Mehr oder weniger geduldig warte ich darauf, dass mir jemand endlich die Tür öffnet, damit ich weiß, ob ich richtig bin.

    Ich bin es nicht.

    Ein Junge steht mir gegenüber, höchstwahrscheinlich in meinem Alter, aber das kann ich nicht beurteilen - ich kann nicht gut schätzen. Ich bin mir allerdings ziemlich sicher, dass er derjenige sein muss, der aus dem Bett gefallen ist. In seinen grünen Augen liegt eine gewisse Schärfe und er reibt sich mit verzerrtem Gesicht den Ellenbogen, während wir uns anstarren.

     Das erste, was mir sofort auffällt, ist sein strahlendes, selbstgefälliges Lächeln, was augenblicklich sein Gesicht erhellt und nicht einmal ansatzweise so arrogant auf mich wirkt, wie es normalerweise sollte.

     Zweitens zieht sich eine feine Narbe über seine linke Wange, welche er sich wahrscheinlich vor einigen Jahren zugezogen hat, denn sie verschmilzt mit seiner gebräunten Haut und lässt sich unter gewissen Lichtverhältnissen sicher nicht einmal mehr erahnen.

     Drittens ist er genau dieser Typ, den meine Mom vergöttern würde. Spätestens jetzt hätte sie mich angestupst und mir mit vor Begeisterung leuchtenden Augen unerträglich laut ins Ohr geflüstert, dass dieser Kerl doch ein wahres Sahneschnittchen wäre.

     Zugegebenermaßen sieht er nicht schlecht aus. Aber irgendwie scheint meine Mutter zu denken, dass ich jeden halbwegs attraktiven Kerl heiraten werde. Es sollte sie dann am Ende aber nicht wundern, wenn ich mehrere Scheidungen hinter mir habe. Es war immerhin ihr Einfluss und nicht meine Intention.

     Ich seufze und spüre, wie sich mein rechter Mundwinkel hebt. «Oh, sorry, falsches Zimmer.»

     Ich mache Anstalten zu gehen, als mich die Stimme des Unbekannten zurückhält.

     «Normalerweise reiße ich die Leute aus ihrer Trance und nicht andersherum.»

     Er grinst, das höre ich. Jeder würde es hören. Ich höre auch seinen Akzent, der seiner rauen Stimme einen melodischen Beigeschmack verleiht und vermuten lässt, dass er aus einem englischsprachigen Land stammt.

     Ich drehe mich um und begegne seinem funkelnden Blick, der längst nicht mehr scharf ist, sondern vielmehr außerordentlich belustigt. Ich meine Augen kurz über seine Erscheinung wandern, wobei es mich nicht wirklich überrascht, was ich sehe. Seine Ausstrahlung hat mir im Grunde schon einen gesamten Steckbrief ins Gesicht geworfen.

     «Frischer Wind tut immer gut», sage ich schulterzuckend, nachdem meine Augen wieder seinen begegnen.

     Er grinst noch breiter und verschränkt die Arme vor der Brust. Die haselnussbraunen Haare stehen wirr in alle Richtungen ab und die graue Jogginghose sowie das blasse T-Shirt sind noch vom Schlaf zerknittert. Da fühlt man sich doch glatt overdressed.

     «Möglich.»

     «Das ist awkward», meine ich und kneife die Augen zusammen, woraufhin ihm ein herzhaftes Lachen entwischt.

     «Was? Die Situation?», will der Grünäugige wissen und lehnt sich gegen den Türrahmen.

     Zumindest hat er das vor. Er steht zu weit hinten und taumelt einige Schritte, bis er wieder festen Halt findet. Ich grinse, während er die Unannehmlichkeit mit einem kurzen, angespannten Lachen zu überspielen versucht.

    «Okay, ja», sagt er schmunzelnd und fährt sich durch die gewellten Haare. «Das ist wirklich unangenehm.»

    Ich nicke besätitgend und kann nicht verhindern, dass ein amüsiertes Grinsen auf meine Lippen huscht. «Sag' ich ja.»

WAS UNS HIGH MACHT | ✓Where stories live. Discover now