Kapitel 58.

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Auf dem Rückweg finde ich tatsächlich noch ein paar Beeren, die ich in den Korb werfe. Es ist nicht einmal eine Handvoll. Satt werde ich davon bestimmt nicht. Wenn ich daran denke, rumort mein Magen vor Hunger. Auf dem Weg zum Floß gleitet mein Blick immer wieder zu dem Korb und kurz vor meinem Ziel kann ich nicht anders, als hineinzugreifen und die saftigen, süßen Beeren in meinen Mund zu stopfen. Ich kann nicht einmal den Bucheckern widerstehen.

Nach zwei Griffen ist der Korb schon geleert und ich schaue sehnsüchtig in die Tiefe des Korbes. Es scheint, als wäre ich jetzt noch hungriger als vorher. Schließlich habe ich gestern auch fast nichts gegessen. Außer dem leckeren Frühstück bei Benjamin, dieser Pilz-Kräuter-Suppe (oder wie auch immer ich es nennen soll) und ein paar Beeren habe ich meinem Magen nichts weiter gegeben.

Ich hoffe, dass wir im Floß noch ein paar Vorräte haben, aber das ist eher unwahrscheinlich und die Gedanken an diese Pilze von gestern vergeht mir sowieso der Appetit. Ich trotte zurück zu den anderen und schiebe die Gedanken an Logan so weit in meinen Hinterkopf, wie nur möglich.

Zu meinem Glück finde ich in meiner Tasche noch ein paar harte Müsliriegel, die Helene mir eingesteckt haben muss. Es sind fünf Stück. Könnte lang genug reichen, bis wir wieder beim Bus in Timmins sind. Ich verstecke sie tief in meiner Tasche und öffne erwartungsvoll den ersten. Genussvoll beiße ich hinein und bin nicht einmal enttäuscht, als er nicht ganz so gut schmeckt, wie ich es mir vorgestellt habe.

Den restlichen Vormittag verbringen wir mit der Weiterfahrt. Wir kommen nicht sehr schnell voran, wie Jackson (der nach Daniels Rede gestern plötzlich etwas netter geworden ist) sagt, weil wir mit der Strömung zu kämpfen haben.

Aber wir machen dennoch rechtzeitig Halt, um genug Zeit für das Mittagessen zu haben. Ich weiß, dass es lange dauern wird, etwas zu finden.

Carter sucht sich einen Stock und ein Messer, das er mit einer hilfsbedürftigen Schnur an dem Zweig festknotet. Die scharfe Spitze des Messers zeigt nach unten.

„Was soll das werden?“, fragt Jayden skeptisch.

„Lass dich überraschen!“, erwidert er bloß.

Wie eine Traube stehen alle um ihn herum. Sogar einige der Paddler und Jackson sind da. Nur eins fällt mir auf. Logan entfernt sich von der Gruppe. Er sitzt betrübt auf einem Stuhl an einer Hütte und starrt ins Leere. Das versetzt mir einen Stich ins Herz. Aber ich ignoriere es.

Wir stehen am Ufer des Flusses und ich sehe Carter gespannt zu, wie er mit seinem seltsamen Stock ins kalte Wasser watet. Er hat sich eine ruhige Stelle ausgesucht, wo das Wasser still und ohne Wellen ist. Ich weiß bereits, was er vorhat. Er möchte einen Fisch fangen. Aber ich bezweifle eher, dass es funktionieren wird.

Er bleibt ruhig stehen und das Wasser geht ihm bis zu den Knien. Carter hält das Speer in die Höhe, bereit, zuzustoßen. Ich sehe, wie sich etwas unter der glitzernden Oberfläche bewegt. Und dann – blitzschnell – saust das Speer auf das Wasser zu. Ich zucke vor Schreck zusammen.

Triumphierend zieht Carter es wieder heraus. Und an der Messerspitze zappelt tatsächlich ein Fisch! Seine Haut glitzert in der Sonne. Die Bewegungen des Tieres werden immer langsamer, bis sie schließlich ganz verstummen.

Ich höre Heathers Stimme heraus, wie sie Carter anfeuert und bejubelt. Doch es scheint eher, als würde sie mit Avery so etwas wie einen Wettbewerb, wer am lautesten jubeln kann, austragen. Ich muss mir ein Lachen verkneifen, weil es wirklich komisch aussieht.

Carter legt den Fisch in einen Eimer und macht sich bereit für einen weiteren Fang. Wir anderen gehen Beeren oder Kräuter suchen. Ich sehe erfreut, dass die Paddler und Jackson auch mithelfen. Avery bleibt bei den Flößen, um den Fisch zuzubereiten. Ich teile mir einen Korb mit Jayden und irgendwie freue ich mich darüber, nur mit ihm allein zu sein.

WoodkissWhere stories live. Discover now