«Red' deutlicher, verdammt.»

     Beherrscht atme ich energisch aus. «Wir. Zum. Strand! Okay?»

     Ein durchdringendes Quietschen ertönt und zerschneidet die angenehme Ruhe der Nacht. Ajax' Rad kommt abrupt zum Stehen und auch ich verlangsame meine Fahrt. Wobei ich jetzt gar keine Lust mehr habe, Ajax meinen Vorschlag zu unterbreiten.

     «Bist du taub oder was?», erkundige ich mich angepisst, als ich meinen besten Freund eingeholt habe.

     «Wie bitte?»

     «Ich bin gerade so kurz davor, dir eine reinzuhauen.»

     Das breite Grinsen in Ajax' Gesicht scheint mich nur weiter provozieren zu wollen. «Da brichst du dir ja eher was, als dass ich Schaden nehmen werde.»

     «Unterschätze meine Fähigkeiten nicht», schnaube ich bloß. «Fahren wir jetzt zum Strand, ja oder nein?»

     «'Türlich», erwidert Ajax schmunzelnd. «Es ist nur immer ziemlich lustig, wie schnell du durchdrehst, wenn du das Gefühl hast, dass man dich nicht versteht.»

     «Wie unglaublich lustig du doch bist», meine ich mit ausdrucksloser Miene und drehe mich zu Lovis und Mathea um, die hinter uns zum Stehen kommen. «Ich hätte es mir denken können.»

     «Was ist los?», erkundigt sich mein Bruder interessiert, wobei er die Unterarme auf dem Lenker seines neongrünen Fahrrads aufstützt und aus funkelnden Augen zu uns blickt.

     «Ajax hielt sich mal wieder für ganz lustig» antworte ich knapp. «Können wir jetzt weiter?»

     «Nach dir, Schwesterherz», grinst Lovis, was mir einen missbilligenden Laut entlockt.

     Ohne einen weiteren Kommentar fahre ich los, das Lachen der Jungs ignorierend.

***

     Das alte Metall gibt nicht sehr vertrauensvolle Laute von sich, dennoch sind Mathea und Ajax der Meinung, sie könnten sich neue Zirkustricks ausdenken und auf den heruntergekommenen Schaukeln herumturnen.

     Unsere Schuhe und Fahrräder liegen verlorenen einige Meter abseits im Sand, welcher sich unter meinen nackten Füßen noch erstaunlich warm anfühlt. Die Sonne hat über den Tag wirkliche Arbeit geleistet und den Boden für uns vorgeheizt.

     Meine Blicke folgen Mathea, welche sich an einem Salto beim Abspringen versucht. Obwohl sie offensichtlich nicht wirklich begabt ist, liegt auf ihren Lippen ein ehrliches Lächeln und ihre Augen scheinen durch die Dunkelheit zu strahlen, die nur von der Taschenlampenfunktion an unseren Handys durchbrochen wird.

     «Du brichst dir noch was», lacht Lovis.

     Er hat sich auf einer alten Bank niedergelassen, an der schon einzelne Balken fehlen. Sie passt zu dem Gesamtbild des Spielplatzes, der kaum noch von Menschen aufgesucht wird, da das Meer hier nicht ganz so gut zum Schwimmen geeignet ist, wie es die meisten gerne hätten.

     Lovis und ich haben den Ort vor einigen Jahren gefunden und ihn zu unserem geheimen Treffpunkt ernannt. So geheim, wie er uns damals vorkam, ist er nicht wirklich. Aber in seltenen Fällen trifft man hier auf andere Menschen und wenn, dann nur auf Gleichaltrige, die gleichermaßen nach einem Ort suchen, zu dem sie flüchten können.

     «Wann startet eigentlich unsere Reise?», erkundige ich mich und fahre mit den Händen durch den feinkörnigen Sand.

     «So bald wir möglich», antwortet Ajax und kommt schweratmend auf mich zu, während Mathea weiterhin auf der Schaukel herumturnt.

WAS UNS HIGH MACHT | ✓Where stories live. Discover now