Nebel

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Ein kleines Boot fuhr über den Nebelbehangenen Fluss. Ein junger Mann, kaum dem Knaben Alter entwachsen und noch grün hinter den Ohren steuerte dieses. Am Bug und Heck hingen jeweils Laterenen, die ihm den Weg leuchten sollten, doch brachten sie nicht viel. Der Nebel war so dicht, dass er schon fast grau war und er sah nur die Lichter schwach Leuchten. Das Wasser unter ihm hörte er, konnte es aber weder sehen noch spüren. Der Tag war noch zu jung um warm genug zu sein. Um dieses Nebel rankten sich viele Sagen und Legenden. Einst soll ein Lord über diesen Fluss gesegelt sein, an seiner Seite eine Frau. Ob es eines der Fischweiber war oder eine Lady unterscheidet sich von Geschichte zu Geschichte. Sie soll eine der schönsten Frauen des Landes gewesen sein, die der Lord aufspüren konnte, und so nahm er sie mit sich. Die beiden und die Dienerschafft des Lordes wurde von einem solchen Nebel überrascht wie er jetzt herrschte. Eine Truppe Piraten, die diese Gewässer besser kannte als jedes andere, soll dieses Schiff aufgespürt haben. Sie kamen aus einem Hinterhalt und überfiel die Besatzung. Der Lord kämpfte bis zum Tod und wisperte mit seinem letzten Atemzug einen Fluch, derjenige der in diesen Gewässern eine Frau sehen sollte und sich von ihr verführen ließe, der solle für alle Ewigkeit als ruhelose Seele umherfahren, als ertrunkener bis in alle Ewigkeit in diesem Fluss verweilen. Er wusste wohl was mit seinem Weib passieren würde, würde es in die Hände solcher Menschen fallen. Er hatte sie geliebt und wollte sie zu seiner machen. Sie trug schon längst ein Kind von ihm in sich. Die Frau die er mit sich genommen hatte wurde als Hure von den Piraten aufgenommen und sollte an Land verkauft werden. Doch noch bevor die Mannschaft den Heimathafen erreichen konnte, ereilte sie der Fluch des Lordes. Die Frau wurde von jedem einzelnen vergewaltigt und so bewahrheitete sich der Fluch. Die Männer starben alle an Deck und ihre Seelen gingen in den Fluss ein, einige als das Wasser, andere als ein dicker Nebel.

Der Mann hatte diese Geschichte als kleiner Junge erzählt bekommen und jedes Mal, sobald er solch einen dicken Nebel vor sich sah, betete er um seine Seele. Nie wollte er einer Frau begegnen.
Doch das Schicksal sollte ihn in ungnade stürzen. Eine Hand zog sich an seiner Reling hinauf und eine Frau bestieg das Boot. Der Nebel um ihn herum klarte auf, doch nur soweit, dass er die Frau sehen konnte. Ihre Haut war ausgeblichen und die Augen hellblau. Sie sah wie eine ertrunkene aus, ihr Kleid ebenso blau wie ihre Augen und ihr Haar weiß. Ihre Lippen hatten eine dunkelblaue Farbe. Der Anblick der Frau ließ ihn erstarren und eine Gänsehaut breitete sich auf seiner Haut aus.
Aus einem ihm unerklärlichen Grund zog ihn diese Frau an, sie hatte etwas unwiederstehliches an sich. Sie trat näher an ihn heran und legte ihre kalte blasse Hand an seine Wange. Sie sprach nichts und sah ihn an. Sie wirkte nicht wie ein Biest oder dergleichen, eher wie eine zwarte junge Frau, der jeder hilfe anbieten würde, würde sie darum bitten. Ohne dass er seine Hände unter Kontrolle hatte, wanderten sie an ihre Hüften und zogen sie an ihn heran. Sie lächelte ein kaltes Lächeln und küsste ihn zart. Er hatte keine Zeit zur Reaktion und spürte die kälte die durch seinen Körper ströhmte. Er konnte nicht einmal erwiedern, sein Körper löste sich von ihm und er wurde zu dem Nebel der ihn eben noch umgeben hatte. Sein Körper lag Tod am Boden, die Frau die sie eben noch war, wurde zu einem grässlichen Geschöpf und machte sich über den toten Körper her, bis dieser nicht mehr da war.
Das kleine Boot fuhr ohne Besatzung weiter durch den Nebel.

Texte aus meiner FederWo Geschichten leben. Entdecke jetzt