtes Gewissen das ich ihn geweckt hatte.
„Tut mir leid Großer, du hast natürlich recht!", sagte ich und kniete mich vor ihn. „Ich war nur gerade sauer, ich wollte dich nicht wecken." Arthur riss die Augen auf.
„Ich habe nicht geschlafen!", protestierte er und ich unterdrückte ein Grinsen. „Natürlich nicht", stimmte ich ihm zu und strich über seine plattgedrückten Locken. „Hör mal Arthur, ich muss mich mit jemandem treffen, ist es okay wenn du mitkommst?", fragte ich ihn. Arthur überlegte kurz, dann nickte er gönnerhaft. „Okay, aber danach gehen wir zum Spielplatz!", entschied er und ich nickte. „Abgemacht."

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