Kapitel 2

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Die Sonne prallte auf Eleas braunen Schopf, während sie hinter dem hölzernen Tisch stand und laut „Frische Äpfel! Frische, knackige Äpfel!“ rief.

  Die meisten beachteten sie nicht weiter. Einige grüßten, aber die wenigsten kamen den Rufen nach und begutachteten die Äpfel. Wie groß waren sie? Wie war die Farbe?
  Elea beantwortete alle restlichen Fragen mit Charme und versuchte, die Preise so gut es ging runterzuspielen. Bei manchen Kunden klappte es auch.

  Heute ist ein guter Tag.

  Zufrieden mit sich selber wartete sie weiter auf Kunden und rief zwischendurch noch „Frische Äpfel!“, wenn besonders viele Leute am Stand vorbeigingen.

  Den Vorfall gestern versuchte sie so gut es ging zu vergessen. Aber immer schweiften ihre Gedanken ab, zum Wald, zu der Stelle, als sie wie hypnotisiert auf das Leuchten zuging. Sie merkte nicht, wie ihr Gesicht einen immer düsteren Ausdruck annahm und sie ihre Stirn runzelte, ihre schlammgrünen Augen Angst ausstrahlten.

  „Guten Tag, Elea!“ Eine Frau mittleren Alters näherte sich dem Stand und winkte ihr freundlich entgegen. Plötzlich aus ihren Gedanken gerissen, guckte sich Elea verwirrt in der Gegend um, um dann eine etwas dickliche Dame zu erkennen, die mit schnellen Schritten auf sie zukam und sich durch die Menschenansammlung manövrierte.

Elea fing wieder an zu lächeln und erwiderte, wieder entspannter, das Winken.

  „Marga!“, sagte sie und strich sich dabei eine widerspenstige hellbraune Strähne aus dem Gesicht.

  „Mensch, du wirst aber auch mit jedem Tag liebreizender! Wir haben uns so lange nicht gesehen, ich hätte dich fast nicht erkannt! Lass dich anschauen!“ Begeistert schritt Marga hinter den Holztisch, griff die Hand von Elea und animierte sie, sich einmal um sich selbst zu drehen. Wenn auch etwas überrumpelt über die Ungeniertheit der Frau, ging Elea ihrer Aufforderung nach. Nachdem sie ihre Runde beendet hatte, sagte Marga mit einem zufriedenen Lächeln: „Ich muss schon sagen, deine Mutter hat dich zu einer hübschen jungen Dame erzogen. Sie kann sehr stolz auf dich sein.“

  Elea bedeutete dieses Kompliment von Marga sehr viel. Etwas verlegen, aber versuchend, sich das nicht anmerken zu lassen, antwortete sie: „Danke dir, Marga.“

  Diese nickte darauf nur freundlich und klatschte dann in die Hände. „So! Jetzt will ich mir aber deine Äpfel ansehen!“ Sie ging wieder hinter den Tresen und beäugte die großen grünen Äpfel.

  Sollte ich...?

Marga war eine langjährige Freundin von Eleas Mutter. Sie war eine der wenigen im Dorf, die sich ganz den Göttern und ihrer Magie verschrieben hatten. Vielleicht könnte Elea sie auf den Vorfall ansprechen? War es denn wirklich Magie, was sie erfahren hat, oder doch etwas ganz anderes?

  „Ach, Elea,“ riss Marga sie wieder aus ihren Gedanken, „Heute Abend findet das Dorffest statt. Kommst du auch?“

  Ach ja...

  „Natürlich. Ich hab es doch nie verpasst,“ sagte sie und lächelte.

  „Ach, und vergesse bloß nicht diesen kleinen Goldspatz mitzubringen! Ein so aufgeweckter Junge!“ Sie hatte Cassian schnell ins Herz geschlossen. Er war sofort begeistert und fasziniert von allen erdenklichen Dingen.

  „Es ist toll, dass er die Ureltern mit seinem Interesse an der Natur ehrt, findest du nicht auch? Ach, du meine Güte!“ Dabei klatschte sie wieder in die Hände. „Richte doch bitte Valea Glückwünsche zu ihrer Verlobung von mir aus! Sie habe ich auch lange nicht gesehen. Ich habe ja so viel zutun, das ist unglaublich!“ Sie gestikulierte dabei wild mit ihren Händen. Mal waren sie an ihrem Gesicht, dann an der Stirn, dann an den Hüften und dann wieder in der Luft. Auch wenn es viel war, es sah für Elea einfach natürlich aus. Es war einfach... Marga. Es passte zu ihr.

Gods and GoddessesWhere stories live. Discover now