Gefühlschaos

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Kapitel 7

Gefühlschaos

Neri eilte durch die vielen Gänge des Palastes. Sie hatte Echwen gesucht, allerdings war ihr dabei die Nachricht zu Ohren gekommen, dass die Krieger, die Oropher vor ein paar Tagen persönlich ausgesandt hatte, zurückgekehrt waren. Ihr Herz schlug schneller, als sie an ihren Bruder dachte, aber das war nicht der wirkliche Grund für ihre Aufregung. Denn bei den Kriegern war ebenfalls Taurion, ein junger Tawarwaith dabei, der erst vor kurzem in den höheren Rang eines Kriegers aufgestiegen war. 

Der fast immer grinsende Elb ließ sich gerne mal zu einem Streich hinreißen und Neri liebte sein Lächeln. Im Frühling hatte die blonde Elbin den Krieger zum ersten Mal gesehen. Damals war sie vor seinem Pferd gestolpert und wäre beinahe von den Hufen des Tieres zerquetscht worden, hätte Taurion nicht noch schnell genug reagiert und das Pferd gestoppt. Dabei war der Tawarwaith allerdings selber von dem Hengst gefallen, etwas, dass bei Elben sehr selten vorkam. Sie hatte sich immer wieder entschuldigt und den Elb dabei beobachtet, wie zuerst seine Ohrspitzen und dann auch seine Wangen immer dunkler wurden und er sich schließlich abwandte und verschwand. Noch Tage später hatte Neri ein schlechtes Gewissen, und schließlich beschloss sie, mit dem Waldelb zu reden. Sie fand ihn nach langem suchen schließlich im Wald, wo er auf einem Baum saß, auf seiner Hand ein kleiner Vogel, der vergnügt zwitscherte. Der Name des ellons, der so viel wie, „Sohn des Waldes“, bedeutete, war wirklich gerechtfertigt, wie Neri fand, denn obwohl es im Blut der Tawarwaith und Sindar lag, sich mit der Natur verbunden zu fühlen, war diese Eigenschaft bei dem Waldelb besonders stark ausgeprägt. Und das liebte Neri so sehr an ihm. 

Sie hatten angefangen sich zu unterhalten und lernten sich immer näher kennen und irgendwann, hatte sich die blonde Elbin halsüberkopf in Taurion verliebt und dieser erwiderte dieses Gefühl aus ganzem Herzen, da war sich die blonde Elbin sicher. 

Als sie den Vorhof des Palastes erreicht hatte, sah sich sich suchend um. Die Eledhrim, die sich auf dem Platz versammelt hatten, redeten alle durcheinander und begrüßten die zurückgekommenen. Neri musste sich zwischen ihnen hindurch schlängeln und sah sich schließlich dem großen, braunen Hengst gegenüber, mit welchem sie Taurion zum ersten Mal gesehen hatte.

Der Elb mit dem hellen, braunen Haar stand keine zwei Meter weiter und leise schlich sich die junge Elbin von hinten an ihn heran. Dann legte sie ihm die Hände über die Augen und er drehte sich herum. „Neri! Alae, mell nîn“, rief er lachend, hob sie hoch und drehte sich einmal im Kreis. 

„Ich hab dich vermisst!“, antwortete die elleth und er beugte sich mit einem frechen Grinsen zu ihr herunter. Dann legten sich seine Lippen auf ihre und die Elbin schlang ihre Arme um die Taille des ellons. Sie genoss das kribbeln in ihrem Bauch und den Geruch nach Farn, Moos und Pferd. 

Dann  löste sich der Waldelb von ihr und flüsterte: „Ni milon echi, mel melethril elen.“ 

Das Herz der blonden begann noch schneller zu schlagen, als es sowieso schon tat und sie stellte sich auf die Zehenspitzen und murmelte: Gwestin im na cen uireb.“ 

Dann umarmte sie ihn noch einmal, trat einen Schritt zurück und betrachtete ihn kritisch von oben bis unten. „Ma mathan?“

„Im maer. Ich muss jetzt mein Pferd versorgen aber später habe ich wieder Zeit für dich. Wie wäre es in zwei Stunden unten, bei den Teichen?“

Neri nickte und gab ihrem Geliebten noch einen kurzen Kuss, bevor sie sich umwandte um wieder zu Echwen zu gehen, wie sie es ursprünglich geplant hatte.

Sie hastete die Gänge zu dem Gemach ihrer neugewonnen Freundin, öffnete fröhlich beschwingt die Tür und rief: „Echwen! Gute Neuigkeiten!“

Dann öffnete sie die zweite Tür, die zu der Schlafkammer der dunkelhaarigen Elbin führte und blieb wie erstarrt stehen. Die hübsche Mitirél Elbin lag auf dem Boden und rührte sich nicht. Neri fiel neben ihr auf die Knie und schüttelte sie an der Schulter. Ihr lief ein Schauer über den Rücken und sie begann zu zittern. „Echwen!“, rief sie entsetzt. „Wach auf, Echwen! Wach auf! Was ist passiert? Echwen!“ Besorgt beobachtete sie, wie ihre Freundin sich langsam regte, ihre Augen unter den Liedern zuckten und sie diese dann langsam nach oben schlug. Verwirrt sah sich die dunkelhaarige um, bis sich ihr Blick klärte und sie Neri direkt anstarrte. 

Das Geheimnis um LuinardhWo Geschichten leben. Entdecke jetzt