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Finn parkte das Auto in der Einfahrt. Die drei Geschwister betraten die Wohnung. Es roch wunderbar nach Kartoffelbrei und Falafeln. "Schaaaatz! Die Kinder sind da, wir essen!" , schrie ihre Mutter Ann durch das Treppenhaus, um ihren Vater von seinem Computer zu trennen.

Manon musste lächeln. Alles war wie immer. Gut. "Ihr seid spät dran" , begrüßte ihr Vater die drei.

"Es tut mir leid, Frau Wagner hat mich aufgehalten." , entschuldigte Manon sich. "Gar kein Problem,Schatz." , brachte sich ihre Mutter ein, "Ich war eh noch nicht fertig mit Kochen. Was wollte Frau Wagner denn? Hast du etwa gequatscht im Unterricht?" Ann verstand es einfach nicht, dachte Manon. Mit wem sollte sie denn quatschen? Sie hatte und wollte auch keine Freunde in der Schule haben. Doch sie verzichtete darauf ihrer Mutter das zu erklären. "Nein, Mama, ich habe nicht gequatscht. Frau Wagner hat nur kontrolliert wie ich in der neuen Schule zurecht komme." , antwortete sie stattdessen.
"Ach so.", winkte Ann fast schon enttäuscht ab, "Das ist aber nett von Frau Wagner, nicht?"
"Ja, Frau Wagner ist eine nette Lehrerin." ,bestätigte Manon ihrer lächelnden Mutter. Ann suchte immer nach den positiven Dingen im Leben. Aus jeder Aussage und jeder Begebenheit schaffte sie es mindestens ein Fünkchen an Gutem raus zu fieseln. Ann war der optimistischste Mensch, den Manon kannte.

Die Familie aß gemeinsam, während Alin begeistert von seiner Mathe Probe berichtete und auch Finn gezwungen wurde etwas von seinem Tag zu erzählen. Ann bohrte so lange nach, bis sie etwas positives fand.
"Wer spült denn heute ab?", fragte ihr Vater , als alle fertig waren.
"Ich kann das machen.", meldete Manon sich. Sie mochte Abspülen sogar recht gerne. Es war eine befriedigende Arbeit. Davor war vollkommenes Chaos in der kleinen Küche, aber danach blitzte alles wieder. Außerdem wusste sie, dass dies fast der einzige Weg war Alin dazu zu bewegen auch ab zu spülen.
"Ich helfe Manon!", krähte der auch schon. Manon musste lächeln. Alin war ein vollkommenes Schwester-Kind. Er hing an Manon , als wäre sie und nicht Ann seine Mutter. Jedenfalls erschien es Manon manchmal so. Auch, wenn das nur eine Einbildung sein konnte.
Da die Beiden immer zusammen abspülten waren sie ein eingespieltes Team. Alin trocknete ab, weil er da nicht so viel Chaos anrichten konnte, wie an der Spüle. Nicht dass Alin besonders grob war. Er war einfach erst sieben.

"Was hast du eigentlich heute in der Schule gemacht , Manon?", fragte Al sie, als sich der Rest der Familie schon verzogen hatte. "Ich habe mich weiter mit Modulorechnen beschäftigt und sonst war eigentlich alles ganz normal." , antwortete sie wahrheitsgemäß. Ihre Famlie wusste, dass sie sich mit weiterführender Mathematik beschäftigte, doch nur ihre Brüder wussten, dass sie das auch im normalen Unterricht tat. Ihre Eltern hatte sie damit vorsichtshalber nicht behelligt.

"Hast du was neues rausgefunden?" , fragte Al weiter. "Nicht wirklich. Ich habe einen Ansatz, bin allerdings noch nicht auf die richtige Zahl gekommen, da hat es schon gegongt. Warum willst du das denn wissen, Al?"

"Du bist meine Schwester!" , erwiderte er fast vorwurfsvoll, " Ich möchte doch wissen, wie es dir geht. Und weil du in den Zahlen lebst möchte ich was über deine Zahlen wissen. Ist doch klar!" . "Na, wenn das klar ist, dann ist ja gut, dass ich das jetzt auch weiß. Welche Zahl schlägst du denn vor?" , fragte Manon halb belustigt, halb berührt von den Gedanken ihres Bruders. Lebte sie wirklich in den Zahlen? War das so offensichtlich?

"Ich bin für 44. Das ist meine Lieblingszahl. Was ist denn deine?" , schlug Al vor. " Meine Lieblingszahl ist die 2 und die 21 finde ich auch gut,aber die braucht man nicht so oft. 44 ist auch schön, Al! Nur brauche ich leider eine eher kleinere. Wahrscheinlich ist die Zahl sogar kleiner als 10. Tut mir leid." , erklärte Manon ihm.

"Das ist gar nicht schlimm. Dann eben vier. Vier ist auch schön. Aber zwei nicht. Die Zahl ist doch komisch!" , stellte Alin fest. Manon fand ihn in diesem Moment unglaubich niedlich. Im nächsten Moment dachte sie über die vier nach , während sie das Spülwasser abließ. Vier... ja! Modulo 4 könnte funktionieren!

"Vier! Al, du bist ein Schatz!" , Manon gab dem etwas verdutzten Alin einen Kuss auf den Scheitel und rannte in ihr Zimmer. "Danke,Al!", rief sie noch im gehen, "Ich muss das schnell ausprobieren."

Allein in ihrem kleinen Zimmer setzte sie sich an ihren Schreibtisch und versuchte das Chaos an Blättern aus ihrem Rucksack zu sortieren, das entstanden war, als sie vor Frau Wagner geflohen war. Sie hasste Chaos. Vor allem in ihren Notizen. So konnte sie einfach nicht arbeiten. Sie brauchte jetzt die Seite auf der sie unterbrochen worden war. Doch sie suchte vergeblich nach ihr. Die Seite war einfach verschwunden. So ein Mist! Das konnte doch nicht wahr sein, sie brauchte diese Seite!

Nachdem die Seite auch acht Minuten später noch nicht aufgetaucht war gab Manon die Suche auf. Sie musste heruntergefallen oder in das Gitter unter der Bank gerutscht sein. Zum Glück hatte sie am nächsten Tag gleich wieder Mathe, wenn auch erst in der letzten Stunde. Sie würde ihr Blatt hoffentlich wieder finden. Für den Moment nahm sie sich ein neues Blatt und begann mit Modulo vier nach der Lösung zu suchen. Sie brauchte ungefähr eine halbe Stunde bis sie sich sicher war, dass ihre Lösung mit Modulo vier stimmen müsste, doch ein Teil der Rechnung fehlte noch. Diesen Teil würde sie am nächsten Tag in Mathe fertigstellen. Zusammen mit ihrem Ansatz auf dem Blatt im Klassenraum.

Den Rest des Nachmittags verbrachte Manon mit ihren Hausaufgaben. Sie wurde gerade so bis zum Abendessen fertig. Danach las sie Alin noch seine Gute-Nacht-Geschichte vor, wie jeden Abend. An diesem Abend schlief er schon nach einer halben Stunde ein und wachte nicht einmal auf, als Manon leise den ersten Band Harry Potter, aus dem sie vorgelesen hatte, auf den Nachttisch legte, das Licht löschte und das Zimmer verließ, die Tür wie immer leicht angelehnt.

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