Chapter 44 - (Don't you) put the blame on the messenger

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Aha, der nächste, den dieser Zustand nervt, dachte ich, und ich wette, es dauert nicht mehr lange, bis noch einer das Handtuch wirft. Immerhin war das heute schon das zweite Mal, dass sie keinen Strom mehr hatten.

„Und was, wenn nicht?" Die Frage kam mir spontan über die Lippen.

„Wenn was nicht..." Nanu, Mr. Miller, sind wir heute etwas schwer von Begriff oder ist die Frage rhetorisch gemeint? „So, so. Rhetorisch... Aha."

Mist. Warum hielt ich meine Gedanken nicht besser unter Kontrolle? Natürlich erwartete er auf diese Frage keine Antwort, darauf hätte ich ohne weiteres gewettet – aber nicht darauf, dass er die halb gerauchte Zigarette wegwarf und lässig auf mich zu schlenderte. Vielleicht etwas zu lässig.

Vorsicht, mein Freund – noch ein Schritt, und Du schließt Bekanntschaft mit dem Inhalt meines Eimers... und ich kann Dir eins garantieren: Marks Wagen ist schon lange nicht mehr geputzt worden.

Aber vielleicht musste ich gar nicht so weit gehen; den mit Putzwasser getränkten Schwamm hatte ich noch in der Hand. Wenn er frech wurde, würde ich ihm eine kalte Dusche verpassen. Das schien er zu ahnen und griff danach.

Och nö, nicht wieder dieses Spielchen! Schnapp Dir den Eimer, Andrea, und sieh zu, dass Du Land gewinnst.

Aber diesen Wettlauf würde ich gnadenlos verlieren, denn die Tür wurde erneut aufgerissen, und es erschien jemand im Eingang, der von dieser Szene einen falschen Eindruck bekam. Warum war ich nicht schneller gewesen und hatte diesen dämlichen Eimer ausgekippt?

Dann hätte Mike nicht so reagiert: Der Blick, den er seinem Kollegen zuschoss, sprach Bände – das Eis in seiner Stimme unterbot die so schon niedrigen Außentemperaturen locker um einige Grad Celsius: „Hey, Miller, Dein Typ wird verlangt. Für 'ne Unplugged-Session."

Das bezweifelte ich doch sehr. Mir war ein Rätsel, was er hatte. Mike war schon die ganze Woche über so komisch gewesen, und nun würde nicht mehr viel fehlen, dass er in die Luft ging. Eifersuchtsdrama 2.0 – das war der Moment, vor dem mir am meisten graute. Wir waren ohnehin schon alle gereizt, da brauchte keiner von uns noch einen nichtigen Anlass als Funken, der das Dynamit zur Explosion brachte.

„Und jetzt zu Dir", wandte er sich mir mit gefährlich leiser Stimme zu.

Oh Shit, das klang gar nicht gut. „Dass Ihr Euch beide so gut versteht, ist ja was ganz neues."

Dass wir uns so gut verstehen? Geht's noch?

Aber Mike war noch nicht fertig. „Es gefällt mir gar nicht, dass er neuerdings um Dich auffallend oft herumscharwenzelt."

Ach – und jetzt war ich daran auch noch schuld, oder was? Mich ärgerte, dass ich so naiv gewesen war und nicht mitbekommen hatte, was hier wirklich gespielt wurde. Aber war ich verantwortlich dafür, wenn sich andere sich nicht im Griff hatten? Wohl kaum. Aber eins wusste ich mit Sicherheit: Mein Versuch, Ryan davon zu überzeugen, dass er sich seine Annäherungsversuche in Zukunft sparen könne, war komplett danebengegangen.

Manche Dinge änderten sich eben nie: nicht nur meine Bereitschaft, im Zweifel dem Angeklagten eine Chance zu geben, nur um später festzustellen, dass ich wieder einmal viel zu gutgläubig gewesen war; sondern auch Mikes Eifersucht, von der ich geglaubt hatte, dass er sie abgelegt hatte und die völlig unbegründet war. Ach, wirklich? meldeten sich bei mir erste Zweifel, wer wirklich einen Grund sucht, findet auch einen. Selektive Wahrnehmung nannte man das wohl.

Man sieht nur, was man sehen will, und in seinem Fall spielte sich die Show, die ich ihm damals nach unserem Billardturnier geliefert hatte, erneut vor ihm ab. Ich musste ihm nur in die Augen sehen, um zu erkennen, dass alle meine Beteuerungen, dass seinen Kollegen und mich nichts verband, verschwendete Zeit waren. Noch einer, der ein Talent dafür hatte, sich in Dramen jeglicher Art hineinzusteigern – darin waren wir uns sehr ähnlich. Aber sollte ich deshalb meinen Ärger über sein Misstrauen hinunterschlucken? No way! Angriff war immer noch die beste Verteidigung.

Broken StringsWhere stories live. Discover now