So weit ich erkennen konnte, hatte es sich bis jetzt nur John auf dem Beifahrersitz gemütlich gemacht – sonst saß niemand im Ford. Und auf dem Parkplatz war nur Mike zu sehen, der sich, ganz in der von ihm bevorzugten Farbe Schwarz und einer Sonnenbrille auf der Nase, lässig an den Wagen lehnte.
„Hey Süße, da bist Du ja", rief er, als er Brian und mich näherkommen sah. „Und wir dachten schon, Du würdest heute gar nicht mehr aufstehen."
Nanu, was war denn das für eine Begrüßung? Gefehlt habe ich Dir wohl gar nicht – wenn ich daran denke, wie Dich Leslie das letzte Mal an der Zimmertür abgewimmelt hat, und jetzt das? - was man halt so denkt, wenn man noch nicht wieder ganz hergestellt ist; eigentlich hätte ich es besser wissen müssen, denn kaum hatte er sich von dem Wagen gelöst, fand ich mich auch schon in seinen Armen wieder.
Habe ich Dir gefehlt? - diese Frage konnte ich mir sparen, so wie er mich küsste. Am hellichten Tag und vor aller Augen; jetzt müsste selbst der Dümmste begriffen haben, wie der Hase lief. Maybe a little too much? All I need is the air that I breathe, and to love you... aber vor allem: The Air!
„Halt. Stop. Nicht so stürmisch, Sweeheart", entwand ich mich ihm, „lass mir noch etwas Luft zum Atmen." Und vor allem, lass Dich mal anschauen, ergänzte ich in Gedanken.
„No way, Dazu hab ich Dich zu sehr vermisst".
Etwas mehr als zwölf Stunden, um exakt zu sein. Wow! War das Desaster des vergangenen Abends schon wieder so lange her. Wie man doch das Zeitgefühl verlieren kann, wenn man zu tief ins Glas geschaut hat... komisch nur, dass er von seinem Disput mit Ryan keine zusätzlichen Spuren zurückbehalten hatte. Jedenfalls nicht, so lange er diese verspiegelte Brille trug.
Wie ich diese Dinger hasste. Sie ließen keinen Blick in die Augen des anderen zu, und wenn sich jemand dahinter verschanzte, auch wenn gar keine Sonne strahlte, dann konnte das nur eins bedeuten, nämlich dass...
„Na dann", meldete sich Brian und schwang sich hinters Lenkrad, „wären wir ja jetzt vollzählig."
Vollzählig? Fehlte da nicht einer? Ich zählte nur vier Personen: Brian, John, Mike und... mich. Irgendwo musste ein Fehler in der Rechnung stecken, ich kam nur nicht drauf, wo.
„Alles okay?" fragte mich Mike, als er die Tür hinter dem Fahrersitz für mich öffnete und darauf wartete, dass ich hinter Brian Platz nahm.
Dem war mein Zögern ebenfalls aufgefallen, und so machte er sich nun seinerseits wieder bemerkbar: „Nun kommt schon, Leute, gebt Gas. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit."
Da scharrte aber jemand gewaltig mit den Hufen. „Ach, falls Du unseren Drummer suchst.."
Suchen? Ich? Seh ich so aus?
„... auf den brauchen wir nicht zu warten. Den habe ich umgeparkt."
Umgeparkt? Doch nicht zu Mark und Danny in den Impala? Madlyn und Sue sind bestimmt außer sich vor Freude.
Was auch immer ihn zu diesem Arrangement bewogen hatte, würde ich bestimmt irgendwann erfahren. Fürs erste bewirkte seine Ansage jedenfalls, dass wir endlich in die Gänge kamen und Brian losfahren konnte, hinaus aus der Stadt und in Richtung Vancouver.
Dass das mit dem umgeparkten Drummer keine schlechte Idee gewesen war, stellte ich dann auch sehr bald fest, was nicht nur daran lag, dass Mike und ich die Rückbank für uns alleine hatten, während John als Beifahrer mit nach hinten gekippter Lehne einen Kaffee trank. So entspannt und friedlich die Stimmung war, würde die lange Fahrt um einiges angenehmer werden, als ich befürchtet hatte.
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Broken Strings
RomanceWork&Travel in Kanada und eine spontan getroffene Entscheidung mit unvorhergesehenen Folgen. Sie war so kurz davor, das Land zu verlassen, doch dann war da dieser eine Abend, der für sie alles veränderte. Eine Begegnung, die ihre Zukunft in neue Ba...
Chapter 23 - The man with the plan
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