«Ja, wozu wohl?», stellt das schwarzhaarige Mädchen augenverdrehend die Gegenfrage. «Eindeutig als Nahrungsquelle.»

     Ich grinse. «Gar keine so schlechte Idee.»

     «Bring den Jungen nicht auf schlechte Gedanken. Der versteht den Unterschied zwischen Ernsthaftigkeit und Ironie nicht», warnt meine beste Freundin mich trocken und ignoriert Lovis' empörtes Schnauben. «Aber, wirklich, zum Fortbewegen wären die sinnvoll gewesen.»

     «Vorerst haben wir noch den Wagen», erwidert Ajax. «Und dann gibt es immer noch die Möglichkeit, die Boards oder unsere Beine zu benutzen.»

     Der Gedanke ist verlockend. Mit unseren Boards durch die Gegend zu fahren, erscheint mir wie die beste Idee, den Sommer zu verbringen. Denn die stickige Luft im Wagen schlägt allmählich allen auf die Laune, die schon lange nicht mehr nur aus Sonnenblumen besteht.

     «Ja, wie die Longboard-Tour», ruft Mathea begeistert und ich sehe, wie ihre Augen zu funkeln beginnen.

     Sofort flimmern die Erinnerungen auf. An die alten Tage auf Youtube. Die Tage, an denen ich von der Schule nach Hause gekommen bin und sofort ein neues Video geschaut habe. Die Tage, an denen ich Youtuber wie Julien Bam oder Unge vom ganzen Herzen geliebt habe.

     «Wow, wie lange ist das eigentlich schon her?», lacht Ajax und kratzt sich am Hinterkopf, wobei er darauf achtet, den Wagen nicht aus der Spur zu bringen.

     Ich weiß noch, wie er mir damals jeden Tag erzählt hat, dass er das auch einmal machen will. Soweit ich weiß, bin ich bis heute die einzige Person, der er diesen Wunsch jemals anvertraut hat.

     «Fühlt sich an, als wäre es gestern gewesen», meint Mathea und greift nach ihrem Handy. «Vielleicht 2016 oder so?»

     Mit flinken Fingern tippte sie ihre Frage in die Suchleiste.

     «Das waren noch die guten Zeiten», murmelt Lovis wehmütig. «Und damals hatten wir noch keine Ahnung, wie abgefuckt diese Welt ist.»

     Stumm muss ich ihm Recht geben. Worüber habe ich mir damals Gedanken gemacht? Ganz sicher nicht über die Katastrophen, die noch auf uns zukommen, aber von manchen Menschen weiterhin verleugnet werden.

     «2014? Damn, das ist echt schon lange her», seufzt Mathea und überfliegt mit ihren Augen einen Artikel. «Ich weiß noch, wie ich damals jeden Tag auf ein neues Video gewartet habe.»

     Ihr Lachen ist hell und sanft. Ein Lächeln stiehlt sich auf meine Lippen, als meine Gedanken um diese goldenen Tagen kreisen. Das Leben ist schön, keine Frage. Aber damals war es so viel sorgloser. Und gerade jetzt jagen wir dieser Sorglosigkeit nach, mit der Hoffnung, sie eines Tages zumindest mit den Fingern streifen zu können.

     «Was genau war die Longboard-Tour?», erkundigt Zale sich neugierig und richtet sich in seinem Sitz auf, um uns besser sehen zu können.

     Seufzend schüttelt Lovis den Kopf und murmelt: «Die glorreichen Tage.»

     Zale schnaubt belustigt und blickt zu Mathea, von der er sich eine aufschlussreichere Antwort erhofft.

     «2014 sind ein paar Youtuber in 40 Tagen mit ihren Longboards einmal durch ganz Deutschland gefahren», fasst das schwarzhaarige Mädchen die Informationen der Internetseite zusammen, während sie die Beine anzieht und ihre Arme darum schlingt. «Mehr als 1300 Kilometer. Von der Nordseeinsel Sylt bis nach Neu Schwanstein. Wo auch immer das liegt.»

     Anerkennend gibt Zale einen Pfiff von sich. «Und das haben sie wahrscheinlich alles dokumentiert?»

     Mathea nickt und scrollt weiter. «Das war ein ziemlich großes Ding. Sie wurden immer wieder von unzähligen Fans begleitet.»

WAS UNS HIGH MACHT | ✓Where stories live. Discover now