Chapter 3 - You can look but better not touch

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Diese Peinlichkeit. Seit wann mussten sich Einheimische von Touristen den Weg erklären lassen, und dann noch in schlechtem Schulenglisch? Das glaubte mir doch kein Mensch, dass ich nicht erst seit gestern in Kanada unterwegs war.

„Oh, I could never let you down..." - what kind of *** is this? 

Dieses Gesäusel konnte er doch unmöglich ernst meinen. Wie ich dieses Kompliment einordnen sollte, war mir ein Rätsel. Normalerweise fielen solche Worte in kitschigen Liebesfilmen, aber das hier... Hielt er für ausbaufähig, indem er noch einen draufsetzte, nachdem er mich tatsächlich abgesetzt hatte. Direkt vor derTür.

„... do you really want to stay alone after this?"

Wollte ich das wirklich? Womöglich mit Kakerlaken im Zimmer, als einziger Gesellschaft, während ich doch keinen Schlaf fand und mich in meinem stickigen Zimmer hin und her wälzte? Am besten verdrängte ich ganz schnell wieder dieses Bild – wir waren hier doch nicht in „The Beach" mit Leonardo di Caprio, und rein optisch zog Leo gegen Mitchell ohnehin den Kürzeren. Hier zurückgelassen zu werden, erschien mir mit jeder Sekunde immer unattraktiver. Aber wohin sollte die Reise mitten in der Nacht statt dessen gehen? Zu Starbucks? - Hat nicht mehr auf. Stell Dich nicht blöder, als Du bist – es war doch offensichtlich, worauf seine Frage abzielte: Zu Dir oder zu mir.

Zu Dir? Schon wieder durch die Stadt laufen? Auch wenn es mir gar nicht so unangenehm gewesen war, mich von ihm tragen zu lassen, wollte ich mich eigentlich nur noch Schlafen legen. Statt dessen doch zu mir? Blöd nur, dass ich noch nie gut darin gewesen bin, jemanden in mein Zimmer zu schmuggeln. Bei meinem Glück wurden wir womöglich noch auf frischer Tat ertappt und durften den Rest der Nacht aneinandergekuschelt auf einer Parkbank verbringen, und das musste nun wirklich nicht sein.

Von wegen „die Nacht ist lau und voller Romantik": Es war schweinekalt, Romantik sowieso überbewertet, und ich bekam hier so langsam kalte Füße, und das nicht nur wörtlich. Kalte Füße statt Romantik im Park. Oder wurde mir der Boden etwa zu heiß? Mir ging das hier eindeutig zu schnell, obwohl ich hätte wissen müssen, was auf mich zukommen würde, bei diesem... Was hatten sie dort im Club erzählt? Es waren nur einzelne Satzfetzen, aber die hätten mir Warnung genug sein sollen...

Dass er hinter allem her war, was einen Rock trägt? Warum sollte mich das etwas angehen? Ich entsprach doch schon rein optisch nicht diesem Bild, da konnte mir dieses Geläster genauso Wurst sein wie der blöde Witz, dass manche Pausen manchmal länger dauern. Klar, wenn's mal wieder länger dauert, schnappe ich mir ein Snickers, aber verschwinde nicht mit der wievielten Lady auch immer nach oben. Was Ihr den lieben langen Tag so beobachtet, wenn Euch langweilig ist oder der DJ blöd. Wenn aber die dummen Sprüche von Bandkollegen oder Crewmitgliedern kommen, von denen jemand alles ganz genau gesehen haben will und über alles Bescheid weiß, weil ohnehin allen klar ist, was für einen Ruf in Bezug auf seinen Frauenverschleiß Euer Frontmann hat.

Bla bla bla – die Liste ist ellenlang. Irgendwie ist das nicht so clever; weder von den Lästermäulern zwischen Tür und Theke noch von Dir, Mike Mitchell – hey, Dir würden die Ohren klingeln, wenn Du wüsstest, was Deine Kollegen so über Dich erzählen.

Da war es gar nicht so ungeschickt gewesen, dass ich an diesem Abend keinen Rock, sondern Jeans und T-Shirt trug, denn sonst wäre ich womöglich mit ihm auf der Terrasse gelandet, an Stelle der Dame, für die seine angebliche Zigarettenpause als Vorwand diente. Oder was man sich so einbildet, wenn man ein Bierchen zu viel hatte.

„I won't let you down" - was einst ein unverfänglicher Songtitel war, den ich bei 80s-Specials im Radio unbedarft und naiv mitgesungen hatte, bekam eine Bedeutung, von der ich nicht wusste, ob sie mir gefiel.

Broken StringsWhere stories live. Discover now