Alle anderen waren auch schon weg, und so gehörten wir dank Mikes Trödelei wieder mal zu der Gruppe, die als letztes in die Gänge kam. Mitdenken ist Glückssache, dachte ich. Anstatt mich schlafen zu lassen, hätte er mich wecken können, damit ich bei den beiden Mädels mitfahren konnte. So wären wir zwar auch zu fünft unterwegs gewesen, aber Madlyn und ich hätten noch etwas üben können und mir wäre erspart geblieben, in einem vierrädrigen Pulverfass durch die Gegend zu rollen.
Was stark übertrieben klang, war gar nicht so weit hergeholt; bei der nächsten unpassenden Bemerkung unseres Drummers würde der Ford zum Achterbahnwagon mutieren. Aber bitte: Wenn die Damen es eilig hatten und der Meinung waren, dass wir am Zwölften noch genügend Zeit für das Proben unserer Gesangslinien hatten...
„Sieh's doch mal so", sagte Mark beim Einsteigen zu mir, und hielt mir die Beifahrertür auf, „Dein Ehrgeiz ist ja gut und schön, aber dass Ihr Mädels ohne uns übt, macht ja wohl nicht viel Sinn."
Das war nicht von der Hand zu weisen und ich zwei zu eins überstimmt. Die Stimme der Vernunft hatte gesprochen, und mit seiner Entscheidung, mich im Ford vorne zu plazieren und damit die Rückbank seinen drei Kollegen zuzuweisen, hatte er dafür gesorgt, dass die Fahrt für mich nicht zum Alptraum geriet. Ein Schweigekloster wollte ich allerdings auch nicht betreten, und weil von der Rückbank auch nicht ein Mucks zu hören war, suchte ich im Radio nach einem Sender, der nicht nur das übliche Hitprogramm abspulte.
Das war um Längen spannender, als darauf zu warten, dass Ryan, John und Mike damit aufhörten, sich gegenseitig anzuschweigen. Aber da konnte ich lange warten, denn John lag mehr, als dass er saß und schnarchte bei geöffnetem Fenster vor sich hin. Auf meiner Seite das Fenster zu öffnen, konnte ich vergessen, wenn ich keinen Durchzug riskieren wollte. Den muteten wir unseren Stimmbändern besser nicht zu, wenn wir nicht Sues Schicksal teilen wollten, auch wenn die Fenster nur einen Spalt breit geöffnet waren. Noch einen Ausfall konnten wir nun wirklich nicht gebrauchen.
Ein Ausfall war heute auch Ryan, der hinter mir saß, und zwar als Sprücheklopfer. Da auch er Schnarchgeräusche von sich gab und er außerdem eine Fahne hatte, brauchte ich nur eins und eins zusammenzuzählen, um zu erkennen, dass die beiden nach dem Konzert noch weitergefeiert hatten, während Mike und ich...
Stop! Seit wann gingen John und Ryan zusammen feiern? Das - und einen über den Durst trinken – die beiden? Na klasse! Noch etwas, auf das ich gerne verzichtet hätte. Wenn Brian davon erfuhr, gab es gewaltigen Ärger.
So viel zu der Aufgabe, die uns Brian gegeben hatte und an der wir beide grandios gescheitert waren. Falsch gedacht, und nun haben wir den Salat dafür, dass wir uns zu wenig um ihn gekümmert haben. Jetzt hängt er ausgerechnet mit dem ab, den du am liebsten auf den Mond schießen würdest, und wenn Du nicht aufpasst, dann seid Ihr die längste Zeit Best Buddys gewesen. Dramen, die die Welt nicht braucht!
Wenn Mike nicht merkte, was hier gespielt wurde, war ihm auch nicht zu helfen. Aber hatte er wirklich keine Ahnung von dem, was um ihn herum vorging? Ihm über den Rückspiegel einen Blick zuzuwerfen, hatte wohl nicht viel Sinn, wenn er wieder mal seine Sonnenbrille trug.
„Alles okay, Schatz?" Da half wohl nur die direkte Ansprache, auch wenn er sich wunderte, warum ich ihn nach seinem Wohlergehen fragte.
"Warum auch nicht", gab ich zurück, es konnte ja durchaus sein, dass auch er so ruhebedürftig war wie seine beiden ihn flankierenden Kollegen, die beiden Nachteulen. We are night owls, we work all night and...
Willkommen im Club, und er war die Obernachteule, was ich ja gewiss bestätigen könnte - oh ja, wie wahr, wie wahr, aber deswegen musst Du nicht gleich wieder so anzüglich grinsen – doch das Radio störte ihn nicht im Geringsten. Seinetwegen konnte ich gerne weiter nach einem Sender suchen, der außer Musik auch Nachrichten zu bieten hatte.
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Broken Strings
RomanceWork&Travel in Kanada und eine spontan getroffene Entscheidung mit unvorhergesehenen Folgen. Sie war so kurz davor, das Land zu verlassen, doch dann war da dieser eine Abend, der für sie alles veränderte. Eine Begegnung, die ihre Zukunft in neue Ba...
Chapter 32 - I'm locked out and it's my fault
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