»21. Kapitel

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»Liam.«

Mit einem netten Lächeln auf den vollen Lippen nahm der junge Mann vor uns Liam eine kleine Reisetasche ab - merkwürdiger Weise konnte ich mich nicht daran erinnern, dass wir eine bei uns gehabt hatten -, stellte sie neben sich ab und zog ihn anschließend in eine brüderliche Umarmung. Kaum hatten sie sich wieder voneinander gelöst, fiel die Aufmerksamkeit des grünäugigen unmittelbar auf mich. Kleine Grübchen, die ihn ziemlich sympathisch wirken ließen, traten hervor, als er mir höflich seine Hand hinhielt.

»Du musst Katie sein, richtig?«

erkundigte er sich, während ich sie schüchtern annahm und kurz schüttelte. Es war schwer meine Enttäuschung darüber, dass er nicht zu Louis gefahren war, zu verbergen, doch irgendwie schaffte ich es doch und zwang mir ein halbherziges Lächeln auf.

»Ich bin Harry. Das mit deinem Vater tut mir sehr leid.«

Das Lächeln auf Harrys Gesicht wurde zu einem tröstendem. Zwar erkannte ich, dass seine Worte ernst gemeint und aufrichtig gewesen waren, trotzdem fühlte ich mich nicht dazu in der Lage, mich mit diesem Thema auf irgendeiner Weise auseinanderzusetzen.

»Bitte, kommt doch rein.«

Nachdem er auf irgendeine Reaktion meinerseits gewartet zu haben schien, die jedoch nicht gekommen war, glitten unsere Finger auseinander und er trat zur Seite, um uns Einlass zu gewähren. Als Liam an ihm vorbeilief, fiel mir ungewollt auf, wie groß Harry war. Auch wenn Liam eine enorme Größe hatte, so ragte sein Freund etwas über ihn hinaus, was, so wie ich mir dachte, wahrscheinlich nur so auf mich wirkte, da die wilden, dunklen Locken auf seinem Kopf nach oben gestylt worden waren. Trotz des unwohlen Gefühls in meiner Magengegend trat ich ebenfalls ein und schloss die schwere Tür hinter mir. Ohne ernsthaft zu wissen wo ich hinlief, folgte ich den Stimmen und landete schließlich in einem ziemlich schmuddelig eingerichteten Wohnzimmer.

»Setzt euch doch bitte. Ich habe euch auch schon etwas zu essen gemacht.«

Einladend deutete Harry auf ein Sofa, das gerade mal so groß war, das zwei Personen darauf Platz finden konnten, und verschwand anschließend schnell im Flur, aus dem ein angenehmer Duft zu uns herüber drang. Mein Magen gab leise Geräusche von sich, als ich ein paar Gewürze erkannte. Seufzend setzte ich mich auf das Sofa. Inständig hoffte ich, dass sich Liam auf den Sessel auf der anderen Seite des Kaffeetisches niederlassen würde, was er natürlich nicht tat und sich genau neben mich auf das andere Polster quetschte. Vorsichtig wandte ich mich so von ihm ab, sodass ihm nicht auffiel, dass ich mit Absicht tat. Auch wenn ich durch mein Verhalten überaus unfreundlich wirken musste, wollte ich weder mit Liam noch mit Harry - auch wenn dieser mir sehr freundlich vorkam und er es nicht verdiente, mein abweisendes Verhalten über sich ergehen zu lassen - eine Konversation beginnen.

Innerlich wusste ich, dass sie mich verstehen würden. Ich hatte meinen Vater wahrscheinlich verloren, mein Freund war ein Hauptverdächtiger und wurde von der Polizei festgehalten, während ich mich irgendwo in England befand. Ich hatte seit geraumer Zeit nicht mehr richtig geschlafen und fühlte mich in meinem Klamotten äußerst unbehaglich. Dazu kam noch, dass mein Magen sich mal wieder zu Wort meldete, was glücklicherweise das einzige Problem war, dass sich in absehbarer Zeit lösen würde.

Erst, als ich aus den Augenwinkeln sah, wie Liam seinen Mund öffnete, um mir irgendetwas zu sagen, bemerkte ich, dass sein rechter Arm auf der Rücklehne des Sofas hinter mir ruhte. Sein Arm berührte mich nicht, jedoch war er gefährlich nahe, was michunwiderruflich unwohl und geborgen zur gleichen Zeit fühlen ließ. Nachdem er den Anschein gemacht hatte mir etwas zu sagen, schloss er seinen Mund wieder und sah mich stattdessen stumm an. Während er mich also beobachtete und ich mich so verhielt, als würde ich es nicht bemerken, betrat nach ein paar Minuten, die sich wie Stunden angefühlt hatten, Harry wieder den Raum und erlöste mich dadurch von der unangenehmen Situation.

BodyguardWhere stories live. Discover now