Kapitel 20

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"Ich hab keine Lust mehr", stöhnte Kayla. "Ich will einfach nur nach oben." Ich stimmte ihr zu, denn auch mir ging das langsam auf die Nerven, dass man immer so lange warten musste. Im Eingangsbereich führte eine Treppe hinauf in den Bereich der Schule. Es gab also keine andere Möglichkeit zu seinen Räumen zu kommen, als auf der Treppe unter der aufgespannten Frischhaltefolie herzukriechen. Kayla und ich schauten uns für einen Moment an und ohne ein Wort zueinander sagen zu müssen, war klar, dass wir einfach losgingen ohne die Erlaubnis der Q2er.

An beiden Enden der Treppe hatten sich einige Abiturienten versammelt. Zunächst konnte ich keinen Benjamin ausmachen, doch als ich vor dem Treppenanfang stand und nach oben schaute, sah ich, dass er direkt dort oben auf mich wartete. Er saß auf einem Stuhl und hatte seine Sonnenbrille aufgezogen, was ihn in Kombination mit seinem Gesichtsausdruck wie einen Macho aussehen ließ. Mit seinem Auftreten jagte er mir regelrecht ein wenig Angst ein, weswegen ich es schon fast wieder ein bisschen bereute, so schnell reingekommen zu sein und dann auch noch einen auf Badgirl zu machen und einfach hochzuklettern.

Während ich mich also zwischen Treppenstufen und Frischhaltefolie hindurch zwang, spürte ich die ganze Zeit seinen Blick auf mir. Auf Hälfte der Strecke hörte ich wie jemand "Hey, ihr hättet noch nicht hoch gedurft!" rief, doch er konnte eh nichts mehr machen, weswegen er die Situation einfach ignorierte. Ich bemühte mich möglichst weit weg von Benjamin zu kommen, sodass ich beim Aufstehen auf keinen Fall in seine Nähe kam. Der Plan ging auf und so konnte ich schnurstracks weitergehen, ohne ihn überhaupt anzugucken.

Mein manipulatives Gehirn war ein bisschen enttäuscht von der Tatsache, dass er rein gar nichts zu mir gesagt hatte, dennoch wusste ich nicht mit Sicherheit, dass er sich noch erinnerte. Immer wieder ging ich im Kopf dieses Szenario durch, dass ich mit ihm redete und er mich fragte, wer ich war. Allein bei dem Gedanken schüttelte ich mich.

Dummerweise musste ich noch auf ein paar Freunde warten, die nicht einfach so wie Kayla und ich hervorgeprescht waren, weshalb ich ein paar Meter hinter Benjamin dann doch noch stehen blieb. Ich redete extra laut mit ihr in der Hoffnung, er würde meine Stimme erkennen und sich umdrehen. Da er das jedoch nicht tat, fühlte ich mich einfach nur sau blöd.

Kurze Zeit später machte ich mich mit meinen Freunden auf den Weg in die Mensa. Von dort ging mein Schulalltag wieder normal weiter. Ich machte meine Eva Aufgaben und begab mich danach in eine Stunde Erdkunde. Bis dahin verlief der Tag weitestgehend unspektakulär. Auch meine letzte Stunde, Französisch, wurde spontan abgesagt, sobald ich in den Raum kam. "Es hat ja eh keinen Zweck, wenn ihr gleich sowieso alle wieder rausgeht", meinte sie und gab den Unterricht für heute auf. Was sie meinte, war die alljährliche Abschlussfeier der Abiturienten auf dem Schulhof. Mitte der letzten Stunde am Freitag wurden alle Schülerinnen und Schüler aus ihren Klassen gerufen und versammelten sich unten auf dem Schulhof, dort wo auch die Tischtennisplatte ihren Platz hatte. Genau auf dieser Tischtennisplatte traf sich eine Gruppe Abiturienten, die sich von nun an um die Unterhaltung hunderter kleiner Kinder kümmerte. Traditionell wurden Spiele unter den Lehrern gespielt oder kleine Flashmobs getanzt.

Also machte ich mich schon das zweite Mal an diesem Tag mit Marie auf den Weg in die Mensa. Karla und ein paar anderen hatte ich sofort geschrieben, damit sie da bleiben konnten und nicht auch noch das Gebäude wechseln mussten. Kaum kamen wir in die Mensa, entdeckte ich sie alle an einer langen Tischreihe sitzen. An einer anderen Tischreihe saßen sämtliche 113 Abiturientinnen und Abiturienten.

yearning for loveDär berättelser lever. Upptäck nu