Achte nicht auf sie. Auf nichts und niemanden. Außer auf mich.
Die Wirkung war verblüffend: Wie aufs Stichwort fiel die Nervosität von mir ab, als ob ein Igor den entscheidenden Schalter umgelegt hätte. Von der vielköpfigen Menge in meinem Blickfeld wendete ich mich ab und dafür meinem Gesangspartner zu, der auf meinen Einsatz wartete. Achte auf nichts und niemanden. Außer auf mich...
♪♫ ♪ When you were here before, Couldn't look you in the eye, You're just like an angel, Your skin makes me cry. You float like a feather, In a beautiful world... ♪♫ ♪
Den Text kannte ich im Schlaf und hätte ihn mit geschlossenen Augen singen können. Dennoch widerstand ich der Versuchung. Und schaute ihm, wie vor unserem gemeinsamen Auftritt besprochen, direkt in die Augen, als er bei der nächsten Strophe an die Reihe kam.
♫ ♪ ♫ ... I don't care if it hurts, I want to have control, I want a perfect body, I want a perfect soul ... ♫ ♪ ♫
What the hell are we doing here? Ein bißchen spät, sich das zu fragen, wo es doch nur eine Antwort geben konnte: Die Herausforderung zu meistern und die Leute, auf die es heute ankam, zu überzeugen.
♪ But I'm a creep, I'm a weirdo. What the hell am I doing here? I don't belong here... ♪
John hatte schon nach der Hälfte des Satzes aufgehört zu spielen, nun waren es nur noch unsere Stimmen, die verhallten und auf Stille trafen. Eine sekundenlange Stille, die mir endlos vorkam. Vergeigt. Mist. Das hatten wir anscheinend schon besser drauf gehabt – nur zu verständlich, wenn jetzt die Special Guests das Weite suchten. Gut, dass jemand ein Einsehen hatte und das Licht hier vorne dimmte. So war die Blamage nicht ganz so groß.
Dafür aber das Déjà-vu, als mir Mike das Mikrofon aus der Hand nehmen und mich an sich ziehen wollte. Glaub mir, Baby, Du gehörst absolut hierher? - Träum schön weiter, und dann...
Donnernder Applaus! Entgeistert ließ ich das Mikrofon fallen und blickte mich fassungslos um. So totenstill, wie es eben noch gewesen war, hatte ich fest damit gerechnet, ausgebuht zu werden, und jetzt das?!
„Kneif mich, sonst glaub ich's nicht", stieß ich Mike an, der mein Mikrofon gerade noch aufgefangen hatte, bevor es zu Boden gehen und ein unschönes Geräusch produzieren konnte.
Ich hab' sogar eine noch bessere Idee, funkelten seine Augen zurück, und er nahm mich in seine Arme, um mich lange und heftig zu küssen. Sehr lange. Und sehr heftig. Auch eine Methode, jemanden in die Realität zurück zu holen, wenn Kneifen flachfällt, weil die betreffende Person schon genügend Schrammen und blaue Flecke hat.
Diesen Bann zu brechen, erfordert eine ungeheure Energiemenge - für die einen liefert die ein Kuss vor über hundert Leuten, für die anderen begeistertes Klatschen und Standing Ovations von genau diesen hundert Leuten.
„Besser?"
Dass er mich das fragte, noch dazu mit einem unverschämten Grinsen! 'Besser' war eindeutig der falsche Ausdruck - Erleichterung traf es eher. Doch die währte nicht sehr lange. Das Konzert war nämlich hiermit beendet, was übrigens auch für die Möglichkeit galt, sich zurückziehen zu können.
Aber das war mir bereits in genau der Sekunde klar geworden, als die ersten zu applaudieren begannen. Ich konnte mir natürlich einreden, dass der Beifall nicht mir persönlich galt, sondern dem Gesamtkonzept, das änderte aber nichts daran, dass ich in das Meet & Greet einbezogen wurde, und das passte mir gar nicht.
Jetzt aber einfach unterzutauchen, konnte ich aber auch nicht bringen. Dazu steckte ich viel zu tief drin. Wie heißt es doch so treffend? Mitgefangen, mitgehangen.
YOU ARE READING
Broken Strings
RomanceWork&Travel in Kanada und eine spontan getroffene Entscheidung mit unvorhergesehenen Folgen. Sie war so kurz davor, das Land zu verlassen, doch dann war da dieser eine Abend, der für sie alles veränderte. Eine Begegnung, die ihre Zukunft in neue Ba...
Chapter 40 - Sonderprogramm
Start from the beginning
