"Was ich sagen will ist, dass du nicht das Gefühl haben musst, alles allein zu tun, wenn wir alle da sind, um dir zu helfen. Hab nicht das Gefühl, dass es nur deine eigene Pflicht ist, denn das stimmt nicht. Und wenn du es trotzdem denkst, dann verdränge es nicht und sprich mit uns darüber. Es muss ja nicht gleich die ganze Gruppe sein. Sagen wir Len, Aria, Grace und Ich. Das würde doch schon reichen, oder?"

Ich nickte immer noch ein wenig niedergeschlagen, sodass mich Ruby einfach in ihre Arme zog und mich fest an sich drückte.

"Du machst vielleicht Sachen, Sarina.", murmelte sie an meinem Ohr und ich musste einmal hart schlucken, da ich spürte, wie meine Kehle plötzlich eng wurde.

„Tut mir leid", schniefte ich.

„Du musst dich doch nicht entschuldigen", lachte Ruby leise und strich mir aufmunternd über den Rücken.

„Hey, ist alles in Ordnung?" Len war zurückgekommen und betrachtet uns sorgenvoll. Doch ich löste mich nur aus der Umarmung, nickte und kam wackelig auf die Beine.

„Ja. Mir geht es besser."

Meine beste Freundin warf mir einen Blick zu und deutete in die Richtung der anderen.

„Ich gehe schon einmal vor und fange mit den anderen an zu suchen. Kommt einfach nach."

„Danke, Ruby.", nickte Len und wartete, bis sie so weit weg war, dass sie uns nicht mehr hören konnte. Dann wandte er sich zu mir um.

„Len, was zur Hölle war das?"

Mein Freund griff nach meinen Händen und zog mit seinen Daumen beruhigende Kreise über meine Haut.

„Du musst dir keine allzu großen Gedanken machen. Das ist vollkommen  normal. Dieser erneute Schwung an Macht kam bei mir auch vollkommen unerwartet. Es hat mich damals genauso überrumpelt, da ich dachte, ich hätte bereits mein ganzes Potenzial ausgeschöpft. Doch das habe ich bis heute nicht." Er lächelte. "Ich weiß deshalb ebenso wenig wie du, wann ich es erreicht haben werde. Du brauchst dich also nicht zu sorgen, dass das nun ähnlich wird wie bei deinem ersten Schub, wo du plötzlich entdeckt hast, dass du in der Lage bist, in die Köpfe von anderen Menschen einzutauchen."

„Ich erinnere mich.", sagte ich. „Du meintest, dass du mit mehr Übung in der Lage sein könntest, Personen durch bloßen Blickkontakt in Hypnose zu versetzen."

Der Alpha nickte bestätigend.

„Ich bin noch weit davon entfernt. Was du heute geleistet hast, war eigentlich fast unmöglich. Du hast uns alle durch bloße Gedankenkraft in eine Starre versetzt."

Ich schüttelte den Kopf.

Ich wollte nicht daran erinnert werden. An diesen Moment. An den Moment des Kontrollverlusts.

„Hör auf. Es ist gruselig, darüber nachzudenken."

„Sarina, sieh mich an." Len legte eine Hand an meine Wange und zwang mich so, ihm direkt in die Augen zu sehen. „In dir steckt noch so viel mehr, als du dir vorstellen kannst. Im Moment bist du verwirrt und ängstlich und ich verstehe das. Ich wurde mein ganzes Leben auf das Alpha-Dasein vorbereitet, während du bis vor einem halben Jahr noch nicht einmal von der Existenz der magischen Welt wusstest."

„Vielen Dank, Mum und Dad.", murmelte ich düster.

„Gib ihnen nicht die Schuld.", sagte mein Artgenosse sanft. „Sie haben nur das getan, was sie für das Richtige hielten." Dann fügte er noch hinzu: „Auch wenn es in diesem Fall nicht zu hundert Prozent das Richtige war."

„Na danke, Len."

„Das spielt aber jetzt keine Rolle.", beeilte er sich, seinen roten Faden wieder aufzunehmen. "Fakt ist, dass du dir mehr zutrauen kannst, als du denkst. Deine Macht ist stark. Kannst du dich an den Tag erinnern, an dem Tyler dich zu Hause besucht hat, um dir von der Akademie zu erzählen?"

Mein neues IchWhere stories live. Discover now